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Alt 14.04.2014, 23:08
Annett Lx Annett Lx ist offline
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Beitrag Diagnose Brustkrebs - Und plötzlich ist alles anders...

Du findest einen Knoten in deiner Brust und spürst sofort, diesmal ist es anders, denkst gleich, diesmal ist es Krebs. Ich weiß nicht, warum ich in diesem Moment als ich diese knubbelige Erbse an einem Samstagmorgen vor ungefähr 4 Wochen in meiner rechten Brust entdeckte, dieses Signal von meinem Körper bekam. Ich beschäftige mich seit Monaten in meinem Unterbewusstsein mit der Thematik Krebs. Warum? Warum beschäftigte ich mich mit einer Krankheit, die mich selbst nicht betrifft – mich aber wahrscheinlich sehr betroffen machen würde.

Eine Woche vergeht, weil ich einfach keine Zeit habe, um zum Arzt zu gehen. Meine Freundin und meine Arbeitskolleginnen sind am Schimpfen, ich solle das doch endlich abklären lassen. Ist es wirklich aus Mangel an Zeit oder einfach nur ein Hinauszögern aus Angst vor der Wahrheit?
12.3.14, ich bin gesundheitlich sehr angeschlagen, grippaler Infekt und ich habe nun Zeit, um auch mal bei meiner Gynäkologin „hallo“ zu sagen.
Sie bestätigt mir ohne lange Umschweife meinen Tastbefund und überweist mich zur Mammasono. Da hätte ich ohnehin Anfang April einen Termin, dass ich evtl. früher dran komme, wagt meine Ärztin zu bezweifeln. Puhhh….bis Anfang April noch warten, das ist zu lang, das geht an die Psyche. Also nicht lang warten, auf geht’s in die Radiologie, bissel auf Psycho gemacht und schwubs es hat geklappt. „Sie können gleich hier bleiben“, sagt die „freundliche“ Schwester an der Rezeption. Mir ging es total schlecht, ich hatte Fieber, noch nichts gegessen und dort saßen gefühlte 20 Menschen im Wartezimmer. Aber Wunder gibt es ja bekanntlich immer wieder und nach nicht mal 10 Minuten höre ich eine wirklich freundliche Stimme meinen Namen rufen. Ich mach mich nackig, zumindest obenrum, und lege mich auf die Pritsche. Frau Dr. W. betritt in gewohnt düsterer Stimmung den Untersuchungsraum, spricht ganze 4 Worte und klatscht mir das kalte Ultraschallgel auf meine kleine (immerhin C-Körbchen) zarte Brust. Ich hasse es, wenn Ärzte während der Untersuchung nichts sagen, sich nicht mitteilen, den Patienten quasi auf dem Untersuchungstisch an Unwissenheit verrecken lassen. Ihre Gesichtszüge sprechen Bände, ich habe kein gutes Gefühl. Ja, da ist neben den vielen mir ja bekannten Fibromen ein neues „Fibrom“ hinzugekommen, dass sie mir empfiehlt, entfernen zu lassen. Es gehört da nicht hin und fühlt sich ja auch unangenehm an. Ja das tut es in der Tat. Ok, wie geht’s weiter? Befund geht zu meiner Gynäkologin, ist frühestens Montag da. Montag? Das sind fast 4 Tage….prima, total menschlich, ist ja kein Problem, ich steck das locker weg.

17.3.14. ich fahr wie gewohnt pünktlich 7.00 Uhr in die Praxis zur Arbeit. Halb 9 kann ich bei meiner Gyn anrufen. Ich rufe auch Punkt 8.30 Uhr an, aber der Befund ist noch nicht da. Ich habe 9.30 Uhr eine Termin bei der Ärztin, soll auch kommen. Die Schwester würde sich den Befund vorab faxen lassen. Wie innovativ im 21. Jahrhundert.
9.15 Uhr auf geht’s zur Befundbesprechung. Naja was soll meine Gynäkologin nun noch sagen, sie kann mir ja im Prinzip nur den Befund aus der Radiologie vortragen und mir eine weitere Empfehlung geben. Was sie ja dann auch tat. Sie empfiehlt mir, den ollen Knoten entfernen zu lassen. Da hat sie natürlich meine vollste Zustimmung. Wir vereinbaren gleich telefonisch eine Termin für die nächste Mammasprechstunde im Krankhaus, die dann allerdings erst am 24.3.14 ist. Wieder eine Woche warten.

Die Woche über war ich ganz entspannt, lenke mich mit meiner Arbeit in der Zahnarztpraxis gut ab, denn dort habe ich keine Zeit zum Grübeln. Habe auch ehrlich gesagt nicht den Hang dazu. Warum bin ich nur so furchtbar abgeklärt?

24.3.14 endlich 12.30 Uhr Mammagespräch bei der Chefärztin persönlich. Gründliche Untersuchung mit Ultraschall und vielen Erklärungen. Endlich mal eine Ärztin, die mit mir redet. Fühlt sich gleich viel besser und behüteter an. OP-Termin am Donnerstag? Dann ist der Befund am Freitag schon da. Ja, ja, ja – so schnell wie möglich, raus mit dem ekeligen Knubbel. Narkosegespräch auch gleich mit dem Anästhesisten erledigt. Ich bin startklar.
Meiner Chefin habe ich prompt mitgeteilt, dass ich ab Donnerstag erst mal ausfallen werde. Wie lange ist ja noch nicht bekannt, aber bei guter Heilung der Wunde meinte die Schwester max. eine Woche.

27.3.13 – 5.45 Uhr aufstehen, nix essen, nix trinken – alle schlafen noch.
7.00 Uhr muss ich im Krankenhaus auf der Station seines, ambulante OP – bei gutem Verlauf Entlassung am späten Nachmittag oder Freitag. Julian ist extra gestern Abend heim gekommen, um sich um Johanna und Jowina kümmern zu können und natürlich auch um mich, wenn ich wieder zu Hause bin.
Damit damit die anderen noch schlafen können, schleiche ich mich 6.40 Uhr leise aus dem Haus und fahre mit meinem Auto selbst in die Klinik. Auto kann dann dort stehen bleiben, holen wir es eben morgen ab, denn heut darf ich ja wegen der Narkose nicht mehr fahren.

Auf der Station angekommen, werde ich auch gleich nett empfangen und bekomme sogleich mein sexy OP-Hemd übergeben. Moment mal Schwester….äh wann bin ich dran? „9.15 Uhr ist geplant“. Super, dann hätte ich jetzt gern gleich meine Beruhigungstablette, sonst sterbe ich vorher. Ich bin aufgeregt und angespannt. Ich habe immer so ein blödes Gefühl vor einer OP, ich mag das einfach nicht, wenn ich so ausgeliefert daliege, völlig hilflos und nicht mitbekommen, was die Ärzte und Schwestern womöglich noch für Witzgen über mich machen (aber so schlecht seh ich für mein Alter und nach 2 Geburten nicht aus). Der schlimmste Moment ist die Einleitung der Narkose, wenn du so pö a pö das Gefühl hast, dass dein Gehirn sich verabschiedet. Gesagt getan, Tablette runter und ab ins Bett.
8.30 Uhr werde ich schon geholt, bin total entspannt und kann noch mit locker witzigen Sprüchen die Schwestern zum Lachen bringen. Sogar auf den OP-Tisch kann ich noch selbst klettern, allerdings dann weiß ich nichts mehr, bis auf den Fakt, dass ich meine Arme zur Seite lege und Blutdruck gemessen wird.
….Und plötzlich liege ich leicht verwirrt wieder in einem weichen Kissen. Wie? Kissen? Was ist hier los? Ahhhhh…..ich bin schon fertig, ich habe es schon überstanden? Durch meine vorhandenen Sehschlitze versuche ich dir große weiße Uhr an der Wand zu entziffern. Es ist exakt 9.57 Uhr. Geschafft! Hurra, ich bin wieder da, ich liege in der Wachstation und mir geht es den Umständen entsprechend gut. Gegen 10.30 Uhr geht es zurück ins Krankenzimmer.
Ich schlafe erst mal eine Runde, das tut gut.
Dann kam die Chefärztin, die mich auch operiert hat. Ich habe schon entdeckt, dass ich einen Drainageschlauch habe, das bedeutet also heute keine Heimkehr. Sie teilte mir mit, dass alles gut verlaufen ist, der Knoten ist vollständig entfernt, morgen kommt der pathologische Befund und dann kann ich nach Hause. Klar, wenn es weiter nichts ist. Kann ich eine Nacht ausschlafen und mich erholen. Finde ich ohnehin besser nach so einem Eingriff. Ich finde diese ambulanten OP’s mit einer Vollnarkose sehr fragwürdig. Schließlich kann immer etwas Unvorhersehbares passieren und von daher finde ich eine Übernachtung immer besser.

28.3.13
Die Nacht war nicht so prickelnd, durch die frische OP-Narbe und den Drainageschlauch waren die Liegepositionen doch sehr begrenzt. Dementsprechend macht sich auch mein Rücken bemerkbar. 7.20 Uhr Morgenvisite froh gelaunt und guter Dinge. Ich merke an, dass ich froh bin, wenn ich endlich den Befund habe. Die Chefärztin ist total zuversichtlich und meint, dass es doch mit dem Teufel zugehen würde, wenn hier eine böse Überraschung kommt. Mein Gefühl ist erst beruhigt, wenn ich den Befund schwarz auf weiß lese.

11.15 Uhr die Chefärztin Frau Dr. M. kommt zu mir, schon als sie das Zimmer betritt, sehe ich ihr an, dass die Nachricht, die sie mir gleich überbringen wird, keine gute sein wird. Ihr Blick sieht traurig und mitfühlend aus. Dann der Satz: „Frau Laux, ich muss Ihnen leider mitteilen, dass es doch Brustkrebs ist.“ Ich habe es geahnt, gewusst, gespürt, die ganzen Wochen über, doch jetzt wo mir die Diagnose mit absoluter Gewissheit um die Ohren fliegt, haut es mich um und ich fange bitterlich an zu weinen. Als ob es eine telepathische Übertragung gäbe, kommt im selben Moment mein Mann zur Tür herein. Ich weine und weine und weine. Mir schießen so viele Dinge durch meinen Kopf. Ich bin 43 Jahre und habe nicht vor diese Erde in nächster Zeit von unten zu sehen. Beruhigende Worte durch die Ärzte lassen mich wieder gefasst werden und nehmen mir meine Todesangst. Ich bin stark, ich schaffe es, ganz sicher. Doch kann ich das alles überschauen, was mich erwartet, wie viel Kraft werde ich aufbringen müssen, stark sein für mich und vor allem für meine Kinder.
Die Ärztin teilt mir mit, dass ich noch heute eine zweite OP vor mir habe, weil das umliegende Gewebe um das entfernte Karzinom noch befallen ist und der pathologische Befund nicht zufriedenstellend war. Puh….noch eine OP. Na gut, was muss, das muss.
Habe ich die erste OP überstanden, wird auch bei der zweiten alles gut gehen. 14 Uhr geht’s los.
Alles ging wieder ganz schnell, kaum bin ich rein in den OP lag ich auch schon wieder im Aufwachraum. Ich scheine die Narkose relativ gut wegzustecken, so dass ich auch gleich wieder in mein Zimmer geschoben werde. Nun habe ich zwei Drainageschläuche und höllische Schmerzen. Die Ärztin erklärt mir dann, was sie gemacht hat. Das Gewebe wurde wie besprochen entfernt doch gleichzeitig auch die zwei Lymphknoten (die sogenannten Wächterknoten), da diese oft befallen werden und dann den Krebs weiterstreuen.

30. März 2014

Es ist 7.20 Uhr, ich sitze auf meinem Krankenbett, schaue aus dem Fenster, lausche den vorbeifahrenden Autos, freue mich über die ersten zarten Sonnenstrahlen, die langsam hinter dem gegenüberliegenden Plattenbau aufsteigen. Alles scheint so friedlich, alles wie immer. Doch das ist es nicht.
Heut ist der 30.03.2013, unserer 1. Hochzeitstag und mein 3. Tag an dem ich mit der Diagnose Brustkrebs klar kommen und leben muss. Julian meinte gestern, es wird noch viele Hochzeitstage für uns geben. Recht hat er!

Donnerstag, 27.03. – OP-Tag
7 Uhr Ankunft, OP-Hemd an, Tablette geschluckt und ab ins Bettchen und warten bis es los geht. Die OP ist gut verlaufen, habe eine Drainage bekommen und muss deshalb einen Tag länger bleiben. Der pathologische Befund kommt auch erst Freitag.

Freitag, 28.03.
Visite am Morgen, vertreibt Kummer und Sorgen. Sie Chefärztin, Frau Dr. M., sagt, dass ich sicher gegen Nachmittag nach Hause kann. Ich äußerte meine Bedenken wegen des noch ausstehenden Befundes, doch sie machte mir Mut und sagte, dass der pathologische Befund sicher keine böse Überraschung für mich bringen wird.

11.20 Uhr, die Chefärztin betritt mein Zimmer, ihr Gesicht sieht merkwürdig, ja fast traurig aus. Sie sagt: „Frau Laux, ich muss ihnen leider mitteilen, dass der pathologische Befund überraschend doch positiv ist – es ist doch Brustkrebs!
Rumms, Bumms, Knall…jetzt, wo ich die Gewissheit habe, breche ich in Tränen aus. Dabei habe ich es doch geahnt, gespürt, meine innere Stimme hatte es mir immer wieder gesagt.
Fast zeitgleich mit dem Verkündigen des Befundes, stand Julian in der Tür. Er kam wie gerufen, er mein lieber Mann und mein Halt in diesem fast unerträglichen Moment. Es kreisen so viele Gedanken in meinem Kopf, wie geht es jetzt weiter, was wird mit den Kindern, plötzlich ist das diese Todesangst in mir.
Ein weiteres Gespräch mit der OÄ folgt, sie erklärt mir alles ganz ruhig und detailliert und nimmt mir auch ein Stückweit meine Todesangst. Ich will leben! Meine Kinder, mein Mann, meine Familie, meine Freunde – ihr braucht mich doch alle und ich euch auch.
Gleich heut um 14 Uhr folgt eine weitere OP.Das Gewebe um das Karzinom herum sowie zwei Lymphknoten (die sogenannten Wächterknoten) sollen entfernt werden. Oh je, nochmal Narkose, wieder Schmerzen. Ich kann nicht verstehen, wie sich so viele Frauen freiwillige einer Brust-OP unterzeihen. Ich finde die Schmerzen schlimmer als eine Geburt.
Zweite OP gegen 14.30 Uhr auch gut überstanden. Nun habe ich zwei Drainageschläuche, die diesmal sehr schmerzhaft sind. Alles tut weh jede Bewegung, liegen, kein Schmerzmittel hilft.
Ich denke nun oft daran, wie ich wohl ohne Haare aussehen werde, denn die folgende Chemo und Bestrahlung bringen ja nun mal den Haarausfall mit sich.

Sonntag, 30.03.
Visite ist durch, ich werde heut von den Drainagen befreit und die Flexüle kommt auch raus. Endlich mehr Beweglichkeit ohne Schmerzen. Ich schwöre, ich bin nicht wehleidig, aber ich hätte lieber noch 3 Kinder zur Welt gebracht als den Schmerz nochmal ertragen zu müssen. Beim Entfernen der Drainagen schossen mir unwillkürlich die Tränen ins Gesicht, ein Schmerz so unbeschreiblich, ich war dem Schreien nah. Puh….überstanden, tief Luft holen, jetzt bloß nicht schlapp machen. Alles überstanden, ich fühle mich wie neu geboren, so völlig schmerzfrei.
Herrliches Frühlingswetter, die Sonne lacht, 20°C.

Montag, 1. April

Leider kein Aprilscherz, was mir von der Chefärztin offenbart wurde. Der pathologische Befund war auch diesmal nicht ok und somit stand mir OP Nr. 3 bevor. Ich kann es kaum glauben, bleibe aber auch diesmal erstaunlich gefasst. Positiv ist einzig, dass bei der 2. OP die Wächterlymphknoten entfernt wurden und somit nicht mehr befallen werden können.
Meine innere Stimme hatte auch diesmal wieder recht, denn gestern Abend schrieb ich meiner Freundin und meinem Mann eine SMS: „Ich habe irgendwie das Gefühl, dass es morgen keine guten Nachrichten gibt“.

Dienstag 2. April
Vor der OP nochmals eine Ultraschall-Untersuchung, ich tastete einen „Knoten“ in der linken Brust. Vorsorglich wurde das abgeklärt. Nun denn, es wurde dabei neben der bereits 2x operierten Stelle ein weiterer Knoten gefunden, der nun ebenfalls bei der 3. OP entfernt werden soll.

Donnerstag, 4. April

Der „erlösende“ pathologische Befund….Nach der 3. OP ist nun sämtliches befallenes Gewebe entfernt.

Nun bin ich seit über einer Woche zu Hause. Meine erste Chemo ist am 12. Mai. Bis hierhin trage ich alles ziemlich gefasst, was mich oftmals selbst schockiert. Ich habe das Gefühl, ich kann besser mit meiner Situation umgehen als meine Mitmenschen.
Letzte Woche habe ich mir meine Haare abschneiden lassen von lang auf ganz kurz, von schwarz auf dunkelrot. Was soll‘s, bevor sie mir alle ausfallen, und das werden sie spätestens nach der 2. Chemo, wollte ich nochmal was verrücktes, was anderes tragen. Ich fühl mich wohl damit und ich denke, dann ist der Übergang zum absoluten Kahlschlag nicht ganz so krass.
Ich habe Angst vor der Chemo, das kann ich nicht abstreiten. Doch vielweniger um mich, sondern vielmehr darum, wie es hier zu Hause weitergehen soll. Mein Mann arbeitet 600 km entfernt von Montag bis Freitag, ist nur am Wochenende zu Hause. Keine Großeltern mehr und auch sonst wenig Auswahl an Hilfe. Aber es muss ja weitergehen und ich werde kämpfen, für mich, meine Kinder und meinen Mann…

Geändert von gitti2002 (15.04.2014 um 00:29 Uhr) Grund: PN
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