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Alt 04.02.2006, 11:33
Dieter1712 Dieter1712 ist offline
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Registriert seit: 02.02.2006
Ort: Münster
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Standard Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Liebe Forenteilnehmer/innen!

Ich habe hier länger mitgelesen und glaube, dass ich mich hier gut aufgehoben fühlen kann.

Kurz zur Krankengeschichte meiner verstobenen Marina:
Wir kannten uns seit 1989 und lebten mehr als 13 Jahre zusammen.
Im Sommer 2004 hatte sie des öftern Schmerzen im Bauch, konnte oft nicht viel essen ( sie hatte seitdem ich sie kenne "Bauchprobleme).Im August 2004 ging sie zu ihrer Ärztin, die zunächst auf Magenschleimhautentzündung tippe (Wurde ebenfalls im Jan. 2004 bei einer Magenspiegelung diagnoztiziert und mit Erfolg behandelt). Nach einer weitern Magenspiegelung konnten keine Hinweise darauf gefunden werden, ebenfalls wurde bei einem CT keine Hinweise auf irgendetwas gefunden, der Artzt beglückwünschte sie noch, da brachen sie sich keine Sorgen machen: Alles ok. Es würde dann noch eine Darmspiegelung durchgeführt. Dabei stellte man eine Verengung des Dickdarms fest. Proben wurden entnommen. Freitag ins Krankenhaus: Kontrastaufnahmen des Dickdarms. Ergebnis: hinter der ersten Stelle gab es weiter Verengungen!

Montag Operation und das niederschmetternde Ergebnis. Der Chirug: Es sieht schlecht aus, Der gesamte Bauchraum/fell wie mit Puderzucker mit Tumorzellen bestreut. Lebenserwartung ?
Histologie: Siegelringzellen, bla, bla.... Aufgrund der Histolie Magenkrebs, zumal ein Teil der Magenwand verdickt war. Einen eigentlich sichtbaren Tumor hat man nicht gefunden
Es war damals eine ziemlich besch... Zeit, ich stand die ganze Zeit neben mir, war die ganzen Tage im Kranken haus und habe viel im Internet recherschiert: Mir/uns wurde Klar, dass es für dieses Stadium aus medizinischer Sicht keine Heilung gab, aber wir haben gekämpft! Natürlich lag Chemo an! Cisplatin/5FU.
Durch die Recherchen im Netz sind wir auf eine Studie an der Charité gestossen: Verabreichung der Chemo unter Hypertermie unter MRT-Kontrolle!
Die erste Chemo erhielt Marina hier in Münster, die weitern in Berlin alle 2 Wochen. Für uns waren dies immer schöne Ausflüge und wir haben uns in dieser Zeit in Berlin verliebt, hätten uns vorstellen können dort zu wohnen.
Eine Freundin von Marina lebt in Berlin, wir konnten dort schlafen und haben uns immer darauf gefreut. Die Behandlung lag immer auf einem Montag, sodass wir oft ein ganzes Wochenende in Berlin verbringen konnten: Ausgehen, Stadtbummel usw.
Marina ging es in dieser Zeit relativ gut, die Chemo hat sie gut vertrage, bis auf die "Schlappheit" von Donnerstag bis Samstag.
Wir haben uns immer Ziele gesetzt, die uns erreichbar schienen, und die wir dann tatsächlich erreicht haben: Valenzia (meine Tochter lebte zu dieser Zeit dort), Allgäu im Schnee, Norderney, Besuch ihrer kleinen Nichte, ein "langes" Wochenende in Berlin und die vielen kleinen Ziele.
Probleme bereiteten die Nieren, so dass im Mai Cisplatin abgesetzt wurde und mit Taxotere weitergemacht wurde. Staging im Mai: Keine Veränderung, Tumormarker stabil bzw.leicht fallend: (CEA 10:, CA19/9: 62, CA72/4: 2,4):

Wir hatten Hoffnung, dass die so bleibt!

Im Juli sind wir dann auf eine Studie mit Antikörpern "removab" gestossen , Sie begann im Oktober 2004. Ich will hier jetzt nicht so viele zu dieser Studie schreiben. Die Ergbnisse der "Vorstudien" machten uns sehr grosse Hoffnungen.

Leider verschlechterte sich Marinas Zustand im Laufe der Zeit! Sie konnte nicht mehr bei sich behalten, musste sich 3-5 am Tag übergeben (Diagnose: Dünndarmverschluss), egal ob sie was ass oder nicht. Sie wurde immer schwächer trotz künstlicher Ernährung, magerte von 46 kg (was ihr Normalgewicht war) auf 38 kg ab, konnte nur noch kurze Strecken laufen.
Anfang Nov. war sie 2 Wochen zuhause, aber ihr Zustand verbesserte sich nicht, dann wieder Krankenhaus 2 Wochen bis 14.12.04. Am 19.12. Krankenhaus in Münster (Port musste wegen Entzündung gewechselt werden) zu weiteren Untersuchungen. Am 23.12. wurde für den 27.12. eine Umgehung des Darmverschlusses geplant; am 26.12. brach Marina zusammen und bekam heftige Schmerzen und Morphium (das 1. Mal), wurde in ein Einzelzimmer,verlegt (dort konnte ich dann rund um die Uhr bei ihr sein auch schlafen); wegen ihres Zustandes rieten die Ärzte von der OP dann ab. Am anderen Tag stellten sie dann "freie Luft" im Bauchraum fest und vermuteten, dass der Dünndarm porös sei, jetzt stellte sich die Frage: Doch OP? Nach langer Disskussion mit den anderen Angehörigen und Freunden, wollten wir dann doch die OP, weil wir wussten, dass Marina das auch gewollt hätte, was sie auch im Nachhinein bestätigte (Marina war seit dem 16.12. nicht ansprechbar). Es wa reine harte Zeit, da Marina 2 Tage nicht ansprechbar war und unter schrecklichen Alpträumen litt.
Ergebniss der OP: OP nicht möglich, starke Verwachsungen im gesamten Bauchraum, sodass "keine Struckturen" zu erkennen waren. Rückenmarkpunktion zur Schmerzbehandlung.
Am 29.12 wurde sie dann wach, und ich sagte ihr, dass uns nur noch kurze Zeit zusammenbleibt. Wir haben dann mit vielen Freunden und den Angehörigen am 31.12. Syvestergefeiert und Marina war wieder die "Alte", viel Lachen und Spass, obwohl sie wusste, dass ihre Zeit abläuft. Es waren immer viele Leute da und wir hatten in den nächsten Tagen viel Spass miteinander.
Am 31.06. wurde dann ein neuer Port eingesetzt, damit sie besser Medikamente und künstliche Ernährung bekommen konnte. Wir hatten immer noch hoffnung!
Nach der Port-OP war Marina wiedr ein paar Tage kaum ansprechbar und sie baute immer mehr ab, hatte kaum noch Kraft, konnte nicht mehr sitzen, geschweige denn aufstehen, ihre geistigen Fähigkeiten wurden auch weniger.

In der Zwichenzeit nahm ich Kontakt zum Hospiz auf, das hatten wir soabgesprochen und am 12.1. zogen wir ins Hospiz. Dort starb dann Marina friedlich am 17.1. um 7.55 Uhr ein.

Wir haben die gesamte Zeit dieser Krankheit gemeinsam durchgestanden, habe fast alle Arzttermina gemeinsam gemacht ud habe die letzten 5 Wochen rund um die gemeinsam verbracht.
Im Nov. 2004 haben wir geheiratet - es war wirklich der schönste Tag sowohl in ihrem als auch in meinem Leben.
Durch diese Krankheit haben wir unsere Beziehung nochmals intensiviert, ich habe viel von Marina gelernt: ihre Zuversicht, ihr positives Denken, ihren Humor, trotz der besch... Situation, ach ich könnte noch mehr schreiben.
Kurz, ich bin ihr unendlich dankbar, dass sie mir ein Drittel ihres Lebens geschenkt hat, dass ich sie während der Krankheit begleiten durfte, dass ich in ihrer letzten Minute bei ihr sein durfte.
Sie starb an einem verregneten Morgen mit 47 Jahren, den Sonnenschein durfte sie noch am 15.1. draußen geniessen. Sie wollte den Regen nicht mehr sehen!
Gestern war die Beisetzung und was passierte: Es schneite, der Friedhof (ein Waldfriedhof) sah wunderschön aus. Es passte zu ihr. Sie hatte schon immer ein Gespür für perfektes Timing.
Ich werde gleich zu ihrem Grab fahren und ein bisschen Zwiesprache halten.

Sie fehlt mir unendlich, sie war meine große Liebe, jetzt ist sie "nur" noch in meinem Herzen!

Am Montag fliege ich für 1 Woche mit meiner Tochter und ihem Freund nach Valenzia, um wieder, wie schon länger geplant, nach Münster zurückzukehren, Die Beiden haben mir in den letzten 5 Wochen sehr geholfen , mich unterstützt, waren jeder Zeit, wie viele andere auch, für mich und Marina da.
Ich bin ihnen sehr, sehr, dankbar.

Ich werde mich bzw.habe mich auf den Weg der Trauer gemacht, und weiss, dass es ein Leben nach Marina gibt: Sie wollte, dass" ich nicht traurig bin, nur ein bisschen", dass ich ein glückliches Leben nach ihr lebe, und ich weiss, dass sie mir die Kraft dazu geben wird! Noch ist alles traurig, aber es ist auch eine Chance.

Ich habe viel von ihr gelernt und hoffe, auch dieses in meinem Herzen bewahren zu können.

Dieter

Geändert von Dieter1712 (04.02.2006 um 12:00 Uhr)
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