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Alt 30.12.2009, 09:50
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Hasi1965 Hasi1965 ist offline
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Standard AW: als angehöriger mit der Krankheit klarkommen

Hallo Ihr alle,
liebe Ange,
auch ich habe meine Ma begleitet, so gut ich das in meinem Alltag konnte.
Ja, auch mir ist es schwer gefallen, sie zu lassen. Mit ansehen zu müssen wie sie immer weniger wurde und immer schwächer. Trotzdem aber alles noch selber machen wollte und tatsächlich auch konnte - eben alles etwas langsamer. Erst fast zum Schluss ließ sie dann mehr Hilfe zu , weil sie merkte, dass viele Dinge so nicht mehr gehen.
Es war sehr schwer die Finger stillzuhalten und ihr einfach die Zeit zum Handy greifen oder Tasse wegstellen oder aber auch einfach nur zum Sprechen zu geben. Das Morphium ließ sie in Zeitlupe verstehen und handeln.
Zuletzt auch ganz unnütze Dinge tun ... ich musste es zulassen, andernfalls wurde sie richtig böse. Ich habe mich gefreut, wenn ich irgendetwas tun durfte, weil sie mich darum gebeten hat - endlich konnte ich etwas tun. Ja, am schlimmsten war wohl meine eigene Hilflosigkeit - auch für meine Mutter. Sie musste mit ansehen wie ich weinte, weil ich nichts tun konnte....Ich konnte einfach nicht mehr immer stark sein und dieser Daueroptimismus von Leuten , die Ihren Verdrängungsmechanismus eingeschaltet hatten, konnten wir beide nicht mehr ertragen. Dieses "... das wird schon wieder...."! KOTZ ! Nichts wurde wieder, das war uns klar..... Mam sagte selber "Was soll das ? Es ist doch alles klar und gesagt. Die sollen kommen, sich verabschieden, nicht um Optimismus zu heucheln in einer Situation, die bereits aussichtslos ist." Wo waren diese Leute in der Zeit als es noch Hoffnung gab ? Ganz am Anfang ! Verschwunden, weil man sich ja nicht mit so einer Diagnose auseinandersetzen wollte... Aber auch das mussten wir akzeptieren und verstehen.... Ja, es ist schei...-....schwer als Betroffener, aber eben auch als sekundär betroffener Angehöriger und ja, es ändert sich alles ständig und die Stabilität, die man so sehr braucht, hält immer nur ein paar Tage in diesem Stadium..... Wie froh wäre ich gewesen, die Ärzte hätten irgendwann von einer Remission gesprochen.... nein, im Gegenteil. Sie hatten das Biest zu keiner Zeit unter Kontrolle...Das was mich heute stark macht, ist die Gewissheit, das ich mit meiner bloßen Anwesenheit und dem Gefühl geben da zu sein so viel mehr getan habe, als viele andere. Meine Mam und ich wir sind in großem Frieden und mit viel Liebe auseinandergegangen und ich hätte mir nie verziehen, wenn ich Dinge erzwungen hätte, die sie nicht wollte. Am Anfang habe ich das kurz versucht. Als sie immer wieder sagte, sie wolle das und das machen, wenn sie wieder gesund sei, wollte ich sie bedrängen. Weil ich doch wusste gesund wird sie nicht mehr ! DAS wusste sie auch...ich habe es dann einfach akzeptiert und dann kam sie irgendwann von selber und wir haben noch schöne Spaziergänge gemacht, waren einkaufen oder in der Eisdiele.....
Ja, ich bin froh, das es so gewesen ist.

Liebe Ange, auch wenn Du Dich noch so hilflos fühlst, gebe Deiner Schwiema ihre Freiheit und nimm Du Dir diese auch für Dich - Ihr braucht viel Kraft in der nächsten Zeit. Die wünsche ich Euch von ganzem Herzen ....

Einen guten Start ins neue Jahr mit viel Kraft und guten, liebevollen Momenten !


Ulli


PS für Reinhard: Meine Ma sagte immer bei irgendwelchen verbalen Entgleisungen " das macht das Kortison, da rede ich mich immer um Kopf und Kragen" - ganz ehrlich, so war es auch ;-)
__________________
Meine Mam: * 02.11.1937 - + 02.06.2009
"Wenn Du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es Dir sein als lachten alle Sterne. Weil ich auf einem von Ihnen wohne, weil ich auf einem von Ihnen lache..."
(Der kleine Prinz)

Mein Papa: *04.11.1935 - + 11.05.1993
Sorry, das ich Dich allein gelassen habe.

Mein Bruder:*02.06.1962 - September 1962

Ich werde Euch nie vergessen !

Geändert von Hasi1965 (30.12.2009 um 10:06 Uhr)
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