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Alt 21.01.2005, 22:02
Gast
 
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Standard Keine Hoffnung

Lieber Daniel,
ich kann Dich gut verstehen, weil auch mein Vati ins Krankenhaus eingeliefert wurde und als er schon im Krankentransport war sagte der Arst mir, ich solle mir keine Hoffnung mehr machen. Als ich am nächsten Morgen gegen 6:00 Uhr ins Krankenhaus kam war er über Nacht ans Bett gefesselt worden, musste auf dem Rücken liegen obwohl er sein ganzes Leben auf der Seite geschlafen hat. Warscheinlich war er dem Personal zu unruhig.

Glücklicherweise hatten wir eine Betreuungsvollmacht im Vorab gemacht. Ich habe ein Gespräch mit dem Stationsarzt verlangt.Mann hatt bereits wieder alle Maschienen abgemacht an denen er am ersten Tag noch hing. Also wollte ich wissen, was man im Krankenhaus für ihn tun könne, was nicht zu Hause auch möglich wäre. Keine Antwort war auch eine Antwort.

Darauf habe ich mich an eine Sozialstation gewandt, die mir innerhalb kürzester zeit (2 Stunden) ein Pflegebett mit Dekubitusauflagen und Ständer für die Magensonde gebracht haben. Dann habe ich die Entlassung von Vati verlangt. Das ging nur auf eigene Verantwortung, falls er auf dem Transport nach Hause sterben sollt. Der Transport ging gut.

Wir haben uns dann am Bett abgewechselt und Vati war tagsüber im "normalen" Alltag im Wohnzimmer noch mit dabei. Auch als er dann schon so schwer geathmet hat und Aussetzer hatte. Wir haben dennoch am Bett mit ihm gesprochen, gesungen, gebetet und idese allerletzte Zeit genutzt ihm unsere Liebe, Zärtlichkeit und Fürsorge zu erweisen.

Nachdem wir mit der Hausärztin entschieden hatten auch die Magensonde zu entfernen (um das Leiden nicht unnötig zu verlängern), haben wir ihm den Mundraum und die Lippen noch häufig befeuchtet. Anfangs war es für alle sehr schwer dies alles zuhause mit anzusehen.

Jetzt nachdem Vati eingeschlafen ist war die Aussage meiner Kinder und Schwiegerkinder, meines Bruders und seiner Frau: "Es war schwer aber genau richtig so." Wir haben erfahren dass das Sterben zum Leben dazu gehört. Es soll nicht "abgeschoben" in einem anonymen abgeschotteten Raum geschehen sondern im Kreis lieber naher Menschen.

Nachdem ich für Vati gebetet hatte, dass Gott seine Engel senden möge um seine Seele abzuholen und nicht zulassen soll dass er in der Finsternis verloren geht hat Vati seinen letzten tiefen Athemzug gemacht. Wir haben uns dann richtig viel Zeit genommen die ganze Familie (auch die "Kleinen") um das Bett zu versammeln um uns von ihm zu verabschieden. Erst danach haben wir die Abholung durch das Beerdigungsinstitut vereinbart.

So war es uns möglich die Trauer und den Schmerz leichter zu verarbeiten. Wir haben erfaren das so ein Abschied etwas Wertvolles und Gutes ist, was uns tief und warm im Gedächtnis bleiben wird.

Viel Kraft und Mut für Dich
Sonni
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