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Alt 16.03.2007, 16:02
DTFE DTFE ist offline
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Standard AW: Behandlung von Lebermetastasen

Liebe Erle,
gut von dir mal wieder was zu lesen und: Oh je, es kommt mir alles so bekannt vor !!!! Ich versuche jetzt mal im Telegrammstil meine Gedanken zusammen zu packen.
1. Dass du die Sorge um deine Eltern deinen Geschwistern überlässt ist ja wohl selbstverständlich. Das brauchst du jetzt nicht auch noch so nah an dich rankommen lassen. Ich finde es gar nicht beschämend - ich halte es für unbedingt notwendig.
2. Ich kann dir nur unsere Erfahrung sagen: Wir hatten ein ganzes Jahr Familiengespräche (so alle 6 - 8 Wochen eines) und seit Herbst haben wir Paargespräche. Es ist absolut hilfreich und stärkend. Scheue dich nicht. Ideal wäre, dass es jemand ist, der mit Familientherapie und Onkologie vertraut ist. Es kann euch nur helfen - egal wie es weitergeht. Mir wurde schon gesagt, dass eigentlich jeder, der von dieser Krankheit betroffen ist, Unterstützung auch und gerade auf der psychologischen Ebene braucht, weil es einfach massiv erschüttert.
3. Die lieben Kinder: Unser erster ist auch insbesondere antriebsschach. Auch er meinte, er müsse sich erstmal von der Schule ausruhen. Das stünde ihm schließlich zu. Wir gaben ihm klare Vorgaben. Daheim sitzen geht nicht !!!!!! Er muss was tun. Entweder Zivildienst oder FSJ oder Ausbildung, sonst muss er hier Miete bezahlen. Er hat es bei der Musterung dann drauf ankommen lassen obwohl er locker hätte ausgemustert werden können und jetzt ist es Zivildienst. Er wollte eben nicht anders !
Ich versuche mir immer "the worst case" auszumalen und ob ich auch nur ansatzweise damit leben könnte und dann merke ich in vielen Dingen: Okay, wenn ichs mir genau überlege, dann kann ich damit leben und dann muss er die Konsequenzen tragen. Z.B: Lernen aufs Abi in 4 Wochen: Es gibt für ihn noch keinen Grund Panik zu schieben und ernsthaft mit lernen zu beginnen. Sollte er deshalb im Durchschnitt eine halbe Note runterfallen, dann sind halt manche Wege für ihn gesperrt (Wer weiß für was das dann gut ist !!?)
Mach dir keinen allzu großen Kopf und lass dir vor allen Dingen kein schlechtes Gewissen einreden - von wegen dass er das auslebt, was du gerne tätest. Er scheint ja schon immer euer "Problemkind" zu sein und die Jungs müssen und werden !!! ihren Weg finden -vertraue darauf !!!! Auch wenn der vielleicht anders aussieht als wir es uns mal gedacht hatten. (Was hatten wir Eltern uns eigentlich mal gedacht - ich weiß es gar nicht wirklich - man hatte halt so ein unklares Bild oder ? )
4. Eure Wohnsituation: Oh Mann, Erle, diesen Spruch: "Am besten ich geh, dann könnt ihr leben wie ihr es braucht" den kenn ich auch. Aber mal ehrlich: Wenn er nicht aus diesem Haus raus will, dann braucht es diesen Stress jetzt aber auch nicht, oder ? Auch wir wohnen in einer Sackgasse mit persönlichsten Parkplätzen und mehr oder minder angenehmen Nachbarn. Wir sind nur in Miete hier. Wir wollen beide schon lange weg hier, aber wir tun es uns im Moment einfach nicht an. Der richtige Zeitpunkt wird kommen.
Gut, dass ihr (und wir ja auch) diese Zusatzrente haben - das ist so verdammt viel wert, gerade auch für die Kinder Erle, dass das Leben relativ gleich weitergehen kann. Und sind diese Reisen wirklich das, was du oder ihr braucht ?? Sind es nicht die kleinen Momente im Alltag, in denen die tiefe Verbundenheit zum Ausdruck kommt ? Und das glückliche Gefühl, dass er Unternehmungen wie das mit der Cebit in Angriff nimmt, dass eine gewisse Normalität möglich ist ? Stell dir mal den Stress vor - ein Haus aufzulösen !!!
Wäre der Hausverkauf ein gemeinsamer Neubeginn - oder wäre es ein Vorgriff in eine Zukunft, die du nur erahnst (und vielleicht auch zu Recht befürchtest) aber nicht wirklich kennst ? Nimm es mir nicht übel - ich glaube deine Angst zu kennen.
Jetzt ist aus meinem Telegramm auch ein Roman geworden. So ist es hier halt.

Lass dich drücken und melde dich mal wieder !
Liebe Grüße Doro
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