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Alt 22.11.2014, 21:21
Norma Norma ist offline
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Standard AW: Brustkrebs und die Arbeit...

Tief seufz und Achtung: langer Beitrag...

wenn ich das alles hier so lese, habe ich offensichtlich den (für mich) einzig richtigen Weg beschritten; den unbarmherzigen, knallharten und nervenaufreibenden Weg in... die Rente.

In einer Woche kann ich den 13. Jahrestag seit der Diagnose (29.11.2001) "feiern". Da war ich 47 Jahre alt, stand mitten im Leben, berufstätig, Haushalt, Kinder, Tiere und eine pflegebedürftige Mutter.
Mein Tag bestand aus 18 Stunden Arbeit und 6 Stunden Schlaf... 7 Tage die Woche.

Am Tag der endgültigen Gewissheit, dass sich in meiner Brust ein 5 cm großer Tumor breit gemacht hatte, gab es außer Verzweiflung keine anderen Gedanken.

Aber als der Verstand langsam wieder einsetzte, wusste ich genau (nicht ahnte, ich wusste es mit Gewissheit), was mir blühen würde, wenn ich wieder am Arbeitsplatz erscheinen würde. Nämlich genau DAS, was hier bereits geschrieben wurde: Null Verständnis, null Toleranz, null Rücksicht.

Das ungeschriebene Arbeitsgesetz lautete: Wer gesundgeschrieben ist, IST gesund, sonst wäre er krankgeschrieben. Wer aber gesundgeschrieben ist, hat auch volle Leistung zu bringen. Basta.
Wiedereingliederung? Mit so etwas hätte ich erst recht die kleinen süßen "Mobbing-Lächler" auf den Plan gerufen.

Wenn es so etwas wie "Hilfe vom Himmel" gibt, so kann ich im Nachhinein sagen: Ich erhielt sie während der gesamten Therapie-Zeit (14 Monate, einschließlich Reha).

Das änderte sich schlagartig, als die ersten beiden Zeitrenten-Jahre vorbei waren und die Verlängerung anstand.
Ab da begann ein wahnsinniger Renten-"Krieg" und oftmals habe ich gedacht, das schaffe ich nicht mehr. Ich war psychisch und physisch ausgelaugt, kaputt, fertig.

Und... wie auch hier schon beschrieben wurde, jede Aufregung zog körperliche "Missstände" nach sich, die überhaupt nichts mit der Krebserkrankung zu tun hatten. Es sind zu viele, um die alle aufzuzählen.

Fakt ist nur, dass mein Körper mir immer wieder unmissverständlich klar machte: Bis hierher und nicht weiter.

Was diverse Renten-Gutachter für unglaubliche Äußerungen von sich gegeben haben; wie sie versucht haben, mich als Simulantin, als arbeitsunwillig, als faul, als Rentenkasse-Plünderin etc. hinzustellen... darüber könnte ich ein Buch schreiben.

Die zweite Reha, angeordnet von der Rentenkasse, habe ich dann nicht mehr durchgehalten. Da kam der völlige Zusammenbruch nach etwa 12 Tagen. Dieses enorme Pensum an Therapien von morgens früh bis spätnachmittags, war endgültig zu viel.

Und doch war es genau diese Reha, die dazu führte, dass der lange 7-jährige Rentenkampf zu Ende ging.

Immer, wenn ich dann solche Threath´s wie diese lese, sind die Emotionen kaum noch beherrschbar.
WAS tut man schwerkranken Menschen alles an? ICH kann kein Verständnis für irgendwelche (wenn auch unbedachten) Äußerungen oder Anklagen gegen eine Krebskranke am Arbeitsplatz haben.
Ich kann auch nicht nachvollziehen, dass man eine Krebskranke für Mehrarbeit verantwortlich macht.
Ebenso wenig verständlich, wie man verlangen kann, dass Krebskranke genauso viel zu leisten haben, wie Gesunde.

Wir hier sind alle NICHT gesund und werden es auch nie mehr werden.

Ich gelte auch nach so langer Zeit als "In Vollremmission befindend" und nicht als gesund. Meine Krankenkasse hat sich darüber noch nie beschwert und sie wird wissen, warum.

Was eure aktuelle Arbeits-Situation angeht, kann ich leider nicht helfen. Wenn ich könnte... würde ich es tun.

Was ich aber machen kann, ist, meine volle Solidarität zu bekunden.

Merkt euch: Krebskranke haben ein Recht darauf, so viele und so lange Arbeitsauszeiten in Anspruch zu nehmen, wie sie selbst es für nötig erachten.

BASTA.



Liebe Grüße
Norma
Diagnose Brustkrebs Nov. 2001
Diagnose Darmkrebs Juni 2007 bei meinem Mann

Geändert von Norma (22.11.2014 um 21:27 Uhr)
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