Einzelnen Beitrag anzeigen
  #8  
Alt 17.01.2007, 17:23
Benutzerbild von hope38
hope38 hope38 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 14.05.2006
Ort: norddeutschland
Beiträge: 2.081
Standard AW: arztgespräch zieht mich runter...

Liebe Katrin!
Schleiche schon seit gestern um Dein Posting. Ich weiß nicht, ob ich Dir antworten kann, damit es Dir etwas bringt?!
Ich versuche es mal: Du bist mit einer der ätzendsten Krankheiten konfrontiert, der wir Menschen hier in der Zivilisation ausgesetzt sind. Und Du bist noch jung, in einem Alter, in dem der Gedanke an den Tod gaaaaanz weit weg sein sollte. Aber plötzlich -wusch- haut es einen um, die Keule zwingt Dich zu Boden, der Hauch des Todes umweht Dich. Das tut verdammt weh...

Aus diesem Wirrwarr der Gefühle, das ja in erster Linie aus Ängsten und Schmerzen und Abschieden von Lebensabschnitten und -träumen besteht, müssen wir uns rausholen, jeden Tag auf´s Neue. Supertoll, daß dann ein Arzt kommt und einem solche "tollen" Worte um die Ohren haut und uns dann damit stehen läßt. Und wieder steht man da, spürt den Mantel der Angst um sich und findet die Knöpfe nicht, um ihn abzuwerfen. Wäre das doch nur so leicht, nur manchmal, nur an den dunklen Tagen... Aber so ist das Leben nicht.
Es ist nicht fair, das kann ich so auf den Punkt sagen! Es ist eben so, daß wir Menschen nicht instinktiv leben, sondern daß wir auf die Welt kommen (so wie Du es ja auch schreibst) mit dem guten Gedanken und der berechtigten Hoffnung, 80, 90 Jahre zu leben. Instinktiv zu leben bedeutet in meinen Augen, daß man jeden Tag so nimmt, wie er ist, ohne an das Morgen zu denken. Ich denke, das geht nicht wirklich. Das haben die Tiere uns voraus, nicht wahr? Doch was passiert mit uns, wenn wir mitten im Leben die "rote Karte" zu sehen bekommen? Zu einem Zeitpunkt, an dem wir gerade unseren Kinderschuhen entwachsen sind, an dem wir anfangen, unser Leben "selbst in die Hand" zu nehmen, unsere Pläne und Träume ausleben wollen? Wir fallen ins Bodenlose. Ich kann bei mir sagen, daß ich zum Glück zu gesunden Zeiten enge Netze geknüpft habe zu meinen Eltern, Geschwistern, natürlich zu meinem Mann und meinen 6 kleinen Kindern, die mich nun halten. Ich falle auch oft, aber ich schlage nie unten auf.
Liebe Katrin, Ängste sind wichtig. Aber wichtig ist, ihr, der (Todes)angst, eine Gestalt zu geben, eine kleine, die Du an die Hand nehmen kannst. Sie wird Dein Begleiter sein, sie wird Wege mit Dir gehen. Doch gehe so mit ihr um, daß sie nicht DICH führt. Und laß nicht zu, daß sie Dir auf den Rücken steigt, daß sie Dir die Luft am Hals abdrückt, daß sie Dir die Augen zuhält... Ich habe meine zur Zeit fest an der Hand. Neulich noch stieg sie hoch und es war irrsinnig anstrengend, sie wieder loszuwerden.
Laß auch nicht zu, daß ein anderer Mensch (hier der Arzt) soviel Macht über Dich und Deine Seele bekommt, daß es Dir dann schlecht geht. Die Macht steht ihm gar nicht zu.
Den Vergleich mit dem Alkoholiker finde ich auch sehr treffend. Unser Gegner ist ja nicht der Schnaps, sondern ein ganz fieser, der selbstständig arbeitet. Ein wirklich unfaires Spiel!
Ich lese übrigens oft, daß viele Menschen auch etwas Positives in der Erkrankung sehen. Ich persönlich kann das nicht. Ich werde sie niemals akzeptieren! Rebellisch werde ich dagegen kämpfen !

Tja, schicke ich das Geschreibsel nun ab oder nicht? Ich tu´es einfach...

Liebe Grüße,
hope (39 Jahre, verheiratet, 6 Kinder und erkrankt an Darmkrebs)
Mit Zitat antworten