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Alt 24.03.2012, 07:42
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Meine liebe Mum hat Lungenkrebs im Endstadium...und fast nichts ist,wie es mal wa

Liebe Sylvia,
genau die richtige Einstellung!!! Und wenn du wirklich mal ganz biestig zu deinem Mann warst, kannst du dich ja auch entschuldigen. Ich war teilweise richtig ekelhaft zu Thorsten, weil ich den Eindruck hatte, dass ihn mein Vater gar nicht interessiert. Thorsten hat es in den knapp 5 Wochen Krankenhausaufenthalt am Ende nicht ein einziges Mal geschafft, meinen Vater zu besuchen... Das hat mir weh getan und wenn er mir dann immer sagte: "Grüß deinen Papa ganz lieb von mir!" hätte ich ihm eine reinhauen können... Jedes Mal hatte er eine andere Ausrede, warum er nicht mitkommen konnte. Irgendwann habe ich ihm gesagt, mir sei es egal. Er müsse mit seinen Entscheidungen leben und ich könne ihm nur empfehlen, sich die Zeit zu nehmen, um meinem Papa Lebewohl zu sagen. Sonst wäre es demnächst zu spät und dann könne er das nur meinem toten Vater sagen! Peng, das hat gesessen. Immerhin hat er es dann doch noch geschafft, sich von ihm zu verabschieden.
Reden war auch ein Problem, er hat mich nie gefragt, wie es Papa geht, wie es uns geht damit. Aber wohl nicht, weil es ihn nicht interessierte, sondern weil er ganz arge Probleme mit dem Thema Krebs, Sterben und Tod hat. Seltsamerweise hat er aber immer im Büro seine Kollegen auf dem Laufenden gehalten oder sie haben sich dazu ausgetauscht.
Ich habe Thorsten in einigen Momenten echt gehasst, verachtet und mich innerlich weit, weit entfernt. Eigentlich habe ich sogar die ganze Beziehung in Frage gestellt, aber dann kam die Wende. Als Papa im Sterben lag, war Thorsten da. Er war ganz lieb zu meiner Mama, zu Helena und auch zu mir. Er hat sich gekümmert und ich musste ihm versprechen, dass ich ihn anrufe, wenn etwas passiert. Habe ich auch am 21.02. morgens um 4 Uhr getan. Und als die Trauerfeier war, da war er auch sehr präsent. Im Hintergrund zwar, aber er hat uns drei Frauen gestützt. Das war seine Art, mit der Situation umzugehen und er trauert auch auf seine Weise. Das habe ich jetzt erkannt und dann kann ich auch wieder Nähe zulassen.
Ich weiß ja auch, dass ich manchmal eine richtige Kröte sein kann...
Und dein Mann tut halt auch auf seine Art, was er kann und dass er dir den Rücken frei hält, ist eine schöne Geste. Und deine große Tochter ist auch wunderbar! Bestimmt freuen sich die Großeltern immer, wenn sie dort ist und sind ganz stolz auf sie!
Und du hast so recht, liebe Sylvia! Wir haben uns verändert... Die Krankheit verändert uns. Irgendwie kommt es mir so vor, als wären wir auf einer anderen Bewusstseinsstufe. Und da muss man bisweilen aufpassen, dass man gegenüber anderen die Geduld wahrt. Das hat meine Trauerbegleiterin auch gesagt. Wir sind da einen Schritt weiter als viele andere, die dieses Thema weit von sich schieben. So schwer das alles ist, es bringt uns weiter und mach uns vollständiger und "erwachsen".
Wie geht es deiner Mama momentan? Kann sie sich ein wenig am schönen Wetter erfreuen?
Ganz liebe Grüße
Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
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