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Alt 23.11.2008, 11:36
Stefans Stefans ist offline
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Beiträge: 425
Standard AW: selber schuld?

Hallo,

Zitat:
Zitat von Chifel Beitrag anzeigen
Krebspatienten haben essentielle ureigene Persönlichkeitsanteile abgespalten und verdrängt.
Genau _das_ sind statements, die mir aus meiner Erfahrung "das Messer in der Hosen aufgehen lassen" :-( Weil sie nichts sind als reine Spekulation. Und es ist eine üble, verleumderische Spekulation - weil sie genau das verursacht, was Ausgangsthema dieses threads war: Schuldgefühle beim Kranken auszulösen. Der hat schließlich "abgespalten" und "verdrängt" - im Umkehrschluss: er hat sich seinem Leben nicht gestellt. Er ist nicht so, wie Mensch heute angeblich zu sein hat. Offensiv, konfrontontativ, konfliktfreudig, leistungsfähig, belastbar. Noe, er ist (um mit Marty McFly zu sprechen) eine feige Sau. Und "selbst Schuld".

Das ist für mich nichts als eine üble Diskreditierung von kranken Menschen, die ausschließlich aus Unwissenheit und Vorurteilen wächst. Wer wissen will, wie extrem unsere Gesellschaft von solchen Vorurteilen geprägt ist, der mag sich mal (was ich niemandem wünsche) mit nicht genau diagnostizierbaren Beschwerden zum Arzt begeben. Wer da hartnäckig ist, bekommt spätestens nach dem 3. Facharzt, der "nichts finden" kann, Tranquilizer verschrieben und wird in eine "psychotherapeutische" Behandlung geschickt. Nach dem Motto der Schulmedizin: alles, was wir nicht wissen, kann auch keine körperliche Ursache haben. Alles Einbildung, Schema hysterisch-frustrierte Hausfrau, die nichts besseres zu tun hat, als krank zu spielen. Diese Stigmatisierung der Kranken dient nur Schulmedizinern dazu, ihre Verantwortung abzuwälzen.

Übertrieben? Noe. Ich habe in der stationären Psychiatrie und Psychotherapie viele Menschen kennengelernt, die mangels "handfester" Symptome und Diagnose dahin kamen. Und deren Krankheit dann mit Psychopharmaka und Psychologen-Gequassel "behandelt" wurde. Übel, wirklich übel. Für die Betroffenen. Nicht für Kliniken und Therapeuten - die leben sehr gut davon :-(

Dabei gibt es in der Medizingeschichte endlos viele Beispiele, wo solche Stigmatisierungen Jahrzehnte über stattfanden, bis man endlich die physische Ursache entdeckt hat - und die Krankheit "entmythologisiert" wurde. Klassisches Beispiel: Chorea Huntington ("Veitstanz"). Früher galten die Betroffenen schlichtweg als verrückt und kamen in die Klapsmühle. Dann hat man entdeckt, dass es sich dabei um einen Gendefekt handelt. Heute kann man per Billig-Gentest jedem Säugling sicher voraussagen, ob er in xx Jahren an dieser Krankheit erkranken und "verrückt" werden wird. Und niemand besitzt mehr die Unverschämtheit (die Psychologen bei xx anderen Krankheiten heute noch aufbringen), solchen Kranken zu sagen, sie hätten eine Persönlichkeitsstörung und würden irgendwas "verdrängen" und deshalb daran erkranken. Welch ein Blödsinn.

Zitat:
Psychische Begleitung in Lebenskrisen kann echte Prävention sein
Unbestritten. Sofern sie konstruktiv ist und dabei hilft, nach vorne zu schauen, um die Zukunft besser bewältigen zui können. Aber nichts davon trifft auf die Stigmatisierung von Menschen als "Krankheitspersönlichkeiten" zu.

Viele Grüße,
Stefan
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