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Alt 04.12.2013, 13:01
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Schäferhund26 Schäferhund26 ist offline
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Standard AW: Nun auch ich....

Hallo,

Erst einmal tut es mir leid,dass auch du einen schweren Verlust zu verkraften hast.
ich möchte Dir ganz herzlich Danken für deine Zeilen.Sie sprechen mich sehr an und ich muss sie noch einige male lesen,um alles aufzuehmen.
Deine Idee gegen 15 Uhr zum Grab zu fahren,finde ich sehr gut.Das werde ich machen.Ich bin gespannt,ob es hier auch so ist wie bei euch.
Naja,alle die ich kenne,haben Familie-da möchte ich als Trauerkloß auch nicht daneben sitzen,zumal ich auch nicht weiß,ob das jemand will.
Ich habe noch eine Oma,aber kein gutes Verhältnis zu ihr.Trotzdem werde ich wohl an einem Tag zu ihr fahren oder sie kommt zu mir,aber schön wird das nicht.
Werde es mir Heiligabend so gemütlich machen wie es geht.Was schönes kochen,Kerze an,Film gucken und meine Hunde habe ich ja auch noch.

Ich merke auch,was du beschreibst.Nehme ich mir vieles vor,gefällt es mir nicht unbedingt.Anderes entdecke ich jetzt zufällig neu und mag es.So ist es z.B. zu meinem Ritual geworde,bei einem bestimmten Bäcker einen Kaffee zu trinken,wenn ich zum friedhof fahre. Und mein Nebenjob im Altenheim macht mir uch Freude.
Auf die Zeit,wenn ich meinen Führerschein habe (heute letzte Pflichtfahrt) freue ich mich besonders.Dann kann ich einfach die Hunde einpacken und mal los düsen. Auch möchte ich mit meinem einen Hund eine Besuchshundausbildung machen-das wird dann auch möglich.

Trauergruppe habe ich auch ausprobiert,aber das ist nicht meins.Lieber rede ich mit Freunden oder meiner Psychologin über das Thema.

Wie lange ist es her,dass deine Frau verstorben ist? Wie ungerecht,dass sie den Krebs schon fast besiegt hatte und dann an den Behandlungsfolgen sterben musste.Das tut mir sehr leid.

Liebe Grüße und ich würde mich sehr freuen wieder von dir zu lesen!

Zitat:
Zitat von a_nna Beitrag anzeigen
Gegenvorschlag: Du gehst so gegen 15 Uhr auf den Friedhof mit einer Kerze, Blumen o.ä. und wirst sehen, Du bist nicht allein.

Die Zeit reicht in die Dämmerung und es ist wunderschön zu sehen, wie die Kerzen auf Gräbern brennen und gerade Weihnachten sehr viele Angehörige auf dem Friedhof sind.

Das wird sicher bei Dir nicht anders sein, als bei uns auch. Bis zum letzten Jahr wusste ich das gar nicht. Besonders beeindruckt hat mich die ausgesprochen freundliche und lockere Atmosphäre, und das vor allen Dingen so viel "Betrieb" auf dem Friedhof war.

Dafür habe ich meine Restfamilie zu Hause sitzen lassen, mich vorher ordentlich entschuldigt und fühlte mich am Grab wohler. Insbesondere diese Erfahrung: rauszugehen und ein bißchen Gemeinsamkeit auch mit Fremden zu erfahren, ist wertvoll. Das ganze Gerede um "hätte/wäre/würde sein" und Deine eigene Trauer und Wut perlt durch solche Erfahrungen positiv ab.

Im Prinzip machst Du es genau intuitiv richtig. Du schreibst Dir Gedanken von der Seele, die Du sonst nur in den Wald schreien würdest. Aber wer schreit schon gerne Bäume und Kaninchen an ? Interessant ist auch der Führerschein an dem Du arbeitest, der Dir nicht nur Struktur und Lösen von Aufgaben abverlangt. Es ist auch eine Vereinbarung mit sich selbst und ein Test, wie weit man trotz oder wegen der Trauer gehen kann. Trauer gibt auch unbändig viel Energie, die Du so sinnvoll kanalisierst.

Wenn ich daran denke, wieviel neue Dinge ich machen wollte ... geblieben ist ein unbändiges Interesse an Neuem und die Freiheit und Energie, sich auch vertiefen zu können. Verbunden mit der Erkenntnis, dass ich leider nicht "alle" neuen Dinge machen kann, weil mir manchmal die Geduld fehlt, "das Buch bis zur letzten Seite elegisch zu lesen, um den letzten Kick mitzubekommen", oder sich manche Aktivitäten einfach als zu fixiert und nicht passend zum Tagesablauf herausstellten (regelmässig selbst verordneter Sport, brr). Dafür lag auf einmal ein Garten am Wegesrand, der mir einfach zugeflogen ist; oder ein bestimmtes Museum, das ich heute häufiger besuche, das mir aber früher weniger interessant erschien.

Genau genommen habe ich mich nur wegen Deines Threads hier angemeldet, um Dir den Vorschlag zum Weihnachtsbesuch beim Grab schreiben zu können. Das Forum kenne ich aus der Suche meiner verstorbenen Frau. Damals suchten wir zunächst nach irgendwelchen Anknüpfungspunkten und Möglichkeiten eine Krebsdiagnose (Pankreaskarzinom) zu verstehen und die richtigen Ärzte aufzusuchen. Damit möchte ich Dich aber nicht belasten. Mir scheint wichtig, dass Du liest, dass Du - so wie Du auch Details beschreibst - auf dem genau richtigen Weg zu sein scheinst.

Trauer besteht aus Erfahrungen und Selbsterkenntnis, wie man mit Trauer umgeht, wie es weiter geht und wo Grenzen liegen. Das ist manchen Tag sehr schwammig. Aber im Gesamtkonzept kommt es schon immer wieder zusammen.

Es gibt Menschen, die suchen und brauchen Nähe zu anderen Trauernden. Ich bin den Weg zu Selbsthilfegruppen nicht gegangen. Fairerweise muss man in solchen Gruppen auch zuhören. Ab einem gewissen Grad hätte ich nicht mehr gekonnt, neben unseren Erlebnissen noch 7 oder mehr andere nahe gehende Schicksale "mitzunehmen". Mein Respekt gehört den Menschen, die solche Gruppen leiten und es immer wieder schaffen, selbst den Kopf hoch zu halten.

Ich habe stattdessen punktuell Menschen, die meine Frau oder uns beide kennen, besucht und mit ihnen gesprochen. Meistens über Erinnerungen. besondere Anlässe usw. Mir war wichtig auch aus anderer Perspektive von Unbeteiligten zu klären, "alles richtig gemacht zu haben", da wir für vieles keine Zeit mehr hatten und auf Grund des Krankheitsverlaufs keinen Anlaß hatten, den schlimmsten Fall anzunehmen. Sie ist nicht am Krebs gestorben, der fast ausgeheilt war. Das Immunsystem war durch die Chemotherapie selbstverständlich mitgenommen. Es kann in einem ganz schlechten Moment eine Infektion mit Krankenhauskeimen gewesen sein. Ich weiß es einfach nicht, wie es zum worst case gekommen ist und kann das auch nicht mehr lösen.

Vielleicht hilft auch Dir ein Satz eines echten Freundes, der unser Pfarrer und ganz pragmatisch ist: es sei weniger wichtig, ob ein Grab erreichbar oder gepflegt sei ... der "Ort" für Angehörige sei die Gemeinsamkeit und Anwesenheit des Verstorbenen im Leben. Jeder hinterlasse Spuren. Niemand verschwände einfach. Auch nicht aus den Gedanken. Sich damit zu beschäftigen, das Beste daraus weiterzuleben und weiterzugeben sei schon allein eine Aufgabe.

Trotzdem muss man sich auch von Zeit zu Zeit bewusst eine Auszeit von der Trauer planen und ohne schlechtes Gewissen nehmen. Die Erfahrung scheinst Du vielleicht gerade punktuell zu machen. Das ist auch wichtig
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MEINE MAMA
1960-2013.Du wirst immer in meinem Herzen sein-bis wir uns wieder sehen.
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