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Alt 21.06.2012, 23:08
Birdie Birdie ist offline
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Standard AW: Todesursache bei Hirnmetastasen

Zitat:
Verzeiht falls es das Thema schon gibt, ich finde leider keine Antwort auf meine Frage.
Die Prognose bei Hirnmetastasen ist leider sehr schlecht, jedoch was ist die häufigste Todesursache - die Metastasen, das Ödem...?

Durch die Behandlung mit kortison wird ein Ödem doch zurückgebildet, wachsen denn die Metastasen im kopf so wahnsinnig schnell das die Prognose so schlecht ausfällt?
Oder ist eine Langzeitbehandlung mit Kortison aufgrund den Nebenwirkungen nicht möglich und ist für die infauste Prognose verantwortlich? :-(

Es handelt sich um Nierenkrebs mit multiplen inoperablen Hirnmetastasen welche mittels Ganhirnhirnbestrahlung "behandelt" werden.
Der Primärtumor ist laut Onkologe nur noch sekundär relevant
Hallo Razman,
was die Behandlung von Hirnmetastasen vom Nierenzellkarzinom so schwierig macht, ist die Blut-Hirn-Schranke und die Resistenz des Nierenzellkarzinoms gegen "normale" meistens niedrige Bestrahlungen...


Über die Blut-Hirn-Schranke kannst du hier mehr lesen:
Info über Hirnmetas vom Krebsinformationsdienst

ich muss hier ein wenig weiter ausholen ..


Die Behandlung von Hirnmetastasen hat Priorität: Das bedeutet, auch wenn sich Tumoren/Metastasen an anderer Stelle im Körper befinden, werden Hirnmetastasen in der Regel zuerst behandelt.

Insofern handelt der behandelnde Onkologe also vollkommen richtig!

In den letzten Jahren haben sich die Therapieoptionen für Hirnmetastasen kontinuierlich verbessert. Dabei stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung: medikamentöse Therapie (Target Medikamente für Nierenzellkarzinom), neurochirurgische Resektion (= Operation), Strahlentherapie als stereotaktische Radiochirurgie oder Bestrahlung des gesamten Gehirns (WBR – whole Brain Radiation) <= was ja offensichtlich bei euch gemacht wird.

Grundsätzlich hängt die Behandlung insbesondere vom allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten ab.

Hat sich im Gehirn bereits eine Metastase gebildet, die vom Nierentumor gestreut hat, muss angenommen werden, dass sich möglicherweise noch weitere Tochtergeschwüre bilden können.
Bei mehreren oder oder auch bei nicht operablen Metastasen wird oft eine Bestrahlung des gesamten Gehirns (Whole Brain Radiation Therapy, WBRT) vorgeschlagen.
Unter der WBRT versteht man die Ganzhirnbestrahlung, ohne Bestrahlung des Gesichtsschädels. Meist wird die Strahlendosis „fraktioniert“, d.h. der Patient wird in mehreren Einzelbestrahlungen bestrahlt und erhält nicht die Gesamtdosierung in einer Sitzung. Ziel ist es, die Nebenwirkungen der Strahlentherapie so gering wie möglich zu halten.

Die Ganzhirnbestrahlung gilt normalerweise als Standard-Therapie bei Patienten mit multiplen Hirnmetastasen. Hier wird die WBRT auch oft nach einer Operation vorsorglich (adjuvant) eingesetzt.

Oft wird bei der WBRT mit einem Standard Protokoll von 30 Gy in 10 Fraktionen oder 20 Gy in 5 Fraktionen bestrahlt. Allerdings hat die WBRT begrenzte Wirksamkeit bei Patienten mit strahlen-resistenten Tumoren wie dem Nierenzellkarzinom. Daher wird in diversen Veröffentlichungen diskutiert, ob diese „Standard“ Ganzhirnbestrahlung einen Vorteil für Nierenkrebs-Patienten mit Hirnmetastasen bringt.
(Veröffentlichung: Jensen, Randy L. - Outcomes of Patients with BM from RCC after Primary SRS - Clinical Neurosurgery Volume 55, 2008)

Eine im Jahr 2010 veröffentlichte, retroperspektive Studie mit 60 Nierenkrebs-Patienten suggeriert, dass eine Bestrahlung mit höhreren Dosen (40 GY in 20 Fraktionierungen oder 45 GY in 15 Fraktionierungen) einen Vorteil für den Patienten haben könnte.
(Veröffentlichung: Rades D. et al. Do patients revceiving WBRT for BM from RCC benefit from escalation of the radiation dose? Int J Radiat Oncol. Biol Phys 2010;78: 398-403)

In einer vor kurzem veröffentlichen kleineren Fallserie wurden auch Nierenkrebs-Patienten mit über ≥ 5 Hirnmetastasen mit Stereotaktischer Bestrahlung behandelt. 91 % der Patienten sprachen positiv auf mehrmalige Stereotaktische Bestrahlung an. Daher wird vorgeschlagen, dass eine Stereotaktische Bestrahlung auch bei mehreren Hirnmetastasen in Betracht gezogen werden sollte.
(Veröffentlichung: Mohammadi, Alireza Mohammad - J Clin Oncol 30, 2012 (suppl 5; abstr 410)

Obwohl die sogenannte Blut-Hirn-Schranke besteht gibt es im Falle des Nierenzellkarzinoms verschiedene Berichte und Studien, die beschreiben, dass die beim Nierenzellkarzinom verwendeten Multitysosinkinaseinhibitoren (Sorafenib und Sunitinib) als small molecule" die Bluthirnschranke überwinden können.

In der Zulassungsstudie (nur First-line-Therapie) waren auch Patienten mit sehr ungünstigem Risikoprofil, darunter 209 Patienten mit Hirnmetastasen, aufgenommen worden.
Die Therapie mit Sunitinib führte bei zwölf Prozent der Patienten zu einer mindestens 30-prozentigen Rückbildung der Tumorgröße.
(Veröffentlichung: Journal Clinal Oncology 26, 2008, 273, Abstr. 5094)
Die Wirksamkeit bei den schwer therapierbaren Patienten kann damit zusammenhängen, dass Sunitinib als "small molecule" die Bluthirnschranke penetrieren kann.


So .. jetzt habe ich sehr sehr weit ausgeholt, um auf deine Fragen zurückzukommen:

Zitat:
was ist die häufigste Todesursache - die Metastasen, das Ödem...?

Durch die Behandlung mit Kortison wird ein Ödem doch zurückgebildet, wachsen denn die Metastasen im kopf so wahnsinnig schnell das die Prognose so schlecht ausfällt?

Oder ist eine Langzeitbehandlung mit Kortison aufgrund den Nebenwirkungen nicht möglich und ist für die infauste Prognose verantwortlich? :-(
Wie du schon richtig bemerkt hast, wird durch das Kortison ja die Ödeme, die sich um die Metastasen bilden, meist sehr gut zurückgebildet.

Wie Jule66 schon sagte
Zitat:
stirbt man nicht an den Hirnmetastasen stirbt, sondern dass es meist Leber-oder Lungenmetastasen sind, die letztendlich zum Tode führen
denn zumeist gehen multiple Hirnmetastasen immer mit einer weiteren Metastasierung im Körper daher.

Natürlich kann auch eine Hirnmetatasierung zum Tode führen: Hier möchte ich die Wikipedia zitieren:
"Eine rapide Verschlechterung mit plötzlichem Versterben kann durch massive Einblutung in eine Metastase oder durch akuten Liquoraufstau entstehen. Metastasen der hinteren Schädelgrube (Kleinhirn und Hirnstamm) führen schon bei geringer Größenzunahme zur Einklemmung und damit zum Tod. "
siehe Wikipedia Hirnmetatase

Ich hoffe, dass ich dir genug Stoff gegeben habe, dass du die behandelnden Ärzte noch einmal ganz genau löchern kannst.
Fragen über z.B.
  • Dosierung / Fraktionierung der Ganzhirnbestrahlung
  • Wie lange und ich welcher Dosierung soll das Kortison genommen werden?
  • Werden auch Antikonvulsa gegeben?
    (Hirnmetastasen können zu Krampfanfällen bzw. epileptischen Anfällen führen. Um dies zu kontrollieren, werden so genannte Antikonvulsiva gegeben, die auch bei Epilepsie eingesetzt werden. )
  • Bekommt der/die Patient/in denn eine systemische Behandlung mit einem für das Nierenzellkarzinom zugelassenen Medikament ?

Du hast nicht gesagt, ob denn auch andere Metastasen im Körper vorliegen und wie es denn zur Entdeckung der Hirnmetastasen kam.
Gab es ein CT/MRT des Schädels? Gab es vorher Ausfallerscheinungen?

Letztendlich hoffe ich, dass ihr an einem Zentrum in Behandlung sein, bei dem es eine spezielle Nierenzellkarzinom-Sprechstunde gibt und die Entscheidung zur Behandlung interdisziplär getroffen wird.

Auch ich wünsche euch alles Gute!
Birdie
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