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Alt 16.02.2024, 13:08
KatNol KatNol ist offline
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Standard AW: Karzinom im Darm

Lieber Gerd,

Als erstes möchte ich ( 46 ) Dir sagen, dass es mir Leid tut, dass du diese Krebserkrankung durchstehen musst . Ich wünsche Dir ganz viel Kraft und Energie und wünsche Dir für die Zukunft den bestmöglichen Erfolg.

Kurz zu mir :
Ich habe vor einigen Jahren hier sehr viel mitgelesen , da mein Vater an Krebs erkrankt war . Die Schicksale haben mich nicht los gelassen und so habe ich hier immer mal wieder vorbei geschaut und mich über positive Erfahrungsberichte „mitgefreut“.
Ich habe aber auch gesehen, dass hier seit längerer Zeit der Austausch nicht mehr ganz so rege ist.
Gestern habe ich deine Mitteilungen gesehen und auch, dass dir bisher noch niemand geantwortet hat.
Deshalb habe ich mich hier angemeldet damit ich Dir antworten kann.
Eines vorweg: ich kann Dir Deine Frage nicht beantworten, weder aus eigener Erfahrung noch aus der einer Angehörigen.

Ich war zwar mal als Ärztin tätig , kann aber nicht mit onkologischem Fachwissen glänzen . Ich schreibe Dir als Privatperson und möchte Dir meine Erfahrungen mitteilen.

Du schreibst , dass bei Dir ein Kolonkarzinom festgestellt wurde und Du ein Typ 2 - Diabetiker bist und dass dein BZ unter der Chemo entgleist ist .

Ich weiss natürlich nicht , in welchem Allgemeinzustand etc Du Dich befindest, aber vllt könnte eine Ketogene Ernährung Dir in deinem Dilemma helfen .
Hast Du davon schonmal gehört ? Das ist eine sehr stark Kohlenhydrat-reduzierte Kost bei der der Energiebedarf hauptsächlich über gesunde Fette abgedeckt wird . Das bedeutet ungefähr : 80% Fett / 15% Protein / 5 % KH . Da wird im Prinzip dem Körper ein Fasten vorgegaukelt , was viele positive Effekte hat . Das LDL/HDL Verhältnis wird langfristig verbessert, Entzündungswerte sinken, der Blutdruck normalisiert sich, die Insulinsensitivität verbessert sich, das HbA1c sinkt , man wird fitter und gesünder.
Sie ist teils etwas verschrien , 1. weil viele glauben , sie sei ungesund ( das kann sie sein wenn man nur Eier, Speck und Salami isst , aber es gibt sie auch in gesund - genauso wie bei einer KHreichen Ernährung ) 2. weil sie schwierig umzusetzen ist wenn man ein reges Sozialleben mit vielen Einladungen und Feiern führt und viel unterwegs ist 3. weil es anfangs zu einer Stoffwechselumstellung führt, unter der der Körper durchaus 3-14 Tage grippeartig leiden kann ( Kopfschmerzen, Schlappheit, Gliederschmerzen, Muskelkrämpfe - bis er gelernt hat, Nahrungsfette anstatt KH als Energiequelle zu nutzen ) . Kurz gesagt, es braucht - v.a. anfangs - viel Disziplin, diese extreme Ernährungsform durchzuziehen.

Viele Leute führen diese Ernährung durch um abzunehmen und/oder um von ihrem Typ -2 Diabetes wegzukommen , manche um neurologische Erkrankungen wie multiple Sklerose in Schach zu halten und andere um ihre Migräne zu mildern. Ich gehöre zu der letzten Gruppe .
Es kostet mich Disziplin, aber dafür habe ich keinen einzigen Migräneanfall mehr solange sich mein Körper in Ketose befindet und meine Allergien ( gegen diverses Obst und extremer Heuschnupfen) sind auch nicht mehr da .
Für mich lohnt sich also diese spezielle Ernährung, deshalb ziehe ich sie weitestgehend durch und mache nur manchmal Ausnahmen , z.b. wenn ich in einem netten Restaurant eingeladen bin oder im Urlaub .

Meine Schwester (54) hatte vor 2 Jahren einen Prädiabetes und desaströse Leberwerte und war ziemlich übergewichtig , durch „Keto“ geht es ihr inzwischen prächtig. Sie ist schlank , gesund , ist Läuferin geworden und hat beste Blutwerte .

Mein Onkel (73) ist Typ -1- Diabetiker , sehr schlecht einstellbar , mal war der BZ viel zu hoch , mal viel zu niedrig , hatte bereits diverse Notfall-Einweisungen in die Klinik , lag 2x im Koma wegen eines entgleisten BZ und war immer wieder lange Zeit in der Klinik um bestmöglich eingestellt zu werden. Aber es fehlte nie viel , ein kleiner Infekt, ein bisschen Stress, ein neues Medikament und er hatte wieder BZ Werte, die mehr als kritisch waren.
Auch er hat diese Ketogene Ernährungsform vor ca. 2 Jahren begonnen (obwohl es für Typ 1- Diabetiker häufig nicht empfohlen wird , da die Gefahr eines lebensgefährlichen Unterzuckers besteht und mehr als streng überwacht werden sollte ) und es geht ihm seitdem gut . Sein Insulinbedarf hat sich insgesamt stark gesenkt und er hatte keinerlei (extremen) Entgleisungen mehr , auch nicht mehr bei einem Infekt .

Die Ketogene Ernährung könnte vielleicht auch für Dich eine Möglichkeit sein, deinen Diabetes in den Griff zu kriegen UND die für Dich so wichtige Chemo durchziehen zu können.
Ausserdem gibt es diverse Studien dazu , dass es von Nutzen sein kann, sich bei Tumorerkrankungen ketogen zu ernähren , da Tumorzellen Zucker verstoffwechseln. Und wenn man ihnen sozusagen die Nahrung grösstenteils entzieht , müssten sie unter suboptimalen Bedingungen weitermachen und sollen damit anfälliger auf die Chemotherapie sein.

Wie gesagt, ich weiss nicht , wie es Dir geht, ob für Dich so eine Stoffwechselumstellung in deiner akuten Lage machbar ist, wie du dich ansonsten ernährt hast, etc etc .
Bestimmt müsstest du gucken , dass du Deinen Energiebedarf sicherst um nicht zu stark abzubauen ( was vermutlich wegen der Krebserkrankung erstmal zu vermeiden wäre ) .
Es gibt inzwischen viel Literatur dazu. Im Netz findet man diverse Studien und Zusammenfassungen . Google mal „thieme Ketogene Ernährung Krebs“ .
Ein sehr ausführliches und fundiertes Buch heisst „der Keto Kompass“ von Ulrike Gonder und Julia Tulipan.

Ich möchte dir diese Informationen nicht vorenthalten und dein Interesse daran erwecken.
Ich bin kein „Anti-Zucker-Aktivist“ und möchte niemandem belehren, überreden oder gar falsche Hoffnungen machen.
Ich mag auch Bier, Pizza und Pasta , Kuchen und Chips . Und Honig und Schokolade .
Ich möchte nur sagen: Generell ist es wirklich machbar und auch durchaus lecker . Und wenn man mal von dem üblichen Brot, Nudeln, Reis, Kuchen und Haribo weg ist, dann lässt auch das Verlangen darauf nach . Ich bleibe inzwischen cool, wenn die Kinder neben mir ihr Nudeln essen oder Kekse den ganzen Nachmittag auf dem Tisch stehen . Ich habe nicht mehr den Gedanken „ich darf das nicht essen“ sondern eher „ich brauche das nicht“ .
Ich habe gestern gut gegessen: Rahmquark mit Heidelbeeren , Leinsamen und ein paar Kakao - Nibs, am Mittag Spinat und Lachs mit Tomaten-Sahne-Sauce , am Nachmittag ein paar Nüsse als Snack und heute Abend einen Salat mit Rührei . Ich bin satt und v.a.: ich bin Kopfschmerz-frei.

Ich würde mich zu diesem Thema informieren und die Durchführbarkeit ( bezüglich deines Allgemeinzustandes , Leberfunktion, Nierenfunktion , aktueller Chemo etc. etc. ) mit Deinen behandelnden Ärzten zu besprechen .

Herzliche Grüsse, toi, toi, toi,
Katharina

Ich weiss nicht , ob dieser link funktioniert und ob ich ihn hier überhaupt posten darf ( admin, bitte entfernen falls nicht ) :

https://www.thieme-connect.de/produc...-0584-5311.pdf

Das ist der oben erwähnte Artikel von Thieme, eine kurze Einführung zum Thema .

Geändert von gitti2002 (16.02.2024 um 19:55 Uhr)
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