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Alt 01.03.2013, 15:28
Andrea1979 Andrea1979 ist offline
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Standard AW: Kleinzelliges Bronchialkarzinom - verzweifelt

Liebe Nina!

Nein, du bist nicht gefühlskalt geworden. Ich hatte, bzw.habe noch immer das gleiche Gefühl. Ich konnte auch nicht so wirklich trauern. Ich warte nach 6 Monaten noch immer auf den Zusammenbruch.

Oft beschäftige ich mich damit warum ich das nicht habe und komme dann immer wieder zu zwei Punkten. Der eine ist das mein Verstand sich einschaltet, "auch wenn ich jetzt total viel weine, bringt es meinem Papa leider nicht mehr zurück, also warum soll ich den Schmerz zulassen?!" Der andere Punkt ist, ich glaube wenn ich den Schmerz einmal so richtig zulasse, so das ich ihn nicht logisch wegdenke, dann habe ich Angst mich nicht mehr einzukriegen.

Ich denke soooo oft an meinen Papa, es vergeht kein Tag. Ich denke so viel an die Zeit mit ihm, so viel an die letzten Tage mit ihm. Oft erwische ich mich leider auch bei Situationen wo ich nochmals meinen Papa angerufen habe, das ich mir für eine Millisekunde denke, "ich Ruf Papa an"! Und dann kommt sofort der Gedanke, "Wie kann ich das auch nur eine Millisekunde denken, er ist nicht mehr da, wann schnalle ich das endlich?!"

Ich spüre ihn so oft an meiner Seite. Manchmal höre ich sogar seine Worte, da denke ich mir dann oft, "okay, jetzt werde ich verrückt."

Ich habe auch sofort wieder funktioniert. Viele rund um mich meinten das wird dich mal einholen. Bis jetzt zum Glück noch nicht, und ich hoffe es kommt auch nicht mehr.

Ich habe meinen Papa sooo sehr geliebt. Das einzige was schlimm für mich ist, ist wenn eines meiner Kinder wegen dem Opa weint. Zu Weihnachten ist mein zweiter, er ist 10 am Grab von meinem Papa zusammengebrochen, da habe ich dann so sehr geweint. Aber mein Mann und meine anderen drei Kinder haben uns dann alleine gelassen am Grab. Wir haben uns so richtig ausgeheult. War eine riesiger Schmerz, aber es hat auch gut getan.

Ich war auch in dem Moment wo mein Papa gestorben ist nicht da. Ich war am Vortag noch bei ihm. Er war sogar noch duschen bevor ich ins kh gekommen bin. Wir waren dann noch mit dem Rollstuhl unten eine Rauchen. Dann haben wir noch Ur viel gequatscht im Zimmer oben. Dann habe ich ihm noch ein Packerl von der flüssignahrung von der Schwester geholt. Dann bin ich gegangen. Habe ihm noch ein Bussi gegeben. Er hat mir als ich das Zimmer verlassen habe noch gewunken. Ich bin dann drei Schritte gegangen, dann kam kurz der Gedanke, geh nochmal zurück. Habe ich auch gemacht. Er saß im Bett, habt mich nochmal angesehen und mich angelächelt. Ich habe ihm dann noch einen Kuss geschickt, dann bin ich wirklich gegangen.

Am Abend haben wir nochmal telefoniert. Am nächsten Tag wollte ich zu ihm fahren, eigentlich erst am Nachmittag. Habe mich aber gleich in der früh fertig gemacht, Kinder in den KIGA gebracht. Und da kam dann der Anruf vom kh. Ich soll schnell kommen, es geht ihm plötzlich nicht gut. Ich sofort nach Wien. Ich kam zu spät. Mein Onkel war zwar ungeplanter weise bei ihm, aber ich war nicht da. Ich denke mir oft, mein Papa wollte das so, trotzdem beschäftigt mich der Gedanke auch. Ich habe mich dann zwar noch von ihm verabschiedet, aber ich konnte ich weinen. Ich glaube ich hatte eigentlich einen Schock, denn ich war mir voll und ganz bewusst, dass mein Papa sterben wird, aber an diesem Tag habe ich absolut nicht damit gerechnet.

Entschuldige Nina, ist ein längerer Beitrag geworden als geplant. Ich hoffe du kannst daraus lesen das es mir ähnlich ging/geht wie dir.

Alles liebe, andrea
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Mein Papa (53)
16.05.1959 - 29.08.2012+
Diagnose kleinzelliger Lungenkrebs am 14.06.2011
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