Einzelnen Beitrag anzeigen
  #5  
Alt 20.07.2002, 20:58
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Wer kann mir helfen?

Hallo Anja

ich glaube nicht, das Dir irgendjemand die Antwort gebe kann.
Denn wer kann sagen, was in einem Menschen vorgeht - wenn er stirbt? Wer kan wissen, ob er Schmerzen hatte oder ob er eine gut funktionierende Schmerztherapie hatte? an wen er gedacht hat, an wen nicht? Hatte er Angst, oder hat er sich auf die Ruhe gefreut?

Ich glaube auch, das jeder Mensch andere Gedanken hat - wenns dann soweit ist. Meine Mutter fiel 3 Tage vor ihrem Tot ins KOma, und schon die Tage vorher hat sie ich nicht einmal mehr erkannt. Das tat sehr weh, ich war 19 Jahre alt, und konnte nicht verstehen, das sie mich nicht erkannt hat. Und ich erkannte sie auch kaum noch, so sehr hatte sie sich verändert innerhalb kürzester Zeit. Und wie sollte ich meinen viel jüngeren Geschwistern erzählen, das die eigene Mutter mich nicht mehr erkannt hat - und ganz sicher auch nichts mehr von der Exsitenz meiner Geschwister wußte. Sie durften sowieso nicht mit ins Krankenhaus.

Meine Schwester hingegen ( starb mit 38 Jahren an BK) ist eine Woche vor ihrem Tot ins KOma gefallen und ist ein paar Minuten vor ihrem Tot noch einmal wachgeworden - und ist dann mit einem erlösenden Lächeln eingeschlafen.

Guck mal, wenn Dein Vater noch 3 Stunden vorher mit Deiner Mutter telefoniert hat, behalte doch das in Erinnerung. Er hat gelacht - du kennst doch das lachen Deines Vaters? Es ist doch eine schöne Erinnerung. Wenn er nicht mehr an Euch gedacht hätte, hätte es das Telefonat nicht gegeben, oder?

Weißt du, ich versuche mir oft die schönen Momente ins Gedächtnis zurückzurufen.. Das Lachen meiner Schwester; das Gesicht meiner Mutter wenn sie ihre unzähligen Versuche, uns 7 Kinder Ordnung beizubringen unternommen hat. Das Gerangel mit meinen 1 Jahr älteren Bruder ( starb kurz vor meiner Mutter ); die unendlichen Versuche meinem Vater dieses widerliche Zigarren Rauchen abzugewöhnen, und die dazugehörigen Tricks.
Ach - irgendetwas fällt mir da immer ein.

Das ich so denke, heißt nicht, das ich auch traurig bin. Heute mehr als früher. Früher mußte ich stark sein, mußt jemand für die Geschwister da sein. Da blieb für mich keine Zeit zu trauern, schwach zu sein.
Heute kann ich es mir erlauben - auch mal traurig zu sein.

Ich vermisse vor allen Dingen meine Schwester sehr.

Ich wünsche dir, das Du mit dem Tot Deines Vaters umgehen lernst - und vielleicht wirklich die schönen Stunden im Gedächtnis behältst.

viele Grüße
elisabeth
Mit Zitat antworten