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Alt 16.11.2015, 18:34
Lunacat_91 Lunacat_91 ist offline
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Standard AW: Mitte 20 und anders als alle anderen

Zurück in München. Nachdem es mir letzte Woche so schlecht ging und ich antriebslos und apathisch herumsaß in meinem kleinen Wohnheimszimmer, bin ich am Freitag nach Hause gefahren. Die erste Frage von meinem Papa als er mich vom Bahnhof abholt: Wie gehts? Meine Antwort: "Ja." Einfach nur ja. Es fällt mir selbst auf wie bescheuert das klingt, aber mein Papa fragt nicht nach. Ich versuche es auch nicht zu erklären. Vielleicht will ich nicht, dass es meinen Eltern schlecht geht, wenn sie erfahren wie es mir geht. Das Ende vom Lied ist, dass weder meine Eltern noch meine Schwester erfahren, wieso ich dieses Wochenende unbedingt nach Hause wollte. Konnte ich mich wenigstens etwas entspannen? Nein. Permanent nagt das schlechte Gewissen an mir, weil die Bachelorarbeit liegen bleibt. Es werden wohl viele, viele Nachtschichten werden je näher der Abgabetermin rückt. Und dann? Manchmal habe ich richtig Angst davor, plötzlich keine Aufgabe mehr zu haben. Vielleicht habe ich gerade wegen dieser Angst schon mal einiges für die Zeit zwischen der Abgabe und Weihnachten eingeplant. Zwei Geburtstagsgeschenke von guten Freundinnen "einlösen" (Therme und Massage), Macarons backen in München mit meiner Mama und meiner Schwester, eine Schulfreundin in Dresden besuchen (auch wenn diese Stadt für immer mit Christophs Krankheit verbunden sein wird). Und nebenbei müssen ja Geschenke für die Liebsten besorgt werden. Werde wohl noch ganz gut beschäftigt sein bis Weihnachten... Aber ich merke immer mehr, wie wichtig es ist, mal zur Ruhe zu kommen. Ich glaube, ich bin an einem Punkt angekommen, an dem ich endlich beginnen muss, alles was seit letzten Oktober geschehen ist, aufzuarbeiten und wie auch immer zu verarbeiten.

Ich habe dieses Wochenende Charlotte Links Buch "6 Jahre - Der Abschied von meiner Schwester" gelesen. Ich habe mich so oft darin wiedergefunden (und ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass das jemals so eintritt). Christoph darin wiedergefunden. Es wird nichts beschönigt, nichts durch eine rosarote Brille betrachtet, nichts romantisiert. Es ist ein gutes, sehr empfehlenswertes Buch. Nicht nur für Menschen, die von Krebs in irgendeiner Weise betroffen sind. Es ist ein wichtiges Buch.

Nun bin ich also zurück in München. Diese Woche muss ich produktiv werden. Ob ich kann oder nicht. Mein Betreuer will Ergebnisse, am Mittwoch steht ein Termin mit dem Professor an.
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Now I can´t believe that it´s been five years
Since we both stood here, looking out at this city
With minds so bold and hearts so clear
(First Aid Kit)

Je mehr du gedacht hast, je mehr du getan hast, desto länger hast du gelebt.
(Immanuel Kant)


Christoph (1992-2015) - Ich vermisse dich

Geändert von Lunacat_91 (16.11.2015 um 18:58 Uhr)
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