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Alt 15.10.2008, 08:05
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Erle Erle ist offline
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Standard AW: Behandlung von Lebermetastasen

Guten Morgen, meine Lieben!
Ich kämpfe schon lange mit mir, Euch ein liebes „Piep-ich lebe noch“ zu senden, aber irgendwie bin ich doch immer wieder fahnenflüchtig geworden. Aber Dein Tip gestern, liebe Annett, hat mich doch bestärkt, einfach mal anzufangen.

Zunächst einmal, Elke, möchte ich Dich hier vor unseren Freunden mal ganz herzlich in die Arme nehmen. Ihr Lieben, Ihr könnt Euch kaum vorstellen, dass ich vor Freude fast zusammengebrochen wäre, als die liebe Elke in der Kirche bei der Beerdigung vor mir stand. Du hast mir diesen schlimmen Tag, liebe Elke, wirklich erträglich gemacht. Und Dein Kompliment über unsre starke Familie hat mir wirklich gut getan.
Ja, es stimmt. Wir sind eine starke Familie---- und Alfreds Familie ist eine A***l***-Familie. Anders kann ich es nicht ausdrücken.
Und nun wisst Ihr gleich, welches Thema mich leider so beschäftigt, dass ich innerlich gar nicht zur Ruhe komme.
Aber lassen wir das erst mal außen vor.

Ich denke wirklich, wir haben die Beerdigung recht gut überstanden. Es tat unglaublich gut zu sehen, wie viele Menschen dort waren, um meinem Liebsten die letzte Ehre zu erweisen. Natürlich sind die Momente, an denen eines Deiner Kinder neben Dir fast zusammenbricht, sehr sehr schlimm. Überhaupt hab ich die Zeit bisher recht gut rumbekommen, nur wenn meine Kinder anfangen zu weinen und zu klagen, wie sehr sie ihn vermissen, dann ist es ach so schwer.

Bis zur Beerdigung und auch noch einige Tage danach habe ich geschlafen wie ein Stein. Ich hatte wohl viel nachzuholen. Den ganzen Tag war ich müde und erschöpft, konnte kaum etwas machen. Aber ich habe wirklich eine ganz tolle Familie, egal was für Zoff es bei uns oft gibt, aber wenn einer wirklich Hilfe braucht, ist meine Familie da.
Jetzt hat die Zeit angefangen, wo ich immer später ins Bett gehe und nachts häufiger wach werde. Ich warte verzweifelt auf ein Zeichen von Alfred. Es macht mir super Sorgen, dass ich so gar nichts von ihm spüre. Meine Freundin meinte zwar, das sei doch ein Zeichen, dass er mir die Ruhe lasse und ich soviel schlafen konnte, aber je mehr Tage vergehen, desto mehr Kummer macht es mir. In mir ist alles tot, ich träume nicht von ihm, nichts kommt rüber.
Ständig habe ich Angst, ob ich vielleicht was falsch mache, bei irgendwas so handel, wie er es eben NICHT wollte.
Ja, es stimmt, ich räume im Wohnzimmer etwas um. Dort haben wir die letzten zwei Jahre auf der Couch geschlafen, na ja und die letzten 3 Monate......
Ich habe den überdimensionalen Fernseher und den PC samt Riesenschreibtisch aus dem WZ verbannt und die Sideboards verschoben.
Es stand aber schon lange fest, dass ich das als erstes und sofort machen wollte. Ich habe mir einen kleinen Flachbildschirm zugelegt, außerdem ein totales High-Tech-Laptop. Nun ist viel mehr Platz im WZ. Die Couch werde ich auch irgendwann austauschen, aber halt nicht alles auf einmal.
Alfred wusste, dass ich das tun wollte. Ob es ihn trotzdem stört, dass ich es jetzt schon mache? Ich gebe ja zu, eigentlich wollte ich das Ganze erst in 2-3 Wochen anfangen, aber der Stress mit seiner Familie einen Tag nach der Beerdigung hat mich zu einem schnelleren „Frustkauf“ bewogen, ich musste mir da einfach was Gutes tun.

Außerdem starten wir am kommenden Samstag (25.10.) einen Garagen-Abverkauf. Diese verflixte Garage steht so zugemüllt mit alten Möbeln, dass gar nicht dran zu denken ist, ein Auto dort reinzustellen. Alfred konnte halt nix wegwerfen....

Ich hab ja nicht vor, das ganze Haus umzukrempeln, auch bleiben seine Sachen selbstverständlich da, wo sie sind. Erstmal jedenfalls noch.
Aber so ein bisschen muss ich tun, um mich wohlzufühlen. Ich hasse dieses WZ, so wie es jetzt ist.

Ich fühle mich aber einfach schuldig, weil ich von Alfred nix „höre“. Jeden Tag macht es mich ein bisschen mehr fertig.

Bisher hatten die Gedanken „Gott sei Dank, dass es so gekommen ist, was hat er gelitten, jetzt geht’s ihm besser“ auch überwogen. Ich war immer so müde und kaputt, dass ich kaum realisiert habe, dass er nicht mehr da ist oder das ich ihn vermisse. Immer war das Gefühl da, gleich kommt er die Tür rein.

Aber nun, nun hämmer ich mir immer wieder in den Kopf „ Er kommt nie nie wieder“. Ich kanns nicht begreifen. Es ist, als stehe ich neben mir und schaue mir zu wie in einem Theaterstück. Ich lebe wieder, aber doch ist es eine andere Person.
Ach ja, und von allen Seiten bekomme ich bescheinigt, wie tapfer und toll ich bin. Es macht mich total kirre. Doch sicher, wenn meine Freundin mich „ihre kleine Heldin“ nennt, dann find ich das lieb, bei ihr weiß ich aber, dass sie es wirklich so meint. Aber bei jedem anderen......

Ich könnte noch so viel schreiben, aber ich das solls nun erst mal gewesen sein, sonst schicke ich es am Ende doch wieder nicht ab.

Ihr Lieben, gerade habe ich Eure Einträge seit Alfreds Tod nochmal gelesen, durch Zufall lief gleichzeitig eines meiner Lieblingslieder im Radio. Nun sitze ich hier und mir laufen die Tränen runter. Ach verdammt, ich bin so verzweifelt.

Ich danke Euch so sehr für Eure Zusprüche, schließe Euch alle kräftig in die Arme. Liebe Grüße Erle
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