Einzelnen Beitrag anzeigen
  #1  
Alt 15.04.2016, 22:16
lotol lotol ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.04.2016
Beiträge: 716
Standard Non-Hodgkin-Lymphom ("böse" bösartig) , Therapie an über 71-Jährigem

Hallo,

mir ist zwar klar, daß ich mich - wie jeder von einem Lymphom Betroffene - in einer nur für mich gültigen, sehr subjektiven Situation befinde.

Dennoch will ich versuchen, etwas an evtl. "Hilfestellung" weitergeben zu können, wenn jemand völlig unerwartet und plötzlich mit einem Verdacht auf ein Lymphom oder Befund Lymphom konfrontiert ist.
Wie sich das bei mir entwickelte, beschrieb ich im Thema "Brauche eure Hilfe".

Über das Ergebnis einer von ihm veranlassten CT-Untersuchung informierte mich mein Internist. Es war Verdacht auf ein Lymphom.
Das sagte ich natürlich auch meiner Familie, die sich teils sofort mehr Sorgen als ich machte.

Am ehesten verstand meine Frau, daß ein Verdacht erst mal noch bestätigt werden muß. Und selbst danach eine definitive Diagnose "Krebs" nicht zwangsläufig wie eine Art "Todesurteil" einzuordnen ist.
Vor Jahrzehnten wurde sie wegen Brustkrebs operiert.
Danach Chemotherapie.
Sie und wir hatten das Glück, daß sie es überlebte.

Unser Sohn war schon etwas besorgter, und unsere Tochter brach bei unserem nächsten persönlichen Treffen in Tränen aus.
Erst beruhigte ich sie und erklärte ihr dann, daß als Ergebnis einer definitiven Diagnose ja immerhin die zwei Lymphom-Alternativen bestehen:
1) "gutmütig"
2) "bösartig"
Ferner sagte ich ihr, daß meine statistische Lebenserwartung bei vielleicht 80 Jahren liegt.

Und dann fragte ich sie:
Glaubst Du im Ernst, daß mich die beiden Alternativen sonderlich beeindrucken?
Du weißt doch, daß ich bisher kerngesund und auf keinerlei Medizin-Einnahme dazu angewiesen war.
Du weißt auch, daß mich noch nie die Ratschläge irgendwelcher Ernährungs-"Experten" interessiert haben.
Ich hörte viel mehr auf das, was mein Körper mir "signalisierte" und jeweils haben wollte:
Das bekam er dann auch.
D.h. ich lebte damit 9/8 meines Lebens ohne ernsthafte Gesundheitsprobleme.
Nicht zuletzt auch deshalb, weil ich immer auf die Selbstheilungskräfte meines Körpers vertraute und das immer noch tue.
(Was nebenbei kein dumpfes Vertrauen ist, sondern eines, das sich immer wieder als berechtigt zeigte.)
Überleben werde ich auf das letzte Achtel meines Lebens bezogen weder die eine noch die andere Alternative.

Und wenn wir nun mal annehmen, ich hätte kein Lymphom:
Wer sagt Dir denn, daß ich die (angenommen) letzten 8 Jahre überhaupt überleben würde??
Ist doch alles nur Glückssache oder nicht?
Morgen oder übermorgen könnte ich an einem Herzinfarkt oder einem Gehirnschlag sterben.
Oder von der Stützmauer, die ich seit Jahren in einem anderen Anwesen saniere, herunterfallen und mir dabei das Genick brechen oder bei einem Autounfall sterben.
Meine Tochter sah das ein und änderte ihre Sicht dazu auch.
Nun ist es natürlich für Betroffene in meinem Alter o.ä. erheblich einfacher, die Dinge so zu sehen als wenn jemand wesentlich jünger ist.

Worauf ich aber eigentlich hinaus will, ist etwas ganz anderes:
Nämlich das o.g. Vertrauen in die Selbstheilungskräfte des Körpers, sowie auch die Belastbarkeit von diesen.

Das ist insofern von großer Bedeutung für die Krebsbekämpfung als die heutzutage "zweigeteilt" ist.
Bei meiner Frau gab es seinerzeit nur die Chemotherapie.
Verkürzt wird häufig nur von Chemotherapie gesprochen, was der Sache inzwischen aber nicht mehr gerecht wird.
=>https://www.leben-mit-lymphom.de/fl/...chemotherapie/
Ich denke, daß die mentale Einstellung zur Überwindung des Krebses eine nicht unerhebliche Rolle spielt.


Zu meinem 1. Therapie-Zyklus.
(Als letzte Voruntersuchung wurde vorher noch das Herz untersucht. Ist i.O.
Wasser wurde dabei im rechten Lungenflügel festgestellt)
Der Zyklus lief wie geplant an:

1. Tag
Antikörper-Infusion.
Die wird deshalb anfänglich getrennt gemacht, damit die Verträglichkeit getestet werden kann.
In den nachfolgenden Zyklen werden dann AK und Chemo gleichzeitig zugeführt.

Von all den genannten Möglichkeiten an Wirkungen, die ich ggf. auch sofort melden sollte, wie z.B. Hitze- od. Kälteempfindungen, Kribbeln oder allergische Hautreaktionen usw. merkte ich rein gar nichts.
Während der Infusion aß ich Schokolade, trank auch noch Kaffee und aß Kuchen, weil ich Hunger hatte.

Hinterher kontrollierte meine Ontologin den Wasserstand im rechten Lungenflügel:
ca. 1 L Wasser - dachte, ich höre nicht recht. Ist ja kein Pappenstiel.
Zwar habe ich eine relativ große Lunge (ca. 6 L), weil ich meinen Körper durch Arbeiten schon immer (außer im Winter) "griffig" nehme, es ist aber dennoch ca. 1/6 des Volumens.
Ich fragte, woher das Wasser kommt.

Die Ontologin sagte, das hängt mit dem Lymphom zusammen und fragte:
Merken Sie davon irgendetwas?
Z.B. Kurzatmigkeit beim Gehen oder Treppensteigen?
Nachdem ich das verneinte, sagte sie:
Dann saugen wir das auch nicht ab, sondern lassen es drin, weil wir dadurch eine weitere Kontrollmöglichkeit für den Erfolg unserer Maßnahmen haben.

Anschließend fragte ich sie:
Ich weiß ja nun, daß ich ein bösartiges Lymphom habe, kenne aber die graduelle Einordnung von ihm nicht.
Ist das eher "mäßig" bösartig oder recht bösartig?

Ihre Antwort war:
Es ist eher "böse" bösartig.
Dazu muß ich Ihnen aber auch gleichzeitig sagen, daß sich das auf Anhieb zwar weniger gut anhört.
Tatsächlich verhält es sich aber so, daß "böse" bösartig beinhaltet, daß die Zellteilungsrate deshalb relativ hoch ist.
Und genau darauf ist die Chemotherapie bestens "einstellbar".
D.h. es ist im Grunde genommen viel schwieriger, "mäßig" wachsende Lymphome zu bekämpfen als "böse" bösartige.

Naja - obwohl ich mich bzgl. Bösartigkeit zunächst nicht so fühlte, als hätte ich mit meinem Lymphom das "Große Los" gezogen, sind das nachvollziehbare und stichhaltige Argumente.

Die sich auch relativ leicht verifizieren lassen; denn ich habe durchschnittlich relativ große Lymphknoten, die auch schnell dahergewachsen sind.
Der Knoten in der linken Leiste hat etwa die Größe von einem ganz kleinen Hühnerei, das unter der Haut ist.
Wenn die Maßnahmen - wie gewünscht - erfolgreich sind, sollte sich der Knoten fühlbar schnell zurückbilden. So wie alle anderen analog auch.
Wird sich zeigen.

2. Tag.
Chemo-Infusion.

Zunächst Infusion von Kochsalzlösung und dann am Schluß Zufuhr der Chemo durch die Ontologin.
Mit großer Spritze (D ca. 2,5 bis 3 cm, gefüllt auf ca. Länge 10 cm mit rötlich/lila Flüssigkeit).
Ontologin:
Da bekommen Sie jetzt Ihren Campari.
Ich:
Da ist aber doch bestimmt kein Alkohol dabei.
Ontologin:
Nein - ich spritze das langsam zu, und wenn Sie das Geringste dabei merken, sagen Sie es sofort - nicht den "Helden spielen".
Ich:
Nein - bin da kein Held und sage, wenn sich etwas verändert.

Gemerkt habe ich auch dabei überhaupt nichts.
Auch nichts mit Übelkeit oder sonstwas danach.

Ganz im Gegenteil. Ich aß anschließend übermäßig viel.
Trank dazu 3 L Malzbier und "gönnte" mir am Schluß 1/2 L richtiges Bier.

Insgesamt:
Alles halb so wild, wie man das evtl. erwartet.
Vielleicht aber auch hier wieder nur Glückssache.

Etwa 20 Stunden nach der Chemo-Zufuhr erfolgte eine ungewohnte Reaktion, die aber an sich mit Übelkeit nur unvollständig beschreibbar ist.
Denn die Übelkeit war nur die Folge von fast schlagartigem "Quackern" im Bauch, verbunden mit Druckaufbau unter fast krampfartigen Schmerzen.

Der Druck mußte irgendwie abgebaut werden, und nachdem der normale untere Abgang ja üblicherweise "verriegelt" ist, stellte sich das Gefühl ein, daß notfalls der obere Abgang per Übergeben freigemacht werden sollte.
Das wollte ich natürlich nicht und ging sofort auf die Toilette, um den Druck auf dem "Normalweg" abzubauen.
Klappte auch => Durchfall.

Das wiederholte sich kurz hintereinander noch zweimal gleichermaßen ablaufend, wobei der Durchfall mengenmäßig rapide abnahm.
Dann war es vorbei.

Danach trank ich Kaffee und aß dazu, bis ich satt war.
Später auch wieder ganz normales schmackhaftes Essen.
Keine Spur von Geschmacklosigkeit oder Appetitlosigkeit.
Alles ganz normal.
Incl. Rauchen nach dem Essen.
Natürlich kenne ich das hier:
.hexal.de/arzneimittel/chemotherapie/massnahmen.php

Bzgl. Alkohol und Nikotin verhält es sich aber m.E. so, daß ein Körper ggf. jahrzehntelang eine gewisse Zufuhr gewohnt ist.
Gut, man kann das reduzieren.
Doch welchen Sinn sollte es haben, den Körper zusätzlich auch noch unter totalen "Entzugs-Streß" zu setzen, wenn es u.a. darum geht, auch die körpereigene Abwehr bestmöglich zu aktivieren??

Sende lieber mal - weiß gar nicht, ob es hier ein Zeilen-Limit gibt.

Liebe Grüße
lotol
Mit Zitat antworten