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Alt 16.08.2011, 18:34
sausemaus1980 sausemaus1980 ist offline
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Standard AW: Magenkrebs - wie sieht das Endstadium aus???

Hi Mario!

Ich will Dir gar nicht schreiben was Du machen könntest oder sollst. Aber wenn Du willst, erzähl ich Dir ein bißchen von unserer Abschiedszeit.

Meine Mum war ja Ende März das letzte Mal zuhause. Zuerst kam sie in ein LKH und dann auf die Palliativstation. Nachhause wollte sie nicht mehr. Nachdem meine Mum die künstliche Ernährung einstellen hat lassen, lebte sie noch knapp zweieinhalb Tage. Nun gut.

Für mich war es am Schwersten - im Nachhinein - meiner Mum sagen zu müssen, dass sie sterben darf. Sie hat es ihrem Bruder gesagt, dass sie nicht mehr will und der hat es mir ausgerichtet. Aber im Nachhinein bin ich froh es getan zu haben. Ich hab zu ihr gesagt, wenn Sie kämpfen will, dann kämpf ich mit ihr - egal wie lange. Aber wenn sie nicht mehr kann, dann versteh ich das und ich werde mich gut um ihre Enkelkinder kümmern. Ich hatte für mich gesehen ja das Glück, dass ich vom Palliativteam mitbetreut wurde. Ich hab es anfangs nicht verstanden, aber sie haben mir geraten, nachdem ich diesen Schritt schon getan habe, soll ich unbedingt mit meiner Mum über ihre Beerdigung reden. Wir haben besprochen auf welchen Friedhof ich ein Grab aussuchen soll, wer eingeladen ist und welche Namen auf ihrem Bouquet beim Sarg stehen sollen. Am Tag der Beerdigung hatte ich das Gefühl, einfach alles richtig gemacht zu haben - es war ja abgesprochen und ich brauchte mir keine Gedanken zu machen, wie es meine Mum hätte haben wollen.

Als meine Mum starb war ich nicht bei ihr. Aber ich hab die ganze Nacht bei ihr im Zimmer verbracht und wollte dann nur ein paar Stunden nachhause fahren, wegen meiner Kinder. Mein LG hat mich zur Palliativstation gefahren und die Kinder waren mit im Auto. Da schaut mein großer Sohn so traurig, dass ich nochmal zu ihm bin und ihn geküsst und gestreichelt hab. Noch nie hat der Kleine so traurig geschaut. Wie ich die Zimmertür meiner Mum aufmachte, hab ich fast die Ärztin niedergerannt - meine Mum ist in diesem Augenblick verstorben. Mein Onkel sagt, wie ich die Tür aufgemacht habe, hat sie das letzte Mal ausgeatmet.

Der Moment war ein ganz besonderer. Ich hab zu meiner Mum immer wieder gesagt: ich freu mich für Dich, dass Du es geschafft hast. Irgendwie ist eine ganz besondere Atmosphäre im Zimmer gewesen - ich hab auch irgendwie mein Zeitgefühl verloren. Es klingt blöd, aber es war so eine gute Energie da. Ich hab mich bemüht, diesen Moment ganz besonders in mich aufzunehmen.

Es ist schön, dass Deine Tanja weiß, dass Du sie noch immer liebst. Und es ist ein schönes Gefühl wenn man jemanden die Hand halten kann und das Gefühl hat nicht tausend Dinge sagen zu müssen. Sondern einfach zu wissen, dass es gepasst hat.

Zuerst kam dann ein Gefühl der Erleichterung. Jetzt trauere ich, weil meine Mum meine Kinder nicht miterleben darf. Niemand hat sich so auf die Kinder gefreut wie sie. Dennoch: Ich hab meine Mutter schon ein paar Mal wahrnehmen können und das ist schön. Und irgendwie hab ich das Gefühl, dass sie jetzt mehr von unserem Leben mitbekommt als die ganze letzte Zeit, wo es ihr so schlecht ging.

Du wirst die Kraft haben alles durchzustehen. Du wirst alles richtig machen, dass weiß ich. Ich hab meiner Mum damals gesagt, wenn sie das schöne Licht sieht, dann soll sie dorthin gehen. Und sie hat zufrieden genickt.

LG Sonja
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