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Alt 30.04.2006, 23:15
Lillyana Lillyana ist offline
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Registriert seit: 30.04.2006
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Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Liebe Jessie,
zunächst mal möchte ich dir mein Mitgefühl aussprechen. Dein Verlust ist noch sehr frisch.
Meine Mutter ist mittlerweile seit fast drei Jahren tot. (Ich kann manchmal nicht glauben, dass es schon so lang ist; innerlich ist sie mir noch viel näher)
Sie hatte Lungenkrebs und starb im Alter von 60 Jahren. Ich habe das Glück, dass meine Schwester, ihre Schwester (also meine Tante) und mein Vater in der Zeit ihrer Krankheit und nach ihrem Tod Halt beieinander finden konnten und zu einer Einheit geworden sind. Wir sind sehr zusammengerückt.

Nach ihrem Tod sind diese Menschen noch wichtiger für mich geworden, und ich weiß, dass es ihnen auch so geht. Mein Vater ist mittlerweile über 70, und der Tod meiner Mutter hat meine Verlustangst gegenüber meinem Vater verstärkt. Die Eltern sind einfach durch nichts und niemanden zu ersetzen, und jetzt ist nur noch einer von ihnen da!

Mir hat es sehr geholfen, mich damit zu beschäftigen, ob es wohl ein Leben nach dem Tod gibt und somit die Möglichkeit besteht, geliebte Menschen eines Tages "wiederzusehen".
Und ich glaube, man muss sich klarmachen, dass man selbst einfach noch ein Leben hat, dass gelebt und ausgekostet werden will. Man muss trauern und sich zu nichts zwingen, aber nach einer Zeit gilt es, sich dem Leben zuzuwenden. Unsere Lieben würden nicht wollen, dass ihr Verlust uns lähmt.

Was ich fast sofort nach ihrem Tod gemacht habe war, Rituale für mich zu finden. Welche man als wohltuend empfinden, muss jeder für sich selbst erspüren. Ich jedenfalls habe sehr bald ein Amulett gekauft und trage darin jetzt ein Foto meiner Mutter um den Hals. In meinem Schkrank hängen immer noch einige Pullover und Hemden von ihr, die sie oft getragen hat. Und dann habe ich ein Kästchen gekauft, habe einige Fotos von ihr ausgesucht und hineingelegt. Und in einem größeren, sehr hübschen Kästchen bewahre ich ihre Brille auf, ein Halstuch, die Todesanzeige und eine CD mit den Liedern, die auf ihrer Trauerfeier gespielt wurden.
Anfangs ging ich sehr oft auf den Friedhof und habe ein Blümchen hingebracht. Aber es ist nur eine Platte mit ihrem Namen (sie ist verbrannt worden und es ist also ein Urnengrab), und ich kann an diesem Ort keine rechte verbindung zu ihr finden. Aber vielleicht hilft es dir. Auch Briefe oder tagebuch schreiben kann bei der Verarbeitung helfen. Ich denke, es ist die Mischung zwischen "sich dem Schönen im Leben zuwenden" und hemmungslos trauern...

Jetzt wurde der Beitrag doch länger und klingt ein bißchen "naseweis - psychologisch"... Aber ich glaube einfach, persönliche Rituale können sehr helfen.
Viele liebe Grüße von mir!
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