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Alt 24.07.2011, 15:08
MaTini MaTini ist offline
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Standard AW: Anteilnahme oder Neugier der Mitmenschen

Liebe Mia,
ich denke, das sind Entscheidungen, die jeder für sich treffen sollte.

Dabei steht im erster Linie immer die Frage, womit fühlst Du Dich besser? Überlege Dir, wer Dich stützen und unterstützen kann. Von wem brauchst Du evtl. Hilfe, wem vertraust Du? Du mußt es niemanden sagen, kannst es aber - nur Du kannst es nicht mehr rückgangig machen.

Klingt blöd, aber in der Arbeitswelt steht die Wirtschaftlichkeit leider immer im Vordergrund. Leistung gegen Lohn. Auch geht es darum, ein Bild von sich zu zeigen. Welches Bild will man von sich zeigen, welches will man vermitteln, wie sollen andere einen sehen und wie wird man gesehen? Viele sind mit einem oberflächlich über die Tätigkeit verbunden, nicht weiter.

Wenn man gesund ist und gut gelaunt, ist es leichter oberflächliche Beziehungen zu führen - wie sie doch meistens im Job gefragt sind. Alles gelingt leichter - auch wenn es nicht immer offen und ehrlich ist. Hilft es Dir wirklich, wenn Du erzählst daß Du gesundheitlich angeschlagen bist? Macht es das Arbeiten nicht auch manchmal dadurch schwerer? Das Thema ist für alle schwer, gerade wenn man nicht weiss, wie man als Außenstehender damit umgehen soll -aber es ist ein schweres Thema was auch leider immer im Raum mit schwebt.

Wie hilft es Dir, wenn Kollegen von Deiner Erkrankung wissen? Brauchst Du manchmal jemanden, mit dem Du auch während der Arbeit über Deine Angst reden kannst? Kann ich verstehen - schliesslich füllt der Arbeitsalltag die ganze Woche aus. Aber brauchst Du dafür alle? Und ob es Gerüchte oder Spekulationen gibt, ist doch eigentlich egal, oder? Geredet wird doch immer, ob man krank ist oder gesund. Interessiert es die meisten Kollegen auch wirklich? Können die damit umgehen? Wissen die, wie unterschiedlich die Krankheitsbilder sind? Wissen die wirklich was es für Dich bedeutet, was es heißt? Können die dann mit Deinen Gefühlen / Ängsten umgehen? Müssen sie das können? Geht es die was an? Was kann passieren, wenn sie es wissen? Fragen über Fragen.

Meine Erfahrungen mit dem Umgang sind unterschiedlich. Ich hab leider keine Tips und auch keinen Fahrplan.

Ich hab Anfang 2010 einen neuen Job angefangen - ohne das einer von meiner Erkranung wußte. Ich hatte mich gut eingelebt, ich fand die Firma, die Aufgabe und die Kollegen super. Aber nach knappen 2,5 Monaten wurde meine Haut wieder schlimmer. Ich mußte zu Untersuchungen 1 x wöchentlich den ganzen Vormittag in die Uniklinik. Hab den Termin immer extra so gelegt, daß ich nicht wirklich Ausfallzeiten hatte. Habe gesagt ich müsse zum Arzt, aber hab keinem den waren Grund genannt.

Ich wusste, daß die letzte Therapie 3 Monate dauerte und ich jeden Vormittag zur Therapie ins KH mußte. Es kam alles zusammen. Angst vor der Krankheit, das Risiko, die Unsicherheit was passiert, die Angst auszufallen und meinen Job zu verlieren. Schliesslich hatte ich noch Probezeit, die Situation, daß keiner was merken darf war für mich bedrückend - fast erstickend. Zu Arbeiten während dieser Phase war total schwer. Das es mir nicht gut ging, merkte man mir an. Ich wurde gefragt, hab mich aber nicht getraut den wirklichen Grund zu sagen. Ich hatte zuviel Angst meinen Job zu verlieren. Das ging min. 2 Monate so.

Als mein Doc mir schliesslich sagte, dass wir erst einmal alles in Griff bekommen haben ich keine akute Therapie bräuchte, wollte ich mir Luft machen. Ich weiss, dass ich ein Risiko habe, dass es wieder kommt - wann und wie stark? Ich brauchte für mich eine Gewissheit, dass ich offen mit den Kontrollen und mit meiner Erkrankung umgehen kann. Ich wollte so eine Zeit - die geheimnissvolle Situation und das Risiko nicht noch einmal ertragen müssen. Ich hatte trotz allem die Gewissheit, alles getan zu haben, um mich gut einzuarbeiten - ich hab mich gut mit meinen Kollegen und Kunden verstanden, Überstunden noch und nöcher aufgebaut ... und eigentlich Vertrauen zu meinem Chef.

Dann habe ich offen mit meinem Chef und der Personalerin gesprochen. Ich wollte die Zeit für meine Kontrollen und das sie darüber Bescheid wissen, nicht das es irgendwann Ärger oder Nachfragen gibt. Nach dem Gespräch ging es mir wesentlich besser. Ich war erleichtert. Die erste Reaktion war- natürlich bekommst Du Zeit, sag einfach wann Du die Zeit brauchst. Wir unterstützen Dich, zusammen schaffen wir das. Drei Tage später hab ich meine Kündigung erhalten und ich wurde sofort freigestellt - für weitere 6 Monate. Zwar habe ich trotz Probezeit die Abfindung bekommen und ein super Zeugnis, aber das wars. Ich war raus und davor hatte ich neben der Krankheit die größte Angst. Hätte ich gesagt, ich brauche eine Physio Therapie für meinen Rücken wär ich nicht entlassen worden. Meine Kollegen kennen den Grund bis heute nicht.

Mittlerweile habe ich einen neuen Job - Probezeit ist überstanden. Nach der Erfahrung habe ich für mich entschieen, daß keiner etwas wissen soll. Solange es nicht akut ist, sage ich auch nichts -auch wenn ich das manchmal gern würde. Aber was ich mache, wenn es wieder anfängt, weiss ich nicht. Gott sei Dank brauche ich momentan auch nicht darüber nachdenken.

Hör auf Dein Bauch, Du bist niemanden Offenheit schuldig - Verschwiegenhiet darüber aber auch nicht. Du bist es Dir schuldig, dass du alles tutst was Dir gut tut.


Geändert von MaTini (25.07.2011 um 20:35 Uhr)
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