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Alt 17.08.2004, 12:07
Gast
 
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Standard Wie soll man reagieren?

Liebe Monika !
Danke für Deine einfühlsamen Worte ... eigentlich wollte ich DICH ja trösten und Dir Mut zusprechen.
Die Bindung "Mutter-Kind" ist wahrscheinlich die innigste die es gibt, daher trifft einen der Verlust meist mitten ins Herz. Beide Elternteile durch Krebs zu verlieren ... es tut mir unendlich leid für Dich. Es gibt viele Sprichwörter, die stimmen. Aber das Sprichwort "Zeit heilt alleWunden", es trifft wirklich nicht. Je näher man einem Menschen stand, desto größer ist der Verlust und die Trauer. Ich bin sicher, daß einen eine bestimmte Form der Trauer ein Leben lang begleiten wird/kann.

Mein Papa ist nicht an Krebs gestorben. Woran wissen wir nicht. Meine Mom war damals schon krank, sie kann oder will sich nicht erinnern. Er lag 1en Tag auf der Intensiv. Als ich ihn das letzte Mal sah war er u.a. an der Lungenmaschine angeschlossen. Es sah aus, als ob er atmen würde. Ich wußte nicht, daß die Maschine ihn beatmete, daß er schon tot war. Um den Sterbegrund zu erfahren, hätten wir ihn obduzieren lassen müssen. Das wollten Schwester und ich nicht. Es hätte kein Grund der Welt unseren Schmerz gelindert.

Meine Mom ist am Steele-Richardson-Syndrom erkrankt. Diese Krankheit hat Alzheimer- und Parkinson-Züge kombiniert mit einer Muskellähmung (ähnlich MS). Medikamentös nicht zu stoppen, nur die Parkinsonzüge sind etwas eindämmbar mit einem entsprechenden Medikament. Sie lebt seit ca. 1em Jahr in einem Pflegeheim. Ich bin nicht in der Lage sie zu pflegen; das geht über meine Kraft hinaus. Den Verfall zu beobachten ... aber was rede ich. Du hast ja wesentlich schlimmer erfahren, was ein "Verfall" bedeutet.

Meine Schwester hat Osteomyelofibrose; seit ca. 20 Jahren. Sie ist im Mai 41 J. geworden. Medizinisch gesehen ist sie ein Wunder - menschlich auch !!! Vor 2 J. lag sie 3 Monate im KH mit einem Minimum-HB von 2,9 und ohne Leukos, zeitweilig kontra-isoliert. Sie konnte aber trotzdem noch langsam auf dem Gang spazieren gehen oder durfte mit nach unten in den Garten. Für die Ärzte dort in Wunder. Ich wollte immer so stark sein, ihr in dieser schei.. Zeit Mut machen, versuchen meine Kraft auf sie zu übertragen ... und dann mußte ich doch vor ihr weinen. Sie nahm mich in den Arm und tröstete mich .... auch heute noch macht sie mir Mut ! Ihr mangelte es immer an körperlicher Kraft - mir nicht. Dafür würde ich gerne mental so stark sein wie sie, ihre Krankheit akzeptieren können, so wie sie es kann, ihren Optimismus besitzen und ihren Lebensmut. Ich bin mir sicher, ohne diese Eigenschaften wäre sie vor 2 Jahren gestorben. Derzeit geht es ihr ganz gut. Neben ihren Medikamenten therapiert sie sich selbst. Sie fährt Farrad (teilweise 40 km/Tag), lernt jetzt Französisch für einen Frankreichtrip nächstes Jahr, hat Stricken im Abendkurs gelernt (trotz oder gerade wegen der Gelenksteifigkeit) malt, werkelt oder geht auch schwimmen. Sie ist Rentnerin und steht mitten im Leben. Sie ist einfach großartig, die beste Schwester die es gibt. Sie einmal gehen lassen zu müssen ... daran darf ich nicht denken - das wird mir das Herz brechen.

Alles Liebe - Angy
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