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Alt 17.10.2010, 17:58
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Geburtstag / Hochzeitstag vergessen - aber aus gutem Grund

Hallo Helmut,

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Zitat von HelmutL Beitrag anzeigen
Auf Zwang reagiere ich auch allergisch. Ist ne ganz normale Reaktion. Zum Glück kann man diese Reaktion nicht weg operieren.
Doch, die kann man problemlos weg operieren, schon ewig. Indem man im Gehirn die Nervenstränge zwischen Thalamus und Frontallappen durchtrennt. Nennt sich Lobotomie. War in den USA der Brüller, nachdem Wirtschaftskrise und WK II allzu viele "Psycho-Opfer" hinterließen und die Klapsmühlen überfüllt waren. Galt als sehr fortschrittlich, auch weil mit der richtigen Methode einfach und billig. Augenlid anheben, oberhalb der Augenhöhle Werkzeug einführen, mit einem sanften Hammerschlag Schädel durchstoßen, Nerven durchtrennen, fertig. Dauert keine Stunde, ohne Vollnarkose, nichtmal ein Arzt muss bezahlt werden. Das kann nämlich jeder Praktikant. Nicht schwieriger, als ein Loch in die Wand zu bohren.

Ist heute aber nicht mehr en vogue, keine Sorge Heute wird implantiert, nämlich "Hirnschrittmacher". Die ersten klinischen Studien sind sehr vielversprechend. Könnte in 20 Jahren Psychopharmaka überflüssig machen. Die Frage wird dann nur sein, ob ich meinen Hirnschrittmacher mit meinem eigenen iPhone fernsteuern kann, oder ob das mein Psychiater tut...

Psychiatrie ist von der Historie her keine "Medizin". Die "Verwissenschaftlichung" und rhethorische Verklausulierung von Zwang zu aber-das-ist-doch-nur-zu-deinem-besten-Gutmenschentum fing, grob vereinfacht gesagt, erst mit Freud an, der ja auch Anstaltspsychiater war. Wer hat das Laufrad erfunden? Nein, nicht der Zoohändler für den Hamster, sondern "Mediziner" zur "Behandlung" "psychisch Kranker". Die Kaltwasserbäder? Ganzkörperbandagen? Elektroschocks? ice-pick-lobotomy? Wer hat mit gesammelter Belegschaft einen feucht-fröhlichen Sektumtrunk veranstaltet, als der tausendste Irre durch den Schornstein verraucht war? Und wer ist Anfang der 50er vor Begeisterung im Dreieck gesprungen, als man die Leute mit Chlorpromazin (das erste Neuroleptikum) endlich "human" "behandeln" konnte. Heisst, pharmakologisch noch effektiver kalt stellen als vorher mit physischem Zwang? Wer darf heute noch als einzige medizinische Disziplin Menschen gegen ihren Willen behandeln? Wer verweigert Patienten grundsätzlich die Einsicht in ihre Patientenakte? Wer droht mit seinem guten Verhältnis zum zuständigen Vormundschaftsrichter, wenn der Patient "uneinsichtig" ist? Na, wer wohl...

Ich war ja nun schon öfter in der Klapsmühle, ob mit oder gegen meinen Willen. Und offenen Zwang finde ich wenigstens noch ehrlich. Viel schlimmer sind Psychotherapeuten. Die sind darauf geschult, die Patienten totzuquatschen. Wir sind hier doch alle love and peace and compliance mäßig drauf, und selbstverständlich gibt es da keine Vorschriften, sondern "Vereinbarungen" (auch, wenn der Patient von denen nichts weiss). Und natürlich wird nie gesagt "du musst das tun", sondern "wenn sie nicht geheilt werden wollen, kann ich ihnen leider auch nicht helfen". Und die Dinge, zu denen man gezwungen wird, werden natürlich nie als Zwang ausgesprochen. Da heisst es dann "welches Problem haben sie mit diesem therapeutischen Angebot?" Und zwar im Notfall wochenlang, mit x Therapeuten im Schichtwechsel. Wer das als Patient durchsteht und nicht einknickt, weil er denen psychisch, fachlich und rhethorisch gewachsen ist, ist psychisch völlig gesund (und m.E. selbst als Anstaltspsychotherapeut hinreichend qualifiziert) - und wird demzufolge konsequenterweise als "therapierefraktär" (medizinisch Neusprech für "der will ja gar nicht gesund werden"; Klartext: "der stört den Betrieb und wiegelt vielleicht noch die anderen Patienten auf; der muss sofort weg!") rausgeworfen.

Wie auch immer. Ich gehe da nicht mehr hin, das ist beschlossen. Psychopharmakologie ist OK, wenn ich das will. Aber kein Zwang mehr und kein Bequasseln. Nie mehr.

Zitat:
Zitat von HelmutL Beitrag anzeigen
Dachte schon fast, du bist wieder untergetaucht.
Das wird demnächst sicher auch passieren. Ich habe tierischen Schiss vor dem Winter, auch weil ich den letzten nur knapp überlebt habe. Und hier zu sein tut mir nicht gut. Ich wollte z.B. schon länger auf deinen "Hinterblieben, nur wo?" thread antworten. Das geht mir aber zu nahe, dann muss ich an zu heulen fangen, bevor ich ein Wort geschrieben habe. Und das ist nicht gut, also lasse ich es lieber bleiben. Ich muss meine Kräfte sammeln und rein aus Selbstschutz die negativen Themen so weit wie möglich ausblenden, und mich statt dessen auf das Positive konzentrieren. Sonst wird es gefährlich

Viele Grüße,
Stefan
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