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Alt 11.07.2012, 16:27
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milki1 milki1 ist offline
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Standard AW: Wirkung von Topocetan bei Hirnmetas

Liebe Tina,

heute einmal nicht per PN, das würde wahrscheinlich die maximalen Zeichen in meinem Postfach sprengen.

Wie Du weißt, hat mein Vater vor 6 Jahren auch den Kleinzeller gehabt. Jedoch nicht lmtd. dis. sondern ext.dis. da bereits Metastasen in der Leber vorhanden waren. Es gibt daraufhin verschiedene agressive Varianten der Einstiegschemo um dem Haupttumor und den Metastasen sowie den Schläferzellen, die sich immer wieder sehr schnell teilen so richtig den Garaus zu machen. Natürlich auch um wenigestens im ersten Durchlauf eine Vollremission zu erreichen. Bettina hat ja bereits geschrieben, dass man bei nachfolgenden Behandlungen dann nicht mehr davon ausgehen kann und dem muss ich leider zustimmen.

Sobald eine Metastasierung vorliegt, kann es sich nicht mehr um eine kurative Behandlung (auf Heilung) handeln. Dies kannst Du auf jedem Überweisungsschein nachlesen, dort wird dann ganz klar bei Art der Behandlung palliativ (lebensverlängernd, schmerzstillend) angekreuzt, was eigentlich schon besagt, dass es keine Heilung mehr gibt, jedoch auch nicht, dass man sofort sterben muss!!!!
Das Beispiel hierfür hast Du ja bereits angeführt, denn auch hier gibt es Ausnahmen!

Ich verstehe jedoch nicht, dass Euch beim Auftreten des Rezidives nicht gesagt wurde, dass eine Heilung zwar nicht mehr möglich ist, der Kleinzelller aber sehr chemosensibel ist und durch die Chemogabe (solange der Allgemeinzustand es zulässt) in Schach gehalten werden kann?

Die Vorgehensweise entspricht soweit ich dies bei Deiner Mutter mitgelesen habe in gewisser Weise schon dem Standard. Ebenso, dass kein MRT mehr bei normalen Kontrolluntersuchungen gemacht wird.

Hier kommt es auf die Krankenkasse an, die ja besagte Überweisungen zum Abrechnen vorliegen hat und die Kosten für weitere MRT´s bei palliativer Behandlung eines Kleinzellers (dies gilt nicht bei langsam wachsenden Zellen) vermutlich nicht übernehmen würde.
Sollte Deine Mutter Privatpatient sein, wird sie hier eher Glück haben. Denn ein MRT ist natürlich weniger belastend als ein CT. Wobei ein Mediziner hier vermutlich eh den Kopf schütteln würde, da es auf diese Strahlenbelastung dann auch nicht mehr ankommt, wenn man bereits in Chemo- und / oder Strahlentherapie steckt.

Wir wollten damals ein PET haben um zu erkennen, welche Organe "alle" befallen waren, aber die Krankenkasse sagte uns zu den Kosten, daß wir diese selber übernehmen müssten, da durch die schnell teilenden Zellen vermutlich der ganze Körper schon allein durch die Schläferzellen beim metastasierenden Kleinzeller leuchten würde. Das würde keinen Sinn machen, da sich die Behandlung nun nach den auftretenden Sympthomen richtet.

Wenn Deine Mutter z.B. wieder starke Kopfschmerzen hat, wird ein Kopf-MRT gemacht um gegebenenfalls dort mittels Gammaknife oder Bestrahlung zu handeln. Hat Sie dann Rücken,- Knochen,- oder Beinschmerzen wird man ein Knochenszintigramm machen um bei Befall eine direkte Bestrahlung in die Wege zu leiten damit nicht ein Knochen, Wirbel etc. bricht. Danach wiederum wird sich dann die Therapie richten und die Zytostatika zusammengesetzt werden. Dabei wird auch immer darauf geachtet, dass mindestens 6 Monate zwischen einem bereits einmal gegebenen Zytostatikum liegt bevor man es nocheinmal verabreichen würde, damit dieses auch wieder wirken kann. Denn der Kleinzeller "lernt" und kann resistent werden.

Da bei Deiner Mutter bis jetzt zum Glück keine weiteren Regionen mit Metastasen auffällig sind, gehen sie vorerst nicht mit einer agressiven Chemokeule vor, sondern versuchen mit dieser einmaligen Gabe und den dazwischen liegenden Pausen, den bestmöglichen Rückgang zu erzielen. Es ist hierbei höchste Priorität, dass Deine Mutter so lange wie möglich einen sehr guten Allgemeinzustand behält. Auch der seelische Zustand spielt hierbei eine große Rolle!

Daher ist es wichtig gewesen, dass Ihr ALLE einen unbeschwerten Urlaub genießen konntet. So etwas gibt Kraft und eine positive Einstellung ist in diesem Kampf um Lebensqualität und Lebenszeit das Wichtigste! Sei daher nicht böse auf den Arzt, dass er nicht komplett ausgeführt hat, wieviel cm der Metastase auf dem CT noch zu sehen sind. In erster Linie wird ihm am Wohlbefinden seiner Patientin gelegen haben und sie konnte so wieder richtig auftanken!

Unser Arzt sagte einmal zu mir, es ginge nicht mehr um den Haupttumor, der ist das geringste Problem. Die Metastasen sind das Hinterlistige an dieser Krebsart und diese gilt es mit dem geringstmöglichen Aufwand zurückzudrängen, denn sonst würde nicht der Krebs sondern die Chemo meinen Vater umbringen.
Diese ist in den Nebenwirkungen nicht zu verachten. Soviel wie nötig, so wenig wie möglich!

Vielleicht solltet Ihr aber überlegen, ob es nicht ratsam wäre, Eure Mutter bei den nächsten Gesprächsterminen zu begleiten.

Ich hoffe und wünsche Deiner Mutter, dass die Chemo gut anschlägt und dass sie ihre Hoffnung nicht verliert, sowie die Kraft weiterzukämpfen. Wenn Ihr Euch nun trefft, so versucht trotz aller Sorge, den Tag miteinander
zu genießen, zu quatschen und zu lachen. Davon kann man zehren, es gibt Zuversicht und lässt die Zukunft wieder heller wirken!

Liebe sonnige Grüße,
Milki
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