Thema: Denkfehler?
Einzelnen Beitrag anzeigen
  #19  
Alt 12.07.2012, 08:39
Benutzerbild von Mirilena
Mirilena Mirilena ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 11.05.2011
Ort: Schleswig-Holstein
Beiträge: 1.519
Standard AW: Denkfehler?

Liebe Aqui,

was du beschreibst, das kenne ich auch. Mein Papa ist im Februar gestorben und meine Mama leidet auch sehr unter dem Verlust und hat arge Probleme, zurück ins Leben zu finden bzw. sich mit dem neuen Leben zu arrangieren. Anfangs habe ich ihr wirklich nahezu alles "Äußerliche" abgenommen, was dazu geführt hat, dass sie sich total auf mich fixierte. Ähnlich wie bei deiner Mama. Ich denke, bei euch ist es ja noch sehr frisch... Ihr seid noch in der Trauerphase und wie du schon schreibst, deine Mama ist jetzt allein. Das muss unglaublich schwer sein, wenn man eine so lange Beziehung hatte. Der andere ist einfach Teil von einem selbst und wenn er dann unfreiwillig gehen muss, stirbt man wohl selbst ein wenig mit... Es braucht seine Zeit, bis man mit der Trauer umgehen kann, ohne den Partner zu leben und sich an die neue Lebenssituation gewöhnt. Gib deiner Mutter noch ein wenig Zeit. Ihr beide habt einen großen Verlust zu verarbeiten, doch du trauerst anders als deine Mutter. Du hast deinen Papa verloren, deine Mutter ihren Partner. Noch ist es wahrscheinlich zu früh, aber ich denke, es wäre gut, wenn du deiner Mutter sanft aber bestimmt mitteilst, dass du deinen Vater nicht ersetzen kannst und auch nicht ihr Partner bist. Auch du trauerst und auch du vermisst deinen Papa unendlich. Vielleicht mag deine Mutter sich einer Trauergruppe anschließen. Dadurch hätte sie auch die Möglichkeit, andere Frauen in einer ähnlichen Situation kennen zu lernen und der Austausch mit ihnen würde ihr bestimmt helfen. Du kannst nicht all diese Bereiche abdecken und wie du schon schreibst, du hast auch dein eigenes Leben, deine Träume, deine Wünsche, deine Hoffnungen. Momentan lebst du da auf Sparflamme. Für eine Übergangszeit ist das okay, doch auf Dauer funktioniert das nicht und du spürst dies bereits... Zeit, mit deiner Mutter offen zu sprechen, dass es so nicht weitergehen kann. Du bist für sie da, jedoch nicht rund um die Uhr und ständig und auf Abruf. Vielleicht wirst du damit bei ihr auf Unverständnis stoßen, eventuell wird es Tränen geben, doch um so ein Gespräch kommt ihr beide nicht herum. Bei uns hat es Ostern während des Dänemarksurlaubs geknallt. Da habe ich mich geradezu mit meiner Mutter gefetzt und es wurde laut und schrill. Im nachhinein kann ich sagen, dass es jedoch gut war, dass wir sozusagen beide "explodiert" sind. Es war wie ein reinigendes Gewitter. Es hat zwar auch weh getan und war unangenehm, doch es war rechtzeitig. Danach hat sich vieles für uns beide geändert. Meine Mutter hat akzeptiert, dass ich ihr nicht den Partner ersetzen kann. Ich habe akzeptiert, dass der Verlust für sie ein anderer ist als für mich, dass sie schwerer daran trägt und mehr Zeit als ich benötigen wird. Sie weiß, dass ich ihr jederzeit helfe und immer für sie da bin, wenn sie mich braucht, aber dass sie nun auch lernt, allein zu sein. Wir schaffen das gemeinsam recht gut! (Ich bin übrigens 42, meine Mutter wird im august 70 und ich habe eine 14jährige Tochter, bin jedoch allein erziehend). Meine Mutter reakitiviert ihre Freundschaften, ist aufgeschlossen für neue Begegnungen, so werden wir im September an einem Trauerseminar teilnehmen. Daher möchte ich dich nur ermutigen, mit deiner Mama offen zu sprechen. Es funktioniert...

Alles Liebe
Miriam
__________________
Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
Mit Zitat antworten