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Alt 17.02.2010, 10:48
Taddl Taddl ist offline
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Registriert seit: 22.06.2008
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Standard AW: Krebsfamilie??

Hallo Nicole,

ich kann deine Ängste so gut nachvollziehen. Und der Ausspruch deiner Kollegin ging mir in Mark und Bein. Sie hat Recht, entweder man zerbricht oder wird stärker.

Bei mir war 2008 ein sehr schlechtes Jahr. Ende Januar verstarb mein Schwiegervater und im April 08 bekam mein Vater die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs. Ich wusste was das heisst. Auch er ging so gut wie niemals zum Arzt. Was soll er da, war immer sein Motto. Er verstarb im Oktober 2008. 21 Tage vor seinem 60. Geburtstag.
Wäre die Erkrankung aufzuhalten gewesen? Keine Ahnung. Ein Gedanke, der mich fast wahnsinnig machte.

Ich wusste während dieser schlimmen Zeit, leider keine andere Möglichkeit wie zu trinken (was bei mir fatal ist, da ich 16 Jahre lang von mehreren Stoffen abhängig war). Ich war nicht in der Lage die Angst und Hoffnungslosigkeit anders zu verarbeiten und griff auf ein altes Verhaltensmuster zurück, nach 5 Jahren totaler Abstinez.

Erst jetzt, fast 2 Jahre nach dem Horror, bin ich in der Lage wieder normal am Leben teilzunehmen. Ich habe langsam wieder den alten "Biss" und meine Abstinez. Ich bin nicht zerbrochen, obwohl es sehr eng war.

Ich habe eine 9 jährige Tochter mit ADS, diese Diagnose und ein Grottenschlechtes Zeugnis erfolgten selbstverständlich mit dem Jahr 2008. Zur selben Zeit, wie die Diagnose meines Vaters.
Leider war ich bis vor kurzem nicht in der Lage, mich darum anständig zu kümmern, weil mir Angst-und Panikzustände die Luft abdrehten.
Als ich dann kurz davor stand, mich selber aufzugeben, begann ich eine Psychotherapie. Mit deren Beginn ging es langsam wieder aufwärts.
Erst ging es mir nur 1 oder 2 Tage in der Woche gut, der Rest war sehr bescheiden. Also mehr Ab wie Auf. Doch mit der Zeit werden die Tage mehr, an denen es mir gutgeht. Langsam kann ich sagen, das Auf überwiegt.
Ich kann dir eine Psychotherapie nur empfehlen. Es tut gut, sich mit jemanden objektiven zu unterhalten.

Mit Depressionen kenn ich mich leider auch aus, da mein Lebenspartner seit Jahren Depressionen hat. Die waren während der letzten 2 Jahre auch so schlimm, das er nicht arbeiten konnte, seinen Job aufgeben musste.
Leider habe ich die Erfahrung gemacht, dass es für Ausenstehende sehr schwierig ist zu helfen. Vor allem, weil du selbst ja nicht wirklich auf dem Damm bist.

Was mich immer gehalten hat, waren meine Kinder. Meine Kleine und die Grosse, für sie (und nur für sie) überlebte ich irgendwie die letzten 2 Jahre.
Wie??? Oh Mann, keine Ahnung.
Versuche deine Kraft aus deinem Kind zu schöpfen.

Für mich war die schlimmste Erkenntnis, wir werden alle einmal gehen. Der Tod gehört zum Leben. Doch wer denkt den schon daran? Wir leben doch alle so, als wäre das Leben unendlich lange.

Seit dieser Erfahrung versuche ich, mein Leben so zu verbringen, sodaß ich am Ende sagen kann, so war es O.k.
So versuche ich es jetzt zu verarbeiten, immer nach vorne, nicht mehr zurück. Das wäre auch der Wunsch meines Vaters gewesen.

Meine Mutter ist 63 und ich habe heute schon Angst vor dem Tag ....

Ich wünsche dir viel Kraft

LG Taddl
__________________
In unserer Sanduhr fällt das letzte Korn,
ich hab gewonnen und hab ebenso verlorn'.
Jedoch missen möcht ich nichts,
alles bleibt unser gedanklicher Besitz.



Mein (Stief) Papa:
27.10.1948 - 08.10.2008
BSDK-Diagnose im April 08

Geändert von Taddl (17.02.2010 um 10:56 Uhr)
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