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Alt 29.10.2005, 21:00
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

habe eine neue TV-Bank bei Ikea erstanden und heute aufgebaut Ich weiß genau, sie würde dir gefallen. Ein neues Stück in meiner (früher unserer) Wohnung. Noch immer ist es ein reißender Schmerz,wenn ich merke, daß es nun nicht mehr unsere Wohnung ist. Als ich gleich nach deinem Tod begann, die Wohnung zu verändern, um darin ein neues Leben beginnen zu können, war es noch verhältnismäßig leicht. Aber nun fast 6 Monate danach, fällt mir jedes Stück, das ich verändere furchtbar schwer.

Gaby hat nun, nach dem Tod ihres lieben Franz, einen neuen Mann in ihrem Leben gefunden und ich wünsche ihr alles Glück der Welt. Ich für meinen Teil muß meine Trauer ausleben, nein eigentlich "ertragen", und ich weiß heute schon, daß dies viele Jahre dauern wird. Aber ich hatte dich ja auch 39 Jahre meines Lebens und du warst die Liebe meines Lebens. Ich glaube nicht, daß ich wieder einen Mann lieben werde nach dir. Aber eines weiß ich genau, ich könnte niemals aber wirklich niemals mit einem anderen Mann in unserer Wohnung leben. Ich ertrage es schon kaum allein, aber ein fremder Mann und wenn ich ihn auch lieben würde, das könnte ich nicht ertragen. Unsere Tochter hat, wegen der Umbauarbeiten in ihrem Haus, nun einige Tage bei mir geschlafen. Sie fand die Matratze in meinem alten Bett zu hart. Als ich meinte, sie könnte doch in meinem (früher deinem) Bett schlafen, erklärte sie mir, das könne sie nicht. In "Dad's" Bett zu schlafen würde sie nicht über sich bringen. Nachdem du gegangen warst, habe ich zuerst auch nicht in deinem Bett liegen können, später jedoch war es ein Trost für mich. Ich fühlte mich dir näher.

Ich frage mich oft, ob du einverstanden wärest, daß ich hier so intime Dinge aus unserem Leben schreibe. Ich weiß, du hast bei anderen Menschen nie viele Worte über dein Leben zuhause verloren. Aber ich muß die Dinge auch mal loswerden und kann unsere Tochter nicht noch mehr zumüllen. Ich weiß, das war eine blöde Äusserung, denn wir sprechen jeden Tag über dich und ich weiß, sie leidet genauso wie ich. Sie hat dich doch so sehr geliebt.Und wir beide wissen, daß wir bis mindestens Juni nächsten Jahres nicht wieder normal leben werden. Ab 17. Dezember werden wir nochmal jeden Tag diese furchtbaren und schrecklichen und für uns schlimmsten Jahres unseres Lebens durchstehen müssen.

Nun geht es auch Ekki aus "Ich pack's" sehr schlecht. Er tut mir so leid, ich konnte noch nicht mal ein paar tröstende Worte für ihn schreiben. Ich denke immer an uns, als wir die aussichtlose Diagnose erhielten. Wie schrecklich ist es für die ganze Familie. Frau und Kinder denken: Wie schrecklich, wir werden ihn verlieren. Wir müssen stark sein und ihm helfen und nicht merken lassen, wie schlecht es uns und ihm geht. Der Mann denkt: Ich will mein Leben nicht verlieren , ich habe Angst. Ich muß stark sein und darf meine Familie nicht belasten. Beide Aussagen sind richtig und doch falsch. Man sollte miteinander bangen und weinen und hoffen und lieben. Ich hoffe, daß Ekki nun viel mit seiner Frau redet, über glückliche vergangene Zeiten und die Restzeit. Schrecklich diese Wort: Restzeit. Man weiß es und hofft, es geht noch ewig und hofft doch, daß das Leiden des Liebsten bald ein Ende hat. Es ist ein Zustand, den man auch seinem ärgsten Feind nicht wünschen würde.

Ich liebe dich und freue mich, daß es dir nun besser geht und ich weiß, daß das so ist. Nachdem ich dich seit Tagen nicht mehr in "unserer" Wohnung spüre, weiß ich nun auch warum. Carina (mit ihrem Umbaustreß) ist wirklich total fertig und erzählte mir heute, daß sie von dir geträumt hat. Unsre Träume von dir kann man an einer Hand abzählen, aber sie kommen immer, wenn einer von uns total fertig ist. Sie träumte, daß du in ihr Zimmer kommst, in dem sie schläft, und meinst: "Komm steh auf ich lade dich zum Sarcletti zum Eis ein." Sie war sehr überrascht und auch glücklich, dich zu sehen.

Mein geliebter Mann, nun ist es fast ein halbes Jahr, seit du uns verlassen hast und es scheint erst gestern. Meine Trauer verändert sich, aber es gibt immer noch Tage, da hören die Tränen nicht auf zu fliessen. Aber ich weiß nun, alles mußte so kommen und du hast deinen Frieden gefunden und wir werden unseren auch noch finden. Du bist fern und doch so nah und solange wir dich spüren, bist du bei uns.

Ich liebe dich unendlich und für immer

Delia
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