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Alt 26.01.2005, 09:12
Gast
 
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Standard Ich bin vollkommen am Ende

Hallo Kathrin,

mein Vater ist im letzten Juni gestorben, die letzten 9 Wochen und ein paar Tage lag er nach OP und Komplikationen auf der Intensivstation. Ich kann mir also vorstellen was Du jetzt durchmachen musst. Wir konnten mit meinem Vater nie mehr richtig sprechen 1. weil er häufig nicht bei Bewusstsein war und 2. wenn er "wach" war konnte er sich wegen der Beatmung nicht mitteilen d.h. man wusste nicht wirklich was er mitbekommen hat. Man konnte nur versuchen Klarheit des Blicks und die Gesten zu deuten.... Jedenfalls haben wir ihm auch die ganze Zeit zugeredet, "Du must das schaffen", wir brauchen Dich usw". Jetzt tut es mir leid dass ich nicht den Mut hatte wenn er z.B. mal den Kopf schüttelte auch DARAUF einzugehen und zu fragen "willst Du nicht mehr"....? oder sowas.... sicher wollte ich wirklich dass er es noch einmal schafft aber er hatte einen lebenslangen Horror vor Ärzten und nun lag er dort Woche um Woche auf der Intensiv und wir dachten manchmal abgesehen von den organischen Ursachen seiner mangelnden Wachheit hatte er sich auch absichtlich in sich zurückgezogen, aufgegeben, um das alles nicht mehr ertragen zu müssen. So sah es jedenfalls manchmal für uns aus. Wir sind alle nicht religiös aber ich dachte manchmal ob ich ihm nicht mal den KH-Seelsorger anschleppe, dass der ihm vielleicht mehr seelischen Trost geben könnte als ich es konnte, vielleicht hatte er den Tod schon viel näher gesehen als wir (es wahrhaben wollten)....

Was ich nur sagen will: vielleicht kannst Du Deinem Vater ganz zaghaft anbieten auch darüber zu reden, vielleicht mag er die "Durchhalteparolen" nicht hören.... ich habe es ja genauso gemacht...ich denke jetzt nur immer wieder vielleicht habe ich meinen Vater in seiner Not mit der Todesangst allein gelassen? Ich kann mir vorstellen dass unsere Lieben (wenn sie denn sprechen können) uns nicht damit belasten wollen, vielleicht geht das auch nicht mit dem eigenen Kind, aber vielleicht brauchen sie irgend jemanden dem sie auch das mitteilen können...

Leider habe ich erst hinterher viel über das Thema Sterbebegleitung gelesen. Einiges hätte ich sonst sicher anders gemacht. Ich wünsche Euch ganz sicher dass dein Vater sich wieder erholen kann. Aber was, wenn nicht? Vielleicht kannst Du Dich besser vorbereiten als ich es getan habe.... und wenn es dann nicht (noch nicht) eintritt, umso besser...

Alles Gute + viel Kraft
Kerstin
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