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Alt 06.03.2007, 17:04
*gerhard* *gerhard* ist offline
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Hallo Urs,

ich verstehe nicht recht, warum du beklagst, dass wir Menschen (in unseren körperlichen und seelischen Reaktionen) so unterschiedlich sind. Was hast Du gemeint und empfunden, als Du diesen Satz geschrieben hast?

Wäre es denn Deiner Meinung nach besser, wenn wir alle gleich wären? - Gleich denken, handeln, fühlen? - Was wäre das für eine Welt, wenn jeder, so vorhersehbar wie ein Roboter, stets gleich reagieren würde? - Ist nicht die große Vielfalt, auf der molekularen Ebene das stete Neukombinieren und Varieren der Gene, eine ganz grundlegendes Prinzip der Evolution? Auf dass z.B. eine Seuche zwar viele, aber doch nicht alle Individuen einer Population dahinraffen kann. - Und was für ein Gedanke, wenn meine Geliebte jeden anderen genauso und nicht weniger lieben würde wie mich - weil er sich ja gar nicht von mir unterscheidet!

Andererseits: Ich sehe, dass ich mir nicht einmal selber gleiche, im Abstand von nur einigen Tagen. Wahrscheinlich geht es Dir manchmal ebenso: Mal hat man einen festen Standpunkt und glaubt, das ist jetzt sicher. Dann kommen einem Zweifel, unmerklich ändern wir unseren Standpunkt und schließlich glauben wir fast das Gegenteil. - "Ach, wenn wir Betroffenen doch nicht so schrecklich gleich wären in unseren körperlichen und seelischen Reaktionen", möchte man fast rufen.

Am 1. März hat mein klarer Verstand gesagt: Ich werde vielleicht noch einmal die Dosis etwas erhöhen, aber die volle Dosis kann ich mir nicht vorstellen, noch mal zu nehmen. - Das war vielleicht zu radikal. Darum wohl hat mein Hasenherz dann ganz schnell den Verstand beiseite gedrängt und das Ruder vollständig übernommen: "Zwei morgens, zwei abends, keine Widerrede!" - Jetzt muss sich mein Herz allerdings vom Verstand sagen lassen: "Siehst Du, das hast Du davon. Dass es Dir jetzt wieder so dreckig geht, dass Du keuchst und nach Luft ringst, dass du schlapp auf dem Sofa rumhängst, Blähungen und Durchfall hast und keinen Appetit mehr - das geschieht Dir ganz recht! Du wollstest ja nicht auf mich hören!"

Wer hat jetzt recht? - Wer bin ich? - Was will ich?

Ich weiß nicht, ob ich eine hundsgewöhnliche Chemo machen will. Im Moment weiß ich rein gar nichts. Ich sehe, dass ich einen sehr kurvenreichen Parcour hingelegt habe.

Ich glaube, ich werde erst mal in mich hineintauchen und rausfinden, wer ich eigentlich bin und dann, was ich eigentlich will. Dabei werde ich mich vielleicht auch wieder mit Therapiekonzepten beschäftigen, was ich in den letzten Monaten tunlichst vermieden habe.

An alle Leser im Forum: Möge Euch die große Weisheit zuteil werden, zu wissen wer Ihr seid und was genau Ihr wollt!

Gerhard