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Alt 03.01.2004, 19:00
cyrne
Gast
 
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Standard Hoffnung oder nicht?

lieber herbert,
danke für deinen ausdrucksstarken text. ja genau das geschieht bei uns. mutter ist voller verzweiflung. heute ist sie 78 jahre alt geworden und es gibt nichts, womit wir ihr wirklich etwas aufmunterung geschaffen haben. alle anrufer und besucher lösten nur weinkrämpfe bei ihr aus. ich habe irgendwann den ab angeschaltet und die türklingel ausgestellt. jetzt sitzt sie mit ihrer freundin (sie kennen sich seit fast 60 jahren! ein unvorstellbarer zeitraum für mich!) und wälzen in alten fotos und erinnerungen. mama hat eben zum ersten mal gelacht. worüber? über ein kinderfoto von mir, wo ich nach dem spielen von einem bauernhof über und über voller gülle, mist und stroh ihr einen blumenstrauß bringe.
ich hoffe so sehr, dass ich die kraft aufbringe ihr etwas halt geben zu können.
eine alte tante hat mir heute einen spruch geschickt, der mir sehr gut tut: es ist ein gebet. obwohl ich nicht gläubig bin, steckt viel wahrheit für mich darin. eine zeile daraus lautet: herr, gib mir die kraft, dinge zu ertragen die ich nicht ändern kann.
genau das ist was mich fast verrückt werden lässt. nichts machen können. ohnmächtig etwas aushalten zu müssen. fremdbestimmt sein.
das ist das schlimmste für mich. manchmal würde ich mich am liebsten webbeamen. so wie ich dies als kind konnte. man sitzt zu hause im kinderzimmer und ist aber "in wirklichkeit" auf fremden planeten oder inseln.
ich wünsche mir meine kindliche naivität zurück, wo probleme mit leichten methaphern erklärt wurden. ich bin erst 33 jahre. habe mein studium zu ende und sollte jetzt richtig losstarten können. stattdessen habe ich das gefühl, mit dem verlust der mutter, wird mir das innerste herausgerissen. ich weiß, dass alles vergänglich ist. doch steht man so kurz davor fehlen mir, als pragmatische kommunikationsfachwirtin die worte. es ist der blanke wahnsinn!
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