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Alt 26.08.2008, 19:11
Ute30 Ute30 ist offline
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Standard AW: Wochenbericht: Nachwehen der Reha

Liebe Ulla,

ich kann Dich so gut verstehen.
Jetzt gerade, heute, geht es mir relativ neutral.
Wenn ich mich das hier schreiben sehe, komme ich mir schon abnorm vor.
Ich hatte ein heftiges Tief zu Beginn meines Malle-Urlaubs und ich war tieftraurig, wollte mal wieder aufgeben, wollte gar nichts mehr und war mich selber leid. Dazu kam eine gewisse Aggressivität hinsichtlich der Oben-Ohne-Frauen mit ihren intakten Brüsten.
Letztendlich war ich aber auch deswegen betrübt, weil ich mal wieder meinen Erwartungen nicht genügte.
Ich bin nicht fröhlich und gutgelaunt in den Urlaub gefahren, ich habe nicht "drübergestanden" und konnte nicht gut damit umgehen, diese Narben zu haben. Ich habe es in keinster Weise geschafft Stolz zu fühlen, dass ich soviel geleistet habe.
Mich da so wenig kontrollieren zu können hat mich wieder mal umgehauen.

Ich merke bei mir, und da war mir Deine Sorge und Angst vor einem Weinen auf der Arbeit ein deutliches Beispiel, dass mir Kontrolle, Planung etwas sehr wichtiges ist.
Meine ich diese Kontrolle nicht mehr zu haben oder fürchte ich, dass ein Kontrollverlust eintreten könnte, wirft mich das voll aus der Bahn.

Mit der Krebserkrankung bin ich auch ein anderer Mensch geworden. Eigentlich schon vorher, mit anderen traumatischen Ereignissen in meinem Leben.
Je mehr solche Ereignisse mich durcheinandergerissen haben, desto mehr habe ich wohl versucht es durch Kontrolle zu kompensieren.
Doch ich bin, mit jedem dieser Ereignisse ein anderer Mensch geworden und ich glaube, dass ich dabei meinen Blick auf die Veränderungen nicht immer so negativ sehen darf, sondern mich mit den Erfahrungen reicher fühlen sollte.
Und vielleicht auch dankbarer?

In diesem Moment bin ich Dir dankbar Ulla, dass Du Dich hier mitteilst und mir so zu einer Erkenntnis verhilfst, die mir ein wenig Ruhe und Gelassenheit und Mut und etwas Zuversicht gibt.
Dass ich lernen darf, mich entwickeln darf.

Ich habe auch gerade Tränen in den Augen, wegen meiner Sicht, die ich gerade haben darf. Ich, der Kontrollfreak!

Ulla mit Deinen Tränen und Deiner Trauer, um was auch immer, bist Du Du! Du verlierst nichts oder gibst etwas ab, weil Du Deine Gefühle nicht unter Kontrolle zu haben scheinst.
Was das Heulen, besser Weinen auf der Arbeit angeht: Ich habe es erlebt. Eine ganz spitzzüngige alte Dame hat mich dermaßen getrietzt, dass ich vor ihr auf dem Boden kniend, ihr die Strümpfe anziehend, geheult habe wie ein Schlosshund. Möglichst leise versteht sich!
Also Ulla! Ich habe es überlebt. Es geht! Ich hatte diese knorrige Dame bis zum Schluss meiner Eingliederung und ich bin mit und an ihr gewachsen.

Wenn es Dir hilft Ulla, dann rede Dir ein, dass die fehlenden Hormone das auslösen.
Oder gestatte es Dir einfach und respektiere Dich mit Deinen Verhaltensweisen.
Du bist Du.
Eine wirklich ganz liebenswerte Frau. Ich freue mich, dass ich Dich kennenlernen durfte, und dass es Dich gibt.

So, wie Du bist.

Ich wünsche Dir was, such es Dir aus...........

Liebe Grüße
Ute
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