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Alt 19.07.2001, 10:31
Gast
 
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Standard Bauchspeicheldrüsenkrebs

Liebe Christiane,

die Prognose "nur noch wenige Monate" von den Ärzten zu bekommen, ist grauenvoll. Uns wurde das mit kurzen, trockenen Worten im August letzten Jahres mitgeteilt. Anfang November 2000 ist meine Ma gestorben.

Ich weiß nicht, was für ein Mensch Deine Mutter ist. Schau sie Dir genau an, sei offen und sensibel für sie, dann wirst Du merken, was ihr jetzt gut tut. Vielleicht mag sie gerade in der ersten Zeit nach der Diagnose nicht sprechen? Dann signaliere von Deiner Seite Gesprächsbereitschaft, aber drängel sie nicht. Vielleicht will sie aber auch reden, immer und immer wieder, hat kein anderes Thema, will nicht abgelenkt werden. Deine Mutter wird entscheiden, was ihr gut tut. Am meisten helft Ihr ihr sicherlich, wenn Ihr ihre Entscheidungen respektiert, für sie da seit und ihr Eure Liebe zeigt.

Ärzte können sich irren und ich finde, Prognosen, die sie abgeben, sind nur für eines gut: Man kann rechtzeitig einige Dinge in die Wege leiten, die für Deine kranke Ma vielleicht in absehbarer Zeit wichtig werden.

Sprich mit den behandelnden Ärzten darüber, was man jetzt tun kann, damit es Deiner Ma so lange wie möglich gut geht. Aber frage auch, was im schlimmsten Fall auf sie zukommen könnte. Lass Dich nicht abwimmeln. Meine Ma war in den letzten Wochen ihres Lebens pflegebedürftig. Die Ärzte haben uns nicht von alleine darauf hingewiesen, dass dieser Fall eintreten könnten. Wir waren natürlich damals mächtig naiv, aber wem ist das zu verdenken, wenn man sich mit dem möglichen Tod der Mutter auseinandersetzen muss. Wären wir besser informiert gewesen, hätten wir uns besser und rechtzeitig um geeignete Ärzte und Hilfe kümmern können.

Sprecht mit Eurem Hausarzt darüber, was er in der Lage ist zu leisten und wo seine Grenzen sind. Versuche einen niedergelassenen Arzt zu finden, der sich in der Schmerztherapie auskennt (sollte es in Eurer Stadt ein Hospiz geben, ist das häufig eine ganz gute Anlaufstelle. Die betreuenden Ärzte kennen sich mit solchen Frage aus, können weiterverwise oder machen zum Teil auch selbst Hausbesuche). Klärt in der Familie, was ihr selbst leisten könnt, ob sich eventuell jemadn Urlaub nehmen kann. Und erkundigt Euch vielleicht auch schon mal nach einem Pflegedienst in Eurer Nähe.

Das hört sich jetzt für Dich wahrscheinlich alles ganz furchtbar an. Aber in unserem Gesundheitssystem geht quasi nichts von heute auf morgen, außer vielleicht ner Einlieferung ins Krankenhaus. Meine Mutter wollte aber nicht mehr ins Krankenhaus. Und dass es für den Hausarzt mitunter ein Problem darstellt, alles für eine intravenöse Ernährung zu besorgen und dass das dauert, wussten wir damals nicht. Uns war auch nicht klar, dass ein Hausarzt natürlich nicht ausreichend Erfahrung in Sachen Schmerztherapie mitbringt.

Ich weiß aus Erfahrung, wie unbeschreiblich schrecklich es ist, jeden Morgen mit dem Gedanken aufzuwachen, dass die Mutter sterben wird. Ich weiß auch, dass Deine Ma und Du und Deine Familie jetzt mehr benötigt als rein praktische Hilfe. Aber wenn der Alltag organisiert ist, Deine Ma schmerzfrei ist und die Hilfen bekommt, die sie vielleicht benötigen wird und haben möchte, dann bleibt Zeit für die so wichtigen Gespräche und Momente der Nähe.

Ich wünsche Euch alles Liebe und viel Kraft für die kommende Zeit!

Josefine
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