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Alt 15.02.2005, 08:35
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Standard Hinterbliebene/ Wien

Liebe Maria Judith,

der Schmerz über den Tod meiner Mutter hat sich auch bei mir nicht in Glück gewandelt. Es ist nur so, dass der Schmerz in den Hintergrund getreten ist.

Nach dem Tod meiner Mutter war ich wie gelähmt, ich konnte nicht einmal ein Foto von ihr ansehen. Auch ich hab einfach "funktioniert", meine beiden Kinder waren damals 4 un 6 Jahre alt, da muss das Leben einfach weitergehen. Ich war innerlich einfach leer und konnte nicht einmal weinen. Nach ca. einem halben Jahr hab ich dann ganz bewusst angefangen, Fotos und Videos anzuschauen. Und plötzlich konnte ich dann meinen ganzen Schmerz herauslassen.

Schlimm war auch das Verhalten meines Vaters. Schon 2 Wochen nach ihrem Tod hat er alles ihre Sachen ausgeräumt und weggegeben. Glücklicherweise war ich damals dabei und hab mir viele persönliche Dinge meiner Mutter mitnehmen könnén. Ich konnte dieses Verhalten damals nicht verstehen. Heute weiss ich, dass er es nicht ausgehalten hat, täglich ihre Kleidung und pers. Dinge zu sehen. Ich muss auch sagen, dass er an ihrem Tod zerbrochen ist. Er ist ein einsamer alter Mann geworden, der mit dem Leben hadert und der keinen an sich heranlässt. Er ist selber sehr krank und hatte vor 6 Jahren eine Lebertransplantation. Er dachte damals, er würde diese OP nicht überleben, aber seine Lebensuhr war noch nicht abgelaufen. Wenn er in guter Stimmung ist besuche ich ihn, ich liebe ihn ja trotz Allem.

Ich denke schon, dass sich Trauernde gegenseitig helfen können. Oft hilft es ja schon, über die Verstorbene zu sprechen und in Erinnerungen zu kramen. Aber dies ist wohl erst nach ein bisschen Abstand möglich. Denk daran, dass du deinem Vater nur helfen kannst, wenn er es zulässt.

Vieles was in meiner Mutter vorgegangen ist, verstehe ich erst seit meiner eigenen Erkrankung. Für eine Mutter ist es einfach immer wichtig, ihren Kindern ein zufriedenes und erfülltes Leben zu ermöglichen. Meine beiden Kinder sind jetzt 16 und 18 und ich hoffe, dass ich noch erleben kann, was aus ihnen wird und dass sie mit ihrem Leben zurechtkommen. Natürlich will ich auch solange wie möglich für meinen Mann da sein.

Du scheinst noch sehr jung zu sein, aber deine Mutter hat gesehen, dass du in deinem Leben gut zurechtkommst. Du arbeitest, triffst dich mit Freunden und nimmst am Leben aktiv teil. Sie war sicher sehr stolz auf dich.

Ich weiss, es hört sich alles ziemlich banal an und es gibt auch keine Worte, dich zu trösten. Es fällt mir ja auch sehr schwer, meine Empfindugen in Worten auszudrücken. Es wird noch viele Tage in deinem Leben geben, wo sie ganz besonders fehlt. Und trotzdem wirst auch du wieder glückliche werden und die frohen Tage mit ihr werden immer in deiner Erinnerung bleiben.

Recht liebe Grüße und alles Liebe
Margit
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