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Alt 03.10.2006, 14:45
babs_Tirol babs_Tirol ist offline
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Standard AW: Sentinel-Lymphknoten

aerzteblatt.de 29. September 2006

Malignes Melanom:
Wächterlymphknotenbiopsie verbessert Überlebensrate bei positivem Lymphknotenbefund
Santa Monica - Eine Wächterlymphknotenbiopsie (sentinel-node biopsy, SLN) erkennt beim Malignen Melanom okkulte Metastasen viele Monate bevor die Lymphknoten tastbar werden. Dies hat in der größten und wichtigsten Studie zu Melanomen mit intermediärer Tumordicke (1,2 bis 3,5 mm) zu einer verbesserten Überlebensrate jener Patienten geführt, bei denen Lymphknotenmetastasen vorlagen, wie aus der Publikation im New England Journal of Medicine (NEJM 2006: 355: 1307-1317) hervorgeht. Editorialisten sehen dort die Evidenz der SLN-Biopsie gestärkt, auch wenn die SLN-Biopsie das melanomspezifische Gesamtüberleben, primärer Endpunkt der Studie, nicht verbesserte.

Die Multicenter Selective Lymphadenectomy Trial (MSLT) Group begann ihre Studie bereits 1994. Bis März 2002 beteiligten sich in Nordamerika, Australien und Europa (darunter das Klinikum Nürnberg) 1.269 Melanom-Patienten mit intermediärer Tumordicke (1,2 bis 3,5 mm). Sie wurden auf zwei Behandlungstrategien randomisiert. Bei 811 Patienten wurde nach der weiten Exzision des Melanoms eine SLN-Biopsie durchgeführt. War sie positiv, folgte eine sofortige ausgedehnte regionale Lymphadenektomie, bei einem negativen Befund wurde darauf verzichtet. Bei den anderen 511 Patienten wurden die Patienten nach der weiten Exzision engmaschig kontrolliert, zunächst alle 3 Monate, dann alle 4 Monate, dann halbjährlich und schließlich jährlich wurden die Lymphknoten getastet sowie Bluttests und Röntgenthoraxuntersuchungen durchgeführt. Die Lymphadenektomie erfolgte erst, wenn ein Knoten tastbar war.

Der primäre Endpunkt der Studie war das melanomspezifische Überleben. Hier ergaben sich durch die SLN-Biopsie keine signifikanten Vorteile. Wie Donald Morton vom John Wayne Cancer Institute in Santa Monica und Mitarbeiter berichten, waren nach 5 Jahren noch 87,1 Prozent der Patienten nach SLN-Biopsie und 86,6 Prozent im Beobachtungsarm nicht am Melanom verstorben. Anders ist die Situation beim Endpunkt krankheitsfreies Überleben: Im SLN-Arm waren 78,3 Prozent noch am Leben - ohne Hinweis auf Melanom oder Metastasen. Im Beobachtungsarm waren es nur 73,1 Prozent. Auch dieser Unterschied ist gering, selbst wenn die Hazard-Ratio von 0,74 (mit p = 0,009 signifikant) eine 25-prozentige Reduktion dieses Endpunktes anzeigt.

Doch diese Zahlen geben einen unzureichenden Eindruck vom Nutzen der SNL-Biopsie, schreiben die Editorialisten Charles Balch, Baltimore, und Natalie Cascinelli, Mailand (NEJM 2006: 355: 1370-1371). Der Grund: Fünf von sechs Patienten im Stadium mit intermediärer Tumordicke entwickeln nach der weiten Exzision des Primärtumors keine Lymphknotenmetastasen. Diese wurden nur bei 15,6 Prozent der Teilnehmer im Beobachtungsarm gefunden. Im SLN-Arm der Studie waren die Biopsien bei 16 Prozent der Fälle positiv. Dies ist übrigens ein Hinweis darauf, dass die histologische Untersuchung der SLN tatsächlich die Patienten mit regionaler Streuung erkennt. Nur kann niemand vor der Biopsie sagen, welches diese Patienten sind.

In einer Subgruppen-Analyse wurden nur die Patienten mit positivem Lymphknotenbefund ausgewertet. Nach 5 Jahren waren noch 72 Prozent der Patienten am Leben, bei denen der Lymphknotenbefall per SLN-Biopsie entdeckt wurde. Wurde der Lymphknotenbefall erst bei einer der Nachuntersuchungen entdeckt, weil er als Knoten tastbar wurde, lebten nach 5 Jahren noch 52 Prozent der Patienten. Das ergibt eine Hazard Ratio von 0,51 (p = 0,004), also eine Halbierung des Sterberisikos. Die Hazard Ratio auf ein Melanomrezidiv betrug 3,04 (p < 0,001).

Mit anderen Worten: Bei einem positiven Lymphknotenbefund ist die Gefahr einer metastasierten (und damit in der Regel tödlichen) Erkrankung dreimal höher als wenn der Befund erst während der Nachuntersuchungen entdeckt wird. Beide Zahlen sprechen klar für die SLN-Biopsie, welche die Editorialisten auf das Evidenzlevel I heben. Ein wichtiger Vorteil der SLN-Biopsie besteht auch darin, dass sie die elektive Lymphknotenbiopsie abgelöst hat. In der Vergangenheit standen nämlich Ärzte und Patienten bei intermediärer Tumordicke immer vor der schwierigen Entscheidung, ob sie bei allen Patienten die regionalen Lymphknoten ausräumen (obwohl fünf von sechs dort keine Metastasen haben). Die SLN-Biopsie erspart den meisten Patienten diese ausgedehnte Operation. © rme/aerzteblatt.de

Links zum Thema

Abstract der Studie
http://content.nejm.org/cgi/content/short/355/13/1307

John Wayne Cancer Institute
http://www.jwci.org

Interdisziplinäre Leitlinie Malignes Melanom
http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/032-024.htm

Klinikum Nürnberg Dermatologie
http://www.klinikum-nuernberg.de/kli...rma/index.html



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