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Alt 03.10.2010, 13:46
ClaudiaF ClaudiaF ist offline
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Standard AW: Heute in der Uniklinik Heidelberg .......

Hallo meine lieben Freunde!

In genau 4 Tagen sind es nun 4 Wochen her, seit meine Mum den Kampf gegen Krebs verloren hat. Ich weis, ich habe hier eigentlich nichts mehr zu suchen, aber in ein Hinterbliebenenforum umzuziehen, das kann ich einfach (noch) nicht....

Wie es mir geht? Nach 14 Tagen schwerer Grippe und Bronchitis habe ich die Krankheit nun fast ausgestanden, aber ich habe alles soooooooo satt. Ich kann einfach nicht mehr. Ich kann den Tod meiner Mum immer noch nicht realisieren oder verstehen, kapiere einfach nicht, dass sie für immer weg sein soll.
Ich fühle mich alleine und von vielen missverstanden und bin Kräftemäßig einfach am Ende.

Warum erwarten Leute, Freunde und Bekannte, dass man nach nur 4 Wochen wieder in ein normales Leben starten soll, das eigene Leben in die Hand nehmen soll. Ich kapiere noch gar nicht richtig, dass Mama weg ist und die verlangen Normalität? Was interessieren mich derzeit Konzerte, Geburtstage oder Weihnachten?

Ich muss Kämpfe ausstehen und frage mich nur: Warum? Angefangen, dass ich mich mit meiner Schwester andauernd zoffe. Das ganze hat bereits angefangen, als meine Mama im Sterben lag und wir wussten, dass es nur noch wenige Minuten/Stunden dauern kann. Mein Neffe wollte einfach nicht bei meinen Kindern in dieser Nacht schlafen und meine Schwester meinte nur, wenn er net will, dann muss er auch nicht. Mein Komm darauf, dass es in dieser Situation kein wenn und aber gibt, sondern ein MUSS, er muss heute eben bei uns schlafen, löste eine Schreiattacke bei meiner Schwester aus, die nur rum brülllte, IHR Sohn, IHRE Erziehung etc. und das ganze am Sterbebett von meiner Mama. Das ganze schockierte mich, vor allem als meine Mama dann geschätzte 30 Min später tatsächlich verstorben ist.
Ich möchte nun nicht über meine Schwester herziehen, denn ich weis wie sie ist und so muss man sie eben nehmen, hab sie trotzdem lieb, aber es nagt in mir. Ich kann damit nicht umgehen. Was ist, wenn meine Mama das alles noch mitbekommen hat? Ich wollte sie in Frieden gehen lassen, aber so weis ich einfach nicht, ob sie ihren Frieden gefunden hat...... Versteht ihr, was ich meine?

Und immer wieder das gleiche: Meine Schwester lebt ihr Leben und so wie sie ihr Leben lebt, so wäre alles richtig.

Mein Dad ist 66 Jahre alt und meine Eltern haben ein 240 m2 großes Haus. Mein Dad musste noch nie putzen, Wäsche waschen, sich alleine um all die Tiere kümmern, kochen, etc. Eine Putzfrau kommt aus finanz. und persönlciher Einstellung meines Vaters nicht in Frage. Und nun das nächste: Immer ich, ich, ich. Ich schaue nach meinem Dad, ich putze, wenn es wirklich gar nimmer geht, ich bringe ihm ab und zu essen vorbei, ich bin für ihn da, wenn er reden will, ich gehe mit ihm zum Grab am 38. Hochzeitstag, eben immer ICH. Mache ich gerne, aber ich bin doch nicht die einzigste Tocher! Zudem ich ja wie schon geschrieben, die letzten 14 Tage schwere Grippe hatte und beide Kinder auch eine Bronchitis hatten.

Mein eigenes Haus gleicht einer mega Rumpelkammer und ich kann einfach nicht mehr.

Mein Mann sagt immer, lass Deine Schwester Schwester sein und rege Dich nicht mehr darüber auf, bringt eh nichts. Klar, ganz unrecht hat er nicht. Aber nun kommt das große Aber: Aber ich habe meiner Mama versprochen, dass ich auf meine Schwester und meinen Dad aufpasse.

ICH habe auch ein eigenes Leben, genauso wie meine Schwester, aber ich bin immer für jeden da, der einen braucht. Meine Schwester irgendwie nicht.... Da kommen dann nur dumme Sprüche wie: Sie hätte auch schon auf Reaktionen gewartet und es wären keine gekommen......

Ich kann gar nicht trauern, denn ich habe gar keine Zeit zum trauern. In mir steckt derzeit nur Wut. Wut und Enttäuschung........

MICH fragt auch niemand, wie es mir geht. Alle immer nur: Oh Dein armer Vater, sie hatten so eine glückliche Ehe, etc. Aber was ist mir mir? Meine Mama war MEINE FREUNDIN, mit ihr habe ich mehrmals am Tag telefoniert, shoppen gewesen, eben vieles gemeinsam unternommen. Nun bin ich alleine. (Klar nicht ganz alleine, habe ja noch meinen Mann, meine Kinder, etc) aber das ist alles nicht das gleiche.

Was bringen mir Freunde, die einen nicht verstehen können? Meine eine Freundin hat selbst genug um die Ohren und meine andere Freundin kämpft mit ihrer Mama gegen den Darmkrebs. Wie kann ich da über das alles reden was mich beschäftigt? Ich bekomme einfach nicht die letzten Sekunden VOR dem Tod aus den Augen und vor allem die Minuten NACH dem Tod. (Beerdigungsinstitut, Abholung, etc.) Wenn ich dann mal etwas anfange zu erzählen, wie anstrengend die letzten 22 Monate im Kampf gegen den Krebs waren, man nervlich immer am Rande der Belastung war, dann hört man wieder auf zu erzählen. Den meine Freundin hofft, den Krebs von der Mutter zu besiegen, was ich ihr auch sehr wünsche. Was soll ich ihr Angst machen, was evtl. auch auf sie zukommen kann? Und dann ist man doch wieder alleine.

Mein Mann versteht mich etwas, ich glaube er weis was in mir vorgeht, aber wie soll er mir helfen? Er kann es nicht und so mit über Probleme reden war auch noch nie mein Ding. Deshalb schreibe ich hier und texte Euch mal wieder zu.

Früher war ich täglich bei meiner Mama, egal ob zuhause oder in irgendwelchen KKH`s. Nun bin ich jeden Tag bei ihr am Grab, aber es geht mir dabei nicht besser.

Die Leute reden mit einem, man lacht mit Ihnen und denkt dabei nur: Was habt ihr für eine Ahnung, gar keine.........

Man kommt lächelnd nach Hause
geht ins Zimmer
und nimmt die Maske ab...
stellt sich vor den Spiegel...
spürt die warmen Tränen...
man weint leise
damit es keiner hört...
setzt die Maske wieder auf
und geht fröhlich in die Welt
und jeder denkt man ist glücklich...

Eigentlich sollte ich Jutta bitten, diesen Thread zu schliessen, aber ich schaffe es einfach nicht.

Bitte verzeiht mir, wenn ich Euch so mit meinen Problemen zutexte, soll nicht zur Gewohnheit werden

Claudia
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Meine liebe Mama (60) >> siehe Profilbild <<:
19.11.2008 Verdacht auf BSDK
27.11.2008 Whipple OP T3N1M0R1
30.12.2008 Portzugang
19.01.2009 Anfang Chemo 5FU/24Std/7Tage
03.07.2009 Ende der Chemo
08.01.2010 3 fache Wirbelkörperfraktur OP
19.03.2010 Metas in Leber, Lunge und Bauchfell gesichtet
05/2010 Man gab meiner Mum noch eine Lebenserwartung von 1 Woche
08/2010 Wir kämpfen immer noch!
07.09.2010 Gehofft, gekämpft und doch verloren