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Alt 13.12.2005, 18:16
Barbara 64 Barbara 64 ist offline
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Standard AW: Zwei Jahre danach...

Die zweite Chemo hast Du nicht gut vertragen. Kaum daß wir vom Onkologen wieder zu hause waren, haben Dich die Nebenwirkungen umgehauen. Übelkeit, Atemnot, Unruhe... das volle Programm. Zum Glück kam Dein Hausarzt von sich aus vorbei, nach einer Spritze von ihm ging es Dir ein bißchen besser. Doch Du warst sehr beunruhigt, fühltest Dich seltsam, und Schlafen konntest Du auch nicht. Du hast mich den ganzen Nachmittag auf Trab gehalten...

Abends kam dann Dein Hausarzt nochmal vorbei. Er hatte mit dem Onkologen gesprochen, Dein Blutbild war gut, allem Anschein nach hatte Dein Körper und damit auch der Tumor auf die Chemo angesprochen. Dein schlechtes Allgemeinbefinden und die zunehmenden Schmerzen konnten sich beide nicht erklären. Dein Hausarzt wollte nach dem Wochenende in der Praxis einen Ultraschall machen, möglicherweise sei der Stent verrutscht. Falls Du weiterhin so wenig essen und trinken könntest und die Übelkeit nicht besser würde, solltest Du ab Montag Kochsalzinfusionen bekommen.

Die Nacht war anstrengend. Du hattest ständig das Gefühl, zur Toilette zu müssen, konntest aber allein nicht von Deinem relativ tiefen Bett aufstehen. Ich glaube, Du hast kaum geschlafen in der Nacht. Ich war irgendwann so kaputt, daß ich tatsächlich nach den Toilettengängen sofort wieder eingeschlafen bin... bis zum nächsten 'Geräusch' von Dir. Ich hatte befürchtet, daß ich Dich von meinem Lager im Gästezimmer aus gar nicht hören würde, doch ich war beim geringsten Räuspern immer sofort 'da' - einerseits war das gut so, andererseits hätte ich den einen oder anderen Huster gerne 'überschlafen'...

Am Morgen warst Du sehr wacklig auf den Beinen, doch Du hattest Hunger... also, Kaffe kochen, Brötchen schmieren und Dich zum Essen motivieren. Nach dem Frühstück ging es Dir etwas besser, und Du konntest schlafen. Mittags meintest Du, es gehe Dir 'gut', Du hast Brühe gegessen, die Con für Dich gekocht hat, und belegte Brote. Außerdem hast Du tapfer die flüssige Aufbaunahrung runtergewürgt... Ich habe Dich den ganzen Tag 'traktiert', Trinken, Trinken und nochmal Trinken, und dann wieder Essen...

Gegen Abend fühltest Du Dich wieder recht gut, müde und erschöpft, aber nicht mehr so wacklig. Ich war auch todmüde, und so sind wir relativ früh Schlafen gegangen. Es sollte die letzte Nacht sein, in der ich mehr als eine Stunde am Stück bei Dir schlafen würde. Doch das haben wir beide nicht geahnt...


Ein Traum, ein Traum ist unser Leben
Auf Erden hier.
Wie Schatten auf den Wolken schweben
Und schwinden wir.
Und messen unsre trägen Tritte
Nach Raum und Zeit;
Und sind (und wissen's nicht) in Mitte
Der Ewigkeit...

Johann Gottfried Herder
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