Thema: Blockade
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Alt 21.10.2004, 21:03
Gast
 
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Standard Blockade

Nachdem mich die letzten Tage alles erschlägt, schreibe ich mir heute mal einiges von der Seele. Ich weiß, dass ich momentan sehr viel grübel und kaum noch jemanden an mich heran lasse. Ich weiß auch, dass das immer schlimmer wird. Kann mich aber nicht durchringen professionelle Hilfe anzunehmen. Ich denke immer, dass es doch irgendwann schon wieder mal besser wird und ich das allein schaffe. Angefangen hat es letzte Woche mit der Chemo, die ich stationär bekam. Verbrachte also einige Tage im KH und das zieht mich ja immer so runter, da ich die Kleine (meine Tochter - 14 Monate) in der Zeit nicht sehe und sie sehr vermisse. Außerdem sieht man dort das "Leid", wenn ich es so mal sagen darf. Dazu wurde ich erschüttert, dass ich hier in letzter Zeit so oft vom Tod verschiedener Personen erfuhr. Da macht man sich Gedanken, wie es doch weitergehen soll. Vor allem auch, wenn man nicht gerade den besten Krankheitsverlauf hat. Aus dem KH raus und ich bekam den nächsten Schreck. Das gibt sich doch jemand in einem anderen Krebs-Forum als mein Freund aus. Arno habe ich vor langer Zeit mal im Internet kennengelernt und wir haben uns schon öfter getroffen und irgendwie ist schon mehr zwischen uns als "nur" Freundschaft. Aber meine Krankheit kam dazwischen und dazu meine Bedenken, dass er das durchsteht. Also habe ich lieber abgeblockt. Aber er meint es wohl ernst, da er sich über diese Krankheit im Internet kundig macht und wir auch fast täglich telefonieren. Ich lasse es aber nicht mehr zu, dass er mich besucht. Wir haben uns zwar vor kurzem ausgesprochen, aber geändert hat sich nicht viel. Er will weiterhin eine Beziehung mit mir und versteht sich auch gut mit der Kleinen, aber ich blockiere wieder. Er weiß jetzt, dass ich teilweise Zeit für mich brauche und lässt mich dann auch in Ruhe, aber so richtig passt mir das auch nicht. Mag vielleicht kindisch sein und nicht zu verstehen, dass ich daraus so ein riesen Problem mache. Ich mache mir außerdem Gedanken wegen meiner Eltern. Sie merken auch, dass ich mich immer mehr verschließe und die Kleine sogar teilweise bei ihnen abgebe, wo es mir gut geht. Sie lassen sich nichts anmerken, aber es beschäftigt sie sehr. Ich brauche immer mal auch Abstand zur Kleinen. Ich mache mir viele Gedanken auch so um die Zukunft und halt somit auch um die Kleine. Ich liebe sie, keine Frage, aber ich will die Zeit genießen mit ihr und wenn ich das nicht so kann dann schick ich sie lieber zu meinen Eltern. Ist vielleicht auch die Umstellung, da sie jetzt bis Nachmittags in die Kinderkrippe geht und ich sie in der Zeit auch nicht um mich herum habe. Mein Papa hat am Samstag Geburtstag und da soll natürlich wieder große Familienfete steigen aber ich habe keine Lust darauf. Die ganze Verwandtschaft, die Fragen stellen wird. Meine Oma, die mich bemitleiden will. Das ist zuviel. Kann aber Papa auch nicht so vor den Kopf stoßen. Mir geht so vieles durch den Kopf und ich kann es nicht ordnen. Ich habe Angst vor der Zukunft und vor dem was kommen wird. Auch was die Kleine betrifft. Sie hat doch nur ihre Mami und wenn sie die auch noch verliert, was bleibt ihr dann?! Es sind noch mehr Dinge, die mich belasten, aber über alles kann ich hier und jetzt auch nicht schreiben. Dafür bin ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bereit.

eine traurige Annie
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