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Alt 29.05.2017, 01:00
Catalie Catalie ist offline
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Standard AW: Meine Mama stirbt...

Ich danke Euch alle für Eure Antworten und auch für die sehr nette PN!

Durch die Vielfältigkeit Eurer Antworten und Ratschläge ist mir einmal mehr bewusst geworden, wie verschieden die Menschen doch sind und wie verschieden die Situationen, in denen sie sich befinden - auch, wenn das Thema "Sterben" das Selbe ist...

Ihr alle habt mir dabei geholfen, meine persönliche Entscheidung zu treffen. Und damit auch, mir meiner persönlichen Situation/Position klar zu werden. Als das passierte, ging es mir schlagartig besser und ich bekam meine innere Ruhe wieder.

Mir wurde klar, dass ich nicht das Gefühl habe, beim Sterben meiner Mutter dabei sein zu müssen. WAS mir sehr, sehr wichtig wäre ist, dass ich da bin, wenn sie Panik bekommt und nach mir ruft.

Ich glaube weiterhin, dass die meisten Menschen kurz vor dem Tod schon so sehr "wo anders" sind, dass das hier und unsere Welt an Bedeutung verliert. Man liest immer wieder davon, dass Menschen sterben, wenn sie gerade mal "kurz alleine gelassen wurden". Oft wird das gedeutet mit "er/sie wollte uns das nicht antun"... ich glaube aber eher daran, dass das Sterben eine sehr persönliche Sache ist und es viele einfach lieber in Ruhe und ohne Zuschauer tun.

Ich vermute auch, meine Mutter wird ihr Sterben bis zum Schluss verdrängen und verleumden - das entspricht ihrem Umgang mit Dingen, denen sie nicht ins Auge sehen will. Ich hoffe, dass Ihre "Überlebensstrategie" ihr diesmal hilft, keine bewusste Angst zu erleben.

Auch habe ich das Gefühl, es kommt bei meiner Mutter nicht auf MEINE Anwesenheit an, sondern nur darauf, dass jemand Freundliches, Zugewandtes bei ihr ist. Das war auch das, was meine Schwester sagte, als sie Mama das erste Mal nach zwei Wochen wieder sah - das erste Mal in ihrem jetzigen Zustand. Da meine Mutter in einem teuren und wirklich guten Heim ist (die Palliativstation dort hat 12 Betten), in dem die freundlichen Pfleger tatsächlich noch Zeit für persönliche Gespräche haben, ist sie dort in dieser Hinsicht gut versorgt. 2-3 mal die Woche kommt die Palliativärztin, die sich wirklich sehr viel Zeit nimmt.

Ich habe auch keine Verlustangst. Meine Trauer ist riesengroß und die Erinnerungen schneiden wie Schwerter. Aber ich kann meine Mama gut gehen lassen. Es scheint ihre Zeit zu sein - so wie jeder seine hier auf Erden hat -, wir hatten immerhin 44 Jahre zusammen und sie ist zwar noch nicht wirklich alt, aber auch nicht mehr jung.

Ganz praktisch gesehen wäre meine Zeit bei Mama über das lange Wochenende aufgrund der Kita-Schließung auch nur sehr begrenzt gewesen...

Soviel zu meinen Gedanken.

Dazu kam dann noch, dass die Ärztin meinte, wenn sie von einem klassischen Verlauf ausgeht, wird sich in den fünf Tagen nichts tun. Sie gibt meiner Mutter zwar keine Monate mehr, sieht ihr Ende aber auch noch nicht so nahe wie ich.
Dann konnte meine Schwester doch noch zwei Tage bleiben, so dass meine Mutter jetzt nur zwei Tage hat, an denen keine von uns kommt. Außerdem ging es meiner Mutter die beiden Tage vor meiner Abfahrt auch wieder etwas besser.

Und so bin ich dann vor drei Tagen gefahren und erlebe nun sehr wertvolle, erholsame und geruhsame Tage an der Ostsee. Der Ärztin und der Stationsschwester nahm ich das Versprechen ab, mich sofort zu benachrichtigen, wenn meine Mutter verwirrt oder unruhig wird oder nach mir fragt. Gestern und heute war meine Schwester bei ihr. Am Donnerstag war ich noch einmal mit den Kindern dort, um mich vor der Reise zu verabschieden. (Vermutlich werde ich die Kinder nicht mehr mitnehmen. Für eine Interaktion ist meine Mutter zu schwach und der Große hat sich auch ziemlich erschrocken). Und am Dienstag gleich nach unserer Ankunft gehe ich sie besuchen.

Als wir gingen, lächelte sie mich an (das hatte sie die Tage davor nicht mehr) und wünschte uns viel Spaß. Das war so ein schönes Bild, eine so schöne Erinnerung, dass ich mir fast wünsche, es wäre die letzte. Zu groß ist meine Angst vor der kommenden Zeit.

Das wird noch ein schwerer Weg und vermutlich doch länger, als ich im ersten Schrecken annahm. Ich bin froh über diese Tage hier und konnte meine Batterien doch sehr gut aufladen. Durch den räumlichen Abstand dreht sich mein Gedankenkarussell auch wesentlich weniger als zuhause.

Ab Übermorgen stelle ich mich dann wieder - trotz großer Angst - der schwierigen Aufgabe, meine Mutter zu begleiten..

Geändert von Catalie (29.05.2017 um 01:15 Uhr)
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