Thema: Für Mama...
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Alt 26.11.2006, 19:49
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Gaby283 Gaby283 ist offline
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Standard AW: Für Mama...

In Memoriam (Heidi *14.06.1951 +26.02.2006)

Mama, heute ist Totensonntag und heute vor 9 Monaten warst du schon fast im Regenbogenland angekommen.

Ich weiß noch genau wie es war, als am So., 26.02.06 um 20:15 Uhr mein Handy klingelte, im Display stand "Hospiz". Mein Herz raste und ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich wusste, nun ist es soweit und ich muss ans Sterbebett meiner Ma. Ich fühlte mich wie in einem fremden Körper, voller Angst, was jetzt auf mich zukommen würde.

Zum Glück war ich in diesem Moment nicht alleine. R. und U. fuhren mich ins Hospiz. Papa war auch noch unterwegs und kam nach. Als wir ankamen sagte die Schwester, dass es dir seit etwa 1 Stunde schlechter geht. Mama, ich hatte solch eine Panik, dich sterben zu sehen. Als ich dann bei dir im Zimmer war und dich röchelnd auf dem Bett liegen sah, wurde ich ruhig und sehr gefasst, irgendwie dachte ich nur noch: Hoffentlich hat sie es bald geschafft!

Deine Hand war schon etwas kalt. Dein Wangen gerötet, nur die Partie um den Mund herum war ganz blass. Die Hospizschwester erklärte mir, dass dies ein Zeichen sei, dass der Kreislauf nicht mehr funktioniert und praktisch ein Organversagen mit sich zieht. Papa und ich hielten deine Hände und streichelten dich, wir haben deine Lieblingsmusik spielen lassen. Gegen 22:15 Uhr wurdest du unruhiger und hast schwer geatmet. Wir haben dann nach der Schwester geklingelt (natürlich war auch gerade noch Schichtwechsel) die schnell kam. Kleiner Schock, sie kam direkt von einer Faschingsveranstaltung in Clownshose. Es war wirklich eine sehr komische Situation. Du liegst im Sterben und die Schwester steht da mit bunter Hose. Es hat ihr Leid getan, aber sie wusste nicht, dass es dir so schlecht geht. Ich empfand es nicht als schlimm, aber völlig irre. Sie sah dich und sagte: Ich sehe schon, ging weg und kam mit einer Spritze zurück. Du bekamst das erste und letzte Mal Morphium gespritzt. 1-2 Minuten später fühlte sie deinen Puls und sagte, dass du gegangen bist. Ich konnte nicht weinen und war immer noch sehr gefasst. Wir blieben noch eine Weile bei dir, bevor wir nach Hause fuhren. Am Montag haben wir uns 3 Stunden von dir verabschieden können. Die Tulpen, die ich dir am Vortag mitgebracht habe, lagen auf deinem Bett. Du sahst schön aus, ohne Schmerz und einfach nur erlöst. Deine Augen waren ganz leicht geöffnet und dein Mund hatte ein leichtes Lächeln auf den Lippen, so als ob du sagen wolltest: Endlich habe ich es geschafft, mir geht es jetzt gut. Die Hospizangestellten sagten, du würdest schelmisch grinsen. Als ich mit dir allein im Zimmer war, hatte ich schon ein wenig Angst. Du warst die erste Verstorbene, die ich je gesehen habe. Ich bin um dein Bett herumgeschlichen und dachte, dass du bestimmt gleich wieder die Augen öffnest. Aber nein, das hast du natürlich nicht gemacht! Ich habe mich getraut, dir einen Kuss auf die Stirn zu geben. Damals habe ich lange gezögert, das zu machen. Heute bin ich froh, es getan zu haben. Ach Mama, es tut so weh, dich loslassen zu müssen. Aber soweit bin ich noch nicht, das braucht noch etwas Zeit, die ich mir nehme. Immerhin haben wir 34 Jahre miteinander verbracht, die ich nie vergessen werde. Unsere Urlaube ohne Papa (ja, er konnte manchmal ganz schön anstrengend sein ) in Italien, auf Kreta...die waren toll. An diese Dinge möchte ich mich immer erinnern, auch noch in vielen Jahren, wenn ich alt und grau bin.

Mama, lass es dir gut gehen dort, wo du jetzt bist. Ich wünsche mir, dass du an einem schönen Ort bist, wo die Sonne scheint, bunte Blumen blühen, die Schmetterlinge fliegen....

Dein Herz
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Wenn ihr mich sucht, sucht mich in euren Herzen. Habe ich dort eine Bleibe gefunden, lebe ich in euch weiter. (Rilke)

Geändert von Gaby283 (26.11.2006 um 19:52 Uhr)
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