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Alt 30.09.2007, 18:28
claudia15476 claudia15476 ist offline
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Standard AW: la follia della realtà

hallo ylva!

ich bin , ehrlich gesagt, über deine tagebuch hier "gestolpert", auf der sache nach einem anderen.....
aber ich habe mir deine ganzen zeilen von anfang bis ende durchgelesen...und ich möchte dir etwas sagen...
ich bin 31...und mein paps hatte vor 3 jahren prostatakrebs...ich muß gleich vornweg sagen, dass ich ein arges "papa-kindchen" bin...zwischen meinem paps und mir braucht es keine großen worte und wir wissen was los ist..
es war einen tag vor meinem geb. damals, als er die diagnose bekam...ein "glücksfall"...um ehrlich zu sein, denn ER war es, der die vorsorgeuntersuchung wahrgenommen und (teuer- da diese ja immer noch nicht von den kk übernommen werden!) bezahlt hat.
er hat es mir erst NACH meinem geb. gesagt..er wollte, dass ich diesen tag genieße...wobei ich das schon lange nicht mehr wirklich mache, da jedes jahr um meinen geb. etwas schlechtes passiert...
nunja...er hat damals 2 behandlungsmethoden zur "auswahl"... und man merkte, dass er "anders" war...
ich selber habe zu dieser zeit auch nicht mehr zuhause gewohnt...aber war meist an den sa-abenden zuhause, weil wir dann alle zusammen (mit mama, bruder und oma) zu abend gegessen haben....
ich weiß noch, als ich damals mein heißgeliebtes ketchup auf den tisch stellte und mein paps irgendwas abwertendes dazu sagte und ich meinte : aber ketchup ist gut gegen krebs! (das hatte ich mal im tv gehört) ...in dem moment bin ich zusammengezuckt...ich hab mich irgendwie total dumm gefühlt, dass ich das gesagt hab...es war nicht mal auf meinem paps bezogen...in dem moment hab ich an seine erkrankung nicht gedacht..es war etwas, dass mir als "verteidigung" meines ketchups in den sinn kam...aber ich WEISS HEUTE noch wie ich mich in dem moment gefühlt habe...
ich hab mich in dieser zeit zurückgezogen...habe kaum mit meinem paps geredet...ich konnte nicht...ich wollte ihm soooo viel sagen...ich wollte ihm sagen, dass er das einfach schaffen muß...dass ich nicht OHNE ihn weitermachen möchte...dass er doch einfach da sein muß, wenn sein "mädchen" irgendwann mal heiratet ....dass er einfach da sein MUSS, wenn ich ihn wieder brauche....
ich KONNTE es nicht...
er wurde 2x operiert und ich hatte jedesmal frei...er wollte nicht, dass wir in der uni warten...also verkroch ich mich zu hause..bis der anruf von meiner mama kam, dass alles gut gelaufen ist...ich hab ihn auch in der uni besucht...und bin jedesmal danach raus und habe geweint...ich konnte und wollte es nicht glauben, dass MEIN PAPS...mein STARKER paps da im bett lag...schwach..zwar immer noch mit nem kleinen lustigen spruch auf den lippen...aber er lag da...er konnte nichts machen...er war so hilflos...und ich konnte NICHTS machen...
danach ging es für ihn auf reha/kur ....er war 4 wochen weg...und ich war kein einziges mal dort.
ich habe ihn angerufen....aber ich war nicht dort.
ICH KONNTE NICHT....ich kann es nicht erklären..ich konnte einfach nicht.
und das schlimmste war, dass ich alles in mich hineingefressen habe...
dann kam weihnachten..mein paps war wieder daheim...es ging ihm besser...er erholte sich und es ging bergauf...aber diese angst...sie hat immer noch in mir gesteckt....und am weihnachtsabend saßen wir alle zusammen am tisch beim essen...und von einer auf die andre sekunde habe ich angefangen über das alles zu reden, was in mir steckte...ich fing an zu weinen...ich war fertig....
man mag jetzt vielleicht denken, ich hätte das weihnachtsfest "ruiniert", aber im grund genommen waren wir alle uns so nahe wie die ganze zeit vorher nicht.
denn jeder sprach dann über die gefühle und gedanken....und später am abend hat mein paps mit mir alleine nochmal gesprochen und hat mir auch gesagt, dass er genau wußte, dass ich ihn besuchen wollte aber nicht konnte...dass mich ein schlechtes gewissen plagte...aber er mir NIE böse war...denn für IHN wäre es gut gewesen, allein zu sein....aber er bat mich auch, in zukunft über meine gefühle zu sprechen...egal wie schwer es sein möge...ich solle nichts mehr in mich hineinfressen....

ich weiß, dass ist ne määäächtig lange antwort...und ich hoffe, du verstehst ein bissl, was ich dir sagen möchte...egal, wie es dir geht....was auch immer du für gedanken haben magst...REDE DARÜBER...und versuche auch mit deiner mama darüber zu reden...es ist SO WICHTIG! ...ich hoff so sehr für dich, dass deine mama es auch schafft...aber bitte, sag ihr wie du dich fühlst...zeig es ihr...sprich über deine gedanken und gefühle....ich weiß, es hört sich vielleicht böse an, aber...vielleicht ist es irgendwann zu spät ...diesen gedanken hatte ich auch immer...ich hatte eine riesige angst...aber im nachhinein war ich soooo froh, dass ich mit meinem paps über alles gesprochen habe.
mein vater hat auch immer gesagt, dass er nicht mit "samthandschuhen" angepackt werden mochte...er bräuchte kein mitleid...denn mitleid würde ihm nicht weiterhelfen.
und ich muß dir sagen er hatte recht.
ich selbst hatte in den letzten 3 wo. 2 ops...wg. einer bösartigen zellveränderung am gebärmutterhals...und ich habe von ANFANG AN (nov06) immer wieder gesagt, dass ich KEIN MITLEID möchte...lieber einen "arschtritt" wenn ich mich in meinem kleinen schwarzen loch verstecken möchte...

ich kann dir das alles nur schreiben und erzählen wie es mir mit meinem papa ging...ich hoffe, ich hab dir iiiiiiiiiiiirgendwie weiterhelfen können...und dir einen kleinen ansporn geben können....!?
ich wünsch dir auf jeden fall ALLES ALLES LIEBE und VIEL KRAFT für die zukunft!!! du bist eine starke...das merkt man daran wie du schreibst..auch wenn du evtl. öfters mal denkst, du wärst schwach.....SCHAU UND HÖR IN DICH...DU HAST STÄRKE!!!!

und zum schluß geb ich dir die zeilen MEINES lieblingsliedes noch mit auf den weg...und sie sollen dir zeigen, dass man NIE alleine ist:

"was wir alleine nicht schaffen, das schaffen wir dann zusamm...
..dazu brauchen wir keinerlei waffen , unsre waffe nennt sich unser verstand!"


claudia
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