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Alt 20.06.2002, 12:11
Gast
 
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Standard Sie will das ich gehe!!

Hallo allerseits!

Ja, ich fand irgendwie, dass so ein Forum hier noch ganz gut reinpassen würde - etwas wo wir Angehörigen Kraft tanken können. Der eine oder andere Tipp, wie man es schafft, sich "am Riemen zu reißen".
Ich wäre nicht böse, falls Du das meinst, wenn Du da auch etwas zu schreibst. Ich weiß aber AUCH nicht, inwieweit oder ob es etwas verändern würde. Ich habe Hemmungen, über MEINE Sorgen zu reden, wo es doch Betroffenen viel schlechter geht (ich glaube aber auch, dass speziell DU viel toleranter bist, auch als so manche Angehörige).
Andererseits hat man ja auch schon gemerkt, dass es selbst bei den Angehörigen so was auslöste wie "Wieso an die Angehörigen denken, man muss an den Betroffenen denken!". Das ist auch gut und richtig so und von mir auch so gemeint. Jedoch geht es ja darum, dass es nicht jeder SCHAFFT, IMMER nur aufopferungsvoll da zu sein, auch wenn er es möchte. Ich frage mich überhaupt, wie es jemand die ganze Zeit schafft - irgendwann ist doch bei jedem mal der Akku leer. Dann braucht man ebenfalls eine "Tankstelle", um wieder Energien zu bekommen. Einfach, weil man auch oft so traurig ist. Dafür muss man sich nicht schämen, meine ich.
Oder vielleicht sind die anderen, denen es nicht so zu gehen scheint (was vielleicht ja auch nicht generell so gemeint war!) einfach stärker oder weiter als ich. Ich hoffe ja, dass ich mit der Zeit lerne zu ertragen (ich finde, es ist mehr als nur ein Akzeptieren). Auch WENN es überhaupt kein Vergleich zu dem ist, was der Betroffene ertragen muss!!! Aber muss man denn überhaupt vergleichen? Das kann man wahrscheinlich überhaupt nicht vergleichen! Natürlich ist es für den Betroffenen schlimmer. Nur, das heißt nicht, dass der Angehörige nicht auch seine Probleme hat (was dem Betroffenen wiederum eher schadet als nützt, besonders, wenn er seine Probleme immer unterdrückt, was der andere ja merkt. Jedoch mit dem Betroffenen kann er natürlich nicht darüber sprechen). Ich fände halt ein Forum gut, in dem man seine Gedanken ruhig mal aussprechen darf, wo man sich auch mal gehen lassen darf, was man sonst ja nie darf. Es geht ja nicht darum zu sagen: "Ich Arme aber auch!", sondern um auch SEINE Ängste zu bewältigen, um sich evtl. gegenseitig zu stärken, vielleicht einfach nur, um jemandem erzählen können, was heute war.

Ich finde, Du musst selber sehen, wo Du was zu schreiben könntest, ich bin da bestimmt nicht sauer!! Du hast hier so gut geholfen, es ist wohl das, was wir uns alle gewünscht haben! Wir würden doch so gerne in unseren Lieben reingucken können, um zu sehen, was er sich wünscht. Es ist so schwer, seine Äußerungen zu deuten.

Das Thema mit dem schlechten Gewissen geht mir auch so! Es ist wohl mehr so im Unterbewusstsein, aber es ist da, dieses Gefühl: "Huch, jetzt habe ich GELACHT, wie konnte ich nur!". Natürlich ist das schrecklich, aber es ist da. Und DAS kann man dem Betroffenen nun wirklich nicht erzählen. Wäre ja irgendwie auch noch schöner, wenn man den Betroffenen noch vollheult. Siehst Du, das geht eben nicht. Man muss dem Betroffenen gegenüber IMMER signalisieren: Ich bin stark, wir schaffen das, das Leben ist schön, positiv denken etc.
Mir geht es oft so, dass ich im entscheidenden Moment WIRKLICH "lustig" sein kann (keine Ahnung, woher die Stärke manchmal kommt, auch wenn ich vorher noch Tränen in den Augen hatte, sie ist auf einmal da und glaube in dem Moment auch daran). Auf dem Nachhauseweg danach strömen dann die Sturzbäche. Auch dafür habe ich mich geschämt, bis ich aber gemerkt habe: Es tut gut. Es ist in Ordnung, ich kann heulen, und danach ist der Druck weg. Danach schaffe ich es auch wieder, mich aufzubauen.

Tja, nur nach außen darf so was nie dringen!
Und für mich war es wichtig, mich mit anderen darüber auszutauschen.

So, nun habe ich hier aber genug losgelassen. Ich bin ja nicht immer so, es sind Momente (es ist eben auch alles neu). Schon für meinen Sohn MUSS ich lachen. Und dafür kann sich kein Mensch in der Welt schämen. Ein Kind hat es verdient. Kinder sind auch direkt und ehrlich und schämen sich nicht dafür.

Was Du über die Terrassen-Geschichte geschrieben hast, hat mir mal wieder klar gemacht, wie nervig diese ganzen gut gemeinten Ratschläge sein können, die der andere vielleicht gar nicht will (fast wie früher in der Kindheit... "Und setz' Deine Mütze auf!"). ;-)
Wenn es aber so ist, dass jemand wirklich nur noch resigniert, BRAUCHT er auch einen sanften Tritt, das glaube ich auch!! Das ist AUCH unsere Pflicht als Angehörige. Auch wir haben es nicht IMMER nur leicht in unserem Leben. Ich will damit - ohne Vergleiche! - einfach nur sagen, jeder kennt Höhen und Tiefen, kennt, wenn auch vielleicht nur im ganz, ganz Kleinen, dieses Sich-Aufraffen-Müssen.

Ich wünsche Euch einen schönen Tag (hier ist es grau, neblig, trüb, uuah!).
Liebe Grüße
Tina S.
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