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Alt 04.03.2010, 15:48
Birdie Birdie ist offline
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Standard AW: Papilläres NZK, Torisel Behandlung ab morgen

So ..
ich will jetzt unsere Odysee mal von Anfang an berichten ...

1. Teil - Meine Odyssee
Am Sonntag bin ich um 14 Uhr bei strahlendem Sonnenschein losgedüst.
Leider hatte ich überhaupt keinen Plan davon, dass ein Sturmtief über uns hinwegfegen wollte. Von dem Sturm selbst haben wir im Zug nichts mitbekommen .. nur die Auswirkungen. Zuerst standen wir ne halbe Stunde in Hamm rum - dann gings weiter nach Hagen - wieder warten .. dann kam die Aussage "dieser Zug endet hier" .. dann sollten
auf einmal alle, die nach Köln wollen, in den Zug auf dem gegenüberliegenden Gleis, weil
dieser wohl - wenn überhaupt - zuerst weiterfahren würde.
Nachdem ich dann einen Platz in der 1. Klasse ergattern konnte, kamen dann diverse AUssagen, die nach 5 Minuten immer korrigiert wurden .. aber .. was lange währt wird gut ..

Der Zug fuhr tatsächlich über Umwege nach Köln, die Schaffnerin war noch so nett und sagte mir,dass ich auf jeden Fall bis nach Bonn weiterfahren sollte und dann mit der Straßenbahn weiterfahren, da sie die Information hatte, dass das Zugverkehr in Köln eingestellt sei.
Puhh .. gesagt, getan .. ich bin bis nach Bonn gefahren, dann nahm mich eine nette Dame im Taxi bis zur nächsten Straßenbahnhaltestelle mit, die mich dann zum Ziel brachte. Ernies Vater holte mich dann ab und ich bin mit 4!!! Stunden Verspätung angekommen. Ernie war so froh mich zu sehen. Die Aufregung um das ganze Zug hin und her war allerdings viel zu viel.
Wir sind nicht wirklich zur Ruhe gekommen und haben sehr schlecht geschlafen.

2. Teil - Unsere Odysee nach München
Am nächsten Tag sind wir dann mit dem Zug nach München weitergefahren. Das Zug war leider total überfülllt - die Nachwirkungen der Sturmschäden - alle gestrandeten Personen wollten ja auch irgendwann mal ihr Ziel erreichen.
Für uns stellte das allerdings ein Problem dar. Das auf den Beinen sein - geschweige denn das Laufen ist sehr sehr anstrengend für Ernie gewesen.
Umso schlimmer, dass die Gänge voll waren mit Menschen, die nicht rücken wollten oder konnten. Schließlich haben wir es zu unseren Sitzplätzen geschafft und Ernie hat fast ne Stunde gebraucht die Aufregung zu verdauen.
Da ich bei ihm zu Hause festgestellt hatte, dass uns wichtige Unterlagen fehlen (die Großhadern nach der 1. Beurteilung anscheinend nicht zurückgeschickt hatte), rief ich noch aus dem Zug Frau Kart. in Großhadern an.
Diese hat dann gewirbelt und die verschiedenen Krankenhäuser angerufen, in denen Ernie war und hat somit die uns fehlenden Unterlagen besorgt.
In München angekommen sind wir dann im Schneckentempo den Bahnsteig runtergelaufen und haben uns dann zum Hotel begeben. Das Hotel ist total nahe an Großhadern gelegen und modern eingerichtet - wir hatten ein wirklich tolles Zimmer und können es nur empfehlen.
Auch die Infrastruktur um das Hotel rum lohnte sich - ein großer Rewe Laden, Schlecker, ne Pizzeria mit einer empfehlenswerten Pizza. Alles, was wir brauchten haben wir bekommen.
Anyway ... im Hotel angekommen, habe ich mir die Befunde geschnappt, die ich hatte und bin schnell zu Frau Kart. gelaufen. Habe dort ihre Befunde den meinigen hinzugefügt. Auf die Frage allerdings, wie es uns bzw. Ernie geht habe ich leider zu weinen angefangen und nach dem sie die Befunde gelesen hatte, schlug sie vor, dass ich doch lieber gleich mit Dr. Nuhn reden sollte, damit man Ernie ggf. gleich einweisen kann.
Dr. Nu. - der eng mit Dr. Sta. zusammenarbeitet - hat mit mir auch gleich die Befunde durchgesehen.
Er war der erste Arzt, der deutlich sagte, dass ein pappiläres Nierenzellkarzinom bei jungen Leuten sehr sehr aggressiv wächst und man hier eine sehr engmaschige Nachsorge machen müsste (also eher alle 2 Monate).
Er deutete gleich an, dass die Uniklinik nicht der richtige Ort für Ernie's Behandlung sein würde, da sie nicht auf Onkologie spezialisiert sei und man dafür vielleicht eher woanders besser aufgehoben wäre.
Er hat noch vieles gesagt, was sich nachher im Gespräch mir Dr. Sta. bewahrheitete. Auf die Frage hin, ob Ernie schon sogleich eingewiesen werden sollte, hab ich dann abgelehnt, da ich der Meinung war dass das dann doch etwas zuviel Aufregung für einen Tag für Ernie gewesen wäre und wir somit noch einen schönen Abend in "trauter Zweisamkeit" verbringen konnten.
Ich war nach dem Gespräch sehr aufgelöst und war heilfroh, dass eine meiner längsten Freundinnen nicht weit von der Klinik entfernt wohnt. Sie hat schnell ihre Kinder bei der Nachbarin gelassen und mich abgeholt, so konnte ich mich mal kurz fallen lassen und wurde auch mal in den Arm genommen. Ich war ihr sehr dankbar....
Als ich zurück zum Hotel kam, habe ich Ernie geweckt, der hatte die ganze Zeit geschlafen - während ich weg war - und hatte tierisch Knast - habe also gleich ne Pizza geholt und danach habe ich dann alle Befunde, Röntgenbilder und CDs in die richtige Reihenfolge gebracht und beschriftet.
Meine Organisationswut hat uns auch in den Tagen ein paar mal den Arsch gerettet.
Der Tipp von euch, einen Ordner mit allen Befunden anzulegen ist Gold wert gewesen - auch wenn ich noch nicht alles zusammen hatte, haben wir doch sehr davon profitiert.

3. Teil - Unsere Odysee in Großhadern
Dr. Nu. hatte uns gesagt, dass wir aufgrund seines schlechten Zustands jederzeit kommen könnten und vorgezogen werden würden. Das haben wir dann auch sehr dankbar angenommen. Nach dem Frühstück sind wir also mit dem Taxi nach Großhadern gefahren. Der Taxifahrer machte uns schwerste Vorwürfe, dass wir nur zur Klinik fahren wollten, er hat uns abgezockt (ungerechtfertigter Zuschlag) und war unverschämt - das war echt ein wenig stressig vor dem Termin und vollkommen unnötig.
Naja .. mit dem Rollstuhl sind wir dann in die Poliklinik gefahren und wurden von Fr. Karst. herzlich begrüßt.
Sie hat sich sofort Zeit genommen und gleich bei Dr. Stae. Bescheid gegeben. Auch eine Liege hat sie Ernie angeboten, aber er sagte, dass er so erschöpft sei, dass er wohl nur pennen würde und dann vom Gespräch wohl nichts mehr mitbekommen würde.
Ungelogen .. nach 45 Minuten (ich nehme mal an, dass das Rekord ist - außer man bringt wie Marita immer Kuchen mit *zwinker*) sind wir schon dran gewesen.
Dr. Stae. war super super super nett und sehr deutlich.
Seine ersten Worte waren, es sieht sehr schlecht aus. Seine erste Vermutung aus den vormals zugesandten Befunden war eigentlich, dass Ernies Lunge das Problem wäre aber .. nach der Sichtung der aktuellen Bilder ist es anders.. er drückte es so aus "Sie haben noch ein bißchen Leber in Ihrer Metastase" ..außerdem gibt ihm die Metastase an der Thoraxwand Bedenken.
Er sagte: "ich habe für Sie eine wilde Idee, wir schicken Sie nach Bad T.,
da bekommen sie dann nach und nach 4mal Nexavar morgens und abends sowie eine Bestrahlung primär der Leber und
sekundär der Thoraxwand mit der 5-fachen höchstdosierung"..

Er betonte, dass bei der Art des papillären Nierenzellkarzinoms weder Torisel noch Sutent seine erste Wahl der Medikamentation gewesen wäre und dass er die besten Erfolge mit Nexavar erzielt hat.

Da Ernie Angst vor der hochdosierten Strahlung hatte & hat und fragte, ob solche eine hohe Bestrahlung zu seinem Tod führen könnte, sagte Dr. Sta., dass das Ernies einzige Chance sei. Entweder so - oder in Kürze weg vom Fenster zu sein.
Ernie und mir blieb a) keine andere Wahl und b) auch kaum Zeit zum Nachdenken.
Dr. Stae. hatte schon den Telefonhörer in der Hand und organisierte einen Krankentransport.
Dieser sollte uns erst um 17 Uhr abholen .. jeodch ging dann auf einmal alles sehr sehr schnell. Es gab einen Rückruf .. innerhalb einer halben Stunde sollten wir schon los .. wir jedoch hatten noch gar nichts gepackt, alles lag im Hotel rum und ich muss ja auch noch zum Hotel kommen.
Ich bin also sofort los, zum Hotel quasi gejoggt, alles in den Koffer geschmissen, bezahlt und ..
dann war der Transporter noch nicht da .. ich also wie ein Sherpa bepackt die Koffer genommen und zurück zum Krankenhaus, damit Ernie nicht so lange dort alleine sitzen muss.
Als ich ankam, war der Transporter schon da - ich habe mich nochmal schnell von Fr. Kart. verabschiedet, die uns ihre persönliche Karte in die Hand drückte und darum bat uns zu melden.

Mit dem Tranporter waren wir dann innerhalb von einer Stunde in Bad Tri.
Wir können bis Freitag zusammen in einem Zimmer schlafen - danach ist das Zimmer belegt - aber wenigstens macht das die Eingewöhnungsphase für Ernie auch leichter.
Die Ärztin - Frau Mont. - hat sich superviel Zeit für Ernie genommen. Sie hat bestimmt ne Stunde mit der Anamnese verbracht, hat leider auch gleich den Verdacht auf eine leichte Pneumonie.
Ernie hatte Fieber und hustete sehr sehr stark - auch mit blutigem Auswurf.
Dank der gut organisierten Befunde und Entlassungsbriefe *grins* wurde ihm dann gleich die Antibiose gegeben, die ihm bei seiner letzten Lungenentzündung so gut geholfen hat.
Alle Ärzte, Schwestern, Pfleger, der Empfang und überhaupt JEDER hier ist SUPERNETT!!!

Was mich total überraschte war folgende Situation - abends um 20 Uhr klopfte es ... rein kamen Dr. Stae. und Dr. Wilk. (der Strahlentherapeut). Dr. Stae. freute sich, dass das mit dem Transport so prima geklappt hatte und sprach uns nochmal Mut zu.
Die beiden sagten, dass sie sich halt gerade bzgl. Ernies Situation beraten hätten und Dr. Wilk. die Ergebnisse morgen mit uns besprechen würde.
Es ist sooooo unglaublich nett, dass Dr. Sta. nochmal hier war und wie ich hörte schaut er bei all seinen Patienten aus seiner Klinik vorbei - das nenne ich Engagement!!!

Gestern war Dr. Wilk. hier und hat alles mit uns besprochen.
Er hat uns sehr positiv gestimmt.
Folgende Infos haben wir bekommen:
Es wird jetzt erstmal eine Woche Nexavar im Körper aufgebaut, denn nur dadurch ist die Bestrahlung überhaupt erst wirksam.
Heute wird das Planungs-CT gemacht und dann die Bestrahlungsplanung.
Es war für mich sehr vertauensbildend, dass er sagte, dass er noch keine genau Aussage bezüglich der Planung und der Aufenthaltslänge machen kann. Aber er würde sehr genau überlegen, wie und wann er was bestrahlen würde.
Da der rechte Leberlappen so gut wie gar nicht mehr vorhanden sei, müsste man diesen halt komplett bestrahlen. Den linken Leberlappen dann nur suksesszive.
Die Lunge würde er komplett vernachlässigen, da hier das Nexavar seine Wirkung zeigen soll und über die Bestrahlung der Thoraxwand würden wir später reden.

Es werden wohl keine Schmerzen durch die Bestrahlung verursacht.
Da ist uns schon sehr der Stein von der Brust gefallen - mit Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit hatten wir eh gerechnet.

Jetzt bin ich erstmal froh, dass er noch ne Woche Zeit zum Erholen hat.
Ich hoffe, dass ich ihm noch die eine oder andere Kilokalorie auf die Rippen verbannen kann.
Zur Zeit sieht er eher aus wie ein unterernährtes Kind aus Afrika - mit all dem Wasser im Bauch und in den Beinen ..

So ... das war es erstmal von uns ..


Liebe Marita, liebe Irene,
vielen vielen herzlichen Dank für eure Anrufe bzw. Mails..

Ich halte euch alle auf dem Laufenden

Geändert von Birdie (01.08.2012 um 01:10 Uhr)