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Alt 22.03.2004, 08:01
Gast
 
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Standard Rippenfellkrebs

Hallole,

ich hole meine Forumsbeiträge aus diesem Forum (Archiv 25) vom 16.07.2003 wieder nach oben, denn ich möchte nochmals etwas zum Umgang mit Hoffnung, Trauer und Tod sagen.

Ferner habe ich als Angehöriger den Leidensweg meiner Frau und meine Betroffenenheit in einem eigenen Thread im Forum für Hinterbliebene Archiv 5 vom 19.07.03 beschrieben unter "Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit".

Meine eigene Betroffenheit:

Vor nun bald 4 Jahren habe ich nach 30jähriger Ehe meine Frau
im Alter von 56 Jahren verloren (papilläres Mesotheliom). Nach einer kurzen Operation im April 1996 (Entfernung des betroffenen Rippenfells) wenig Beschwerden. Drei wunderbare Jahre in Hoffnung und Intensität, danach mächtige Rückkehr der Krankheit und nach 1.5 Jahren die Erlösung. Ich habe die medizinischen Details und den zeitlichen Ablauf in vielen Beiträgen sehr gut nachvollziehen können.

Unser Umgehen mit der Krankheit und dem Sterben:

1996 nach anfänglichem Schock (Krebs, aber welcher? Adeno oder Mesotheliom) und vielen medizinischen Untersuchungen der Hinweis in der Klinik für Tumorbiologie in Freiburg 1999(!!),
daß es seit 1997 einen speziellen Tumormarker gibt, der Adeno-CA und Mesotheliom auseinanderhalten kann.

Einschub-Anfang:
(Der Tumormarker, der seit 1997 existiert, ist in der Lage, Adeno-Carzinome zu unterscheiden von Mesotheliomen. Der Marker heißt CALRETININ.

Die Klinik für Tumorbiologie in Freiburg ist eine ausgezeichnete Klinik auch für AHBs (Anschlußheilbehandlungen) und Reha-Maßnahmen.

Sie bietet zudem an, sich dort eine fundierte ZWEITE MEINUNG (Second Opinion) einzuholen. )
Einschub-Ende

Sehr große Offenheit zwischen uns und dem onkologischen Chefarzt unserer Klinik im badischen Raum; Hoffnung trotz eingeschränkter Chancen durch Chemobehandlung; wir haben mit dem Chefarzt wirklich ALLES besprochen.

10 Monate vor ihrem Tod Beginn der vielen kleinen Abschiede von
Tätigkeiten, Hobbies; Klarheit verschaffen im Verhältnis zu ihren Geschwistern; schwer für mich: Meine Frau machte sich
Gedanken, daß ich glücklich weiterleben möge. Ich habe mich ganz darauf eingestellt, ihre Wünsche zu erkennen und zu erfüllen, ganz für sie dazu sein.

Enge Freunde haben uns sehr, sehr geholfen (seelisch) und
mit Taten ( z.B. 2 Wochen vor ihrem Tod 24 Stunden Tag-/Nacht Wachdienst im Krankenhaus ).

Wir sind wirklich Hand in Hand den schweren Weg GEMEINSAM gegangen bis zu der GROSSEN TÜR, sie ging hindurch, ich blieb zurück.

Nach ihrem Tod:

Systematisch bin ich die vielen (für Sie doch immer mühsamer werdenden) Spazierwege gelaufen: Alleine, mit vielen Tränen,
im lautem Gespräch mit ihr, obwohl sie nicht mehr bei mir war.
Aufsuchen von gemeinsam besuchten Orten und Plätzen incl. des Hospizes, indem sie die letzten zwei Tage ihres Lebens war.
Wenige Tage nach Ihrem Tod: Entfernen der Kleider, Schuhe. Hier half die beste Freundin meiner Frau. Entfernen der mfangreichen medizinischen Dokumente.

Mein Fazit ( Trauer,Krankheit, Tod):

Trauer braucht Zeit; der Trauer muß ich mich stellen; über
Trauer muß ich reden können; der geliebte Mensch lebt überall in Erinnerung weiter, aber man muß sich nicht jeden Tag Schmerzen zufügen durch Anschauen, Fühlen z.B. von Kleidung.

Da wir/ich vor/nach dem Tod meiner Frau viele Möglichkeiten zum offenen Gespräch hatten, bin ich nicht in eine der sich anbietenden Gesprächsgruppen für Angehörige von Krebskranken / Trauergruppen gegangen. Ich habe es mir aber überlegt, es zu tun.

Ich habe NICHTS verdrängt, ich habe keinen "SCHREIN" der Erinnerung aufgebaut.

Wenn überfallartig Szenen der Vergangenheit als "Trauerwolken"
über mich kamen: Ich habe Sie kommen lassen, die Wolken angeschaut, sie gefragt, wo sie denn gerade herkommen und sie wieder ziehen lassen.
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