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Alt 04.08.2010, 02:00
Tante Emma Tante Emma ist offline
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Standard AW: Denkt Ihr in Eurer Verzweiflung manchmal an Selbstmord?

Hallo Krettl!

Ich war 17 Jahre alt, als meine Mutter mit noch nicht ganz 42 Jahren 1990 starb...- an Krebs!
Meine Schwester war 12, mein Bruder 10 Jahre alt. Und mein Vater trauert bis zum heutigen Tag!!
Ich hab den Krebs meiner Mutter 7 Jahre miterlebt: als ich 10 Jahre alt war, war ein Knoten in der Brust zum ersten Mal bösartig!
Ab diesem Tag hatte ich permanent Angst um meine Mutter und auch bei jedem Zipperlein um mein eigenes Leben. Habe (mit 10 Jahren!) begonnen, Medizinbücher zu lesen, habe angefangen, meine Muttermale täglich auszumessen, nachdem ich was über Hautkrebs gelesen hatte.
Ich hatte 7 Jahre Angst! Und ich dachte immer, mein Leben endet mit dem Tod meiner Mutter.
Doch als es dann soweit war, war alles anders:
mein Opa war im Januar 1990 verstorben (an Darmkrebs, den man zu spät erkannt hatte), was ich als furchtbar in Erinnerung habe.
Als meine Mum dann im Mai verstorben ist, war mein Kopf auf einmal leer!
Da war mein Vater, der mit niemandem reden konnte; meine kleinen Geschwister, die das noch gar nicht richtig verstehen konnten; da war mein Abi, welches ich anstrebte...- und ich bin völlig stumpf zwei Tage nach ihrem Tod zum Ferienjob gegangen (es waren Pfingstferien)!
Frag mich nicht, wie das damals funktioniert hat - ich weiß es nicht!! ABER: es HAT funktioniert!
Natürlich holten mich die Trauer und die Erinnerungen immer wieder ein, aber das Leben ging weiter.

Mittlerweile haben meine Schwester und ich ein zweifelhaftes Erbe angetreten: meine Schwester erkrankte 2003 mit 25 Jahren an Brustkrebs, jetzt vor einigen Wochen erneut (mit nun 33 Jahren). Ich selbst hatte 2006 Brustkrebs und 2007 Gebärmutterkrebs.
Ich weiß nicht, ob man "abstumpft", wenn der Krebs so zum Leben gehört, wie es bei uns leider der Fall ist.
Aber wir haben bis jetzt JEDE Hürde genommen!!!

Dein Verhältnis zu Deinem Vater kann ich nachvollziehen:
mein Vater hat zwar nicht getrunken, aber mir die Schuld am Tod meiner Mutter gegeben (ich war die Älteste, es gab immer wieder Diskussionen, wann ich wie lange ausgehen durfte...- das war Stress, und der verursacht Krebs! SO sah das mein Vater).
Es gab auch mal 2 Jahre Funkstille; ich hab mit einer Stichsäge meine Möbel zerlegt (damit ich die transportieren konnte) und bin Hals über Kopf ausgezogen; habe kein Studium, sondern eine handwerkliche Ausbildung gemacht (das wollte ich so, er nicht!)...

Mittlerweile haben wir ein herzliches Verhältnis. Ich besuche meinen Vater sehr gerne, war auch mal mit ihm alleine im Urlaub.
Wir sehen uns alle paar Wochen, telefonieren zwischendurch. Und über meine Mutter sprechen wir nach wie vor nicht...- das hab ich mit anderen Menschen getan.

Hört sich jetzt vermutlich alles ziemlich schrill an...?
Ich will Dir eigentlich nur sagen: ich verstehe Deine Gefühle! Aber wenns dann so weit ist, scheint der Körper einen Schutzmechanismus einzuschalten, damit das Leben weitergehen kann.

Ich wünsch Dir viel Kraft und noch eine gute Zeit mit Deiner Mutter!
Liebe Grüße,
Tante Emma.
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