Thema: Ein Jahr...
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  #16  
Alt 14.01.2010, 13:57
Stefans Stefans ist offline
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Beiträge: 426
Standard AW: Ein Jahr...

Hallo,

Zitat:
Zitat von Morgana Beitrag anzeigen
Ich glaube Hund liebt Dich dafür!
Der liebt mich sowieso - genau so sehr wie ich ihn - seit den etwa 5 Sekunden, die wir im Tierheim brauchten... vom ersten Blickkontakt bis zum Pakt: "Wir gehören lebenslang zusammen"

Unser Killerkätzchen sprüht vor Charme. Ist eine ganz kleine zierliche, ein Karthäuser-Mischling, blaugrau mit weissen Socken und grünen Augen. Kann aber auch ganz böse gucken (siehe unten) und Hündchen, wenn er zu aufdringlich an ihr rumschnüffelt, mit einem Tatzenhieb eine blutige Nase verpassen. Zu der hatte ich bis wenige Monate vor dem Tod meiner Frau nie richtig Kontakt, weil das Fenster, das für sie offen war, halt im Schlafzimmer meiner Frau war. Seither ist es das Fenster in meinem Zimmer, und nach und nach habe ich die lieben gelernt.

Obwohl sie eine echte Dorfkatze ist. Im Sommer, wenn ihr Fenster immer auf ist, sehe ich die oft tagelang nicht. Irgendwann kommt sie aber schon mal vorbei, das merke ich spätestens daran, dass frische Mäuse auf meinem Bett liegen (wenn ich Glück habe, leben sie nicht mehr, sind aber noch nicht halb aufgefressen) oder das Futter im Napf etwas weniger geworden ist...

Im September ging's mir nicht so gut, da war ich mit Hündchen recht kurzfristig eine Woche im Urlaub am Meer. Killerkätzchen habe ich da mit etwas schlechtem Gewissen einfach für 7 Tage ausgesperrt. Aber kaum war ich wieder da, saß sie schon auf der Fensterbank und wartete auf Einlaß. Auch eine treue Seele

Zitat:
Zitat von Morgana Beitrag anzeigen
Du hättest nicht mehr tun können, Du hättest nichts anders machen können. Ja, es schmerzt daran zu denken.
Vielleicht ist es normal (bei mir ist das zumindest so), dass man sich an die Momente, in denen man "versagt" hat, länger / belastender erinnert als an die anderen? Gerade vorhin habe ich eine CD von Horst Evers, Kabarettist, gehört, wo er irgendwo sagt: "Ich dachte daran, mich umzubringen. Aber die Vorstellung, dass davor vielleicht mein ganzes Leben an meinem geistigen Auge an mir vorbei zieht, hat mich davon abgehalten."

Im Ernst: ich denke, ich kann mit dem Tod meiner Frau auch deshalb im Großen Ganzen recht "selbstzufrieden" leben, weil ich da (und die Zeit vorher) eben nicht versagt habe. Und mit Versagen und Schuldgefühlen kenne ich mich als Depri schon lange gut aus.

Zitat:
Zitat von HelmutL Beitrag anzeigen
Warum Hunde allerdings den Schnee lieben ist mir ein Rätsel. Obwohl ich bereits oft ebensolches beobachten konnte.
Wenn der Schnee in dicken Flocken von oben kommt, kann ich's ja noch verstehen: da will jede Schneeflocke einzeln gejagt und erlegt werden. Aber auch so will ich mich nicht beschweren: gibt es einen Menschen, dem man beim Schneeschippen hundert Schaufeln Schnee auf den Kopf kippen kann, und der sich jedes einzelne mal wie Hölle darüber freut und versucht, das meiste davon aus der Luft zu fangen und aufzufressen

Zitat:
Zitat von HelmutL Beitrag anzeigen
Ein grosses Problem mit neuer Partnerschaft ist ja auch das: der/die Andere hat genau wie wir ihre Eigenarten, Ecken und Kanten, Gewohnheiten, die er/sie nicht aufgeben möchte/kann. Wir alle sind nicht mehr so biegsam wie vor vielen Jahren. Sah man in der Jugend über so manche Eigenart der Partnerin oder des Partners hinweg oder gewöhnte sich eben daran, so wird das mit zunehmendem Alter immer schwieriger. Auch in der Hinsicht wird man müde und will nicht mehr.
Genau so. "Damals" waren wir jung, dynamisch, flexibel. Als ich mich in meine Frau verliebte, habe ich keinen Gedanken daran verschwendet, wie das werden wird. Zukunft? Wird sich schon irgendwie ergeben! Das ist heute bei mir grundlegend anders. Meine Zukunft basiert auf dem, was ich mir erarbeitet habe - und behalten möchte. Ausserdem bin ich auch über die Jahrzehnte gewachsen. Das Ergebnis ist kein schöner Baum, sondern eher ein knorriger. Den man aber nicht mehr zurechtstutzen kann, weil er dann nicht mehr der selbe ist. Von daher eher nach dem Motto: nimm mich so, wie ich bin. Ich mag mich nicht mehr von Grund auf ändern.

Zitat:
Zitat von HelmutL Beitrag anzeigen
Die Sexualität, das ist ein zweischneidiges Schwert. Sie bekommt mit zumehmendem Alter einen ganz anderen Stellenwert als in der Jugend. Nicht mehr der "Arterhaltungstrieb" steht im Vordergrund sondern eher der Spass an der Freude. Ich konnte feststellen, dass sie sogar viel intensiver wird, weil gänzlich ohne Zwänge.
Bei meiner Frau und mir war es zum Glück so, dass wir beide Antidepressiva nahmen und uns da hinsichtlich der "keinen Bock mehr"-Nebenwirkung einig waren. So passte das zumindest zusammen. Ein Problem weniger. Und dass das, wenn bei zwei Leuten die Bedürfnisse stark auseinanderlaufen, auch "im Alter" ein massives Problem sein kann, ist ja klar. Ich hätte jedenfalls ein Problem mit einer Frau, die "andauernd" ("Ja, ist denn schon wieder Weihnachten?") mit mir schlafen will. Zumindest dürfte es keinen Ehekrach geben, wenn ich mich doch mal breitschlagen lasse, aber dann zwischendurch einschlafe Frauen können in solchen Dingen ja etwas empfindlich sein; das weiss sogar ich mit meinem doch sehr übersichtlichen Erfahrungshorizont.

Zitat:
Zitat von rosa.sputnik Beitrag anzeigen
Meine Mama hat vom Tag der Diagnose an JEDEN Tag geweint dass sie nicht sterben will, dass sie solche Angst davor hat.
Das hatte meine Frau nicht. Zumindest hat sie es nicht geäußert. Sie hatte die größte Angst davor, nicht Zuhause sterben zu dürfen. Mit ihrem Tod selbst hatte sie sich, glaube ich zumindest, "arrangiert". Auch wenn wir darüber nicht mehr gesprochen haben. Das hatten wir Monate vorher getan, aber nicht mehr in der letzten Phase.

Zitat:
Zitat von rosa.sputnik Beitrag anzeigen
Wir haben getan was wir konnten...
Ja, wir hier auch. Was du beschreibst, diese Verwirrtheit (wie mit den weissen Tüchern vom Ex bei deiner Mutter), das hatte meine Frau nur ganz kurz vor ihrem Tod. Nachmittags war sie noch geistig fit, abends nicht mehr, und früh um 4 ist sie gestorben. Mit die letzten Worte, die sie zu mir gesprochen hat, waren: "Onkel Heinz". Da war ich ratlos, weil ich in 23 Jahren mit meiner Frau noch nie von diesem Onkel gehört hatte.

Nachher hat sich das aufgelöst, da habe ich meine Schwägerin gefragt. Onkel Heinz war der, der (eher zufällig) beim Tod des Vaters meiner Frau im Krankenhaus dabei war, weil er halt gerade auf Besuch kam... Wie meine Frau darauf kam, keine Ahnung. Sie hat ihren Vater immer gehasst, der hat sie von klein auf verprügelt und auch später als Erwachsene immer wie den letzten Dreck behandelt.

Aber was weiss ich. Vielleicht sind die letzten "nebligen" Gedanken beim Sterben so wie Träume - da weiss man ja auch meist nicht, warum einem gerade das oder das in den Sinn kommt. Jedenfalls machte im nachhinein diese letzte Ansprache meiner Frau durchaus Sinn. War ich halt _ihr_ "Onkel Heinz", der dabei war, als sie die letzten Atemzüge tat.

Viele Grüße,
Stefan


Viele Grüße,
Stefan
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Geändert von Stefans (14.01.2010 um 14:13 Uhr)
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