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Alt 13.10.2003, 20:38
Gast
 
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Standard Wenn die Kraft oder der Wille schwindet

Hallo.
Da ist etwas verkehrt rüber gekommen, vielleicht habe ich mich auch zu salopp ausgedrückt Euch gegenüber, sorry!
Was ich ihm gesagt habe, das habe ich ihm in keinster Weise vorwurfsvoll gesagt, sondern lieb.

Natürlich bin ich sauer, wenn ich sehe wie er sich Tag ein Tag aus "um die Ecke kratzt", ständig "Scheiße" stöhnt wenn es mal wieder juckt. Dabei liegt die Lösung doch so nahe - der Gang zum Arzt. Und daher ist es mir auch nicht heraus gerutscht, das es so schlimm mit dem Jucken nicht sein kann, da er sonst längst beim Arzt gewesen wäre. Ich habe meine Gründe so mit ihm zu sprechen.

Ich weiß meinen Vater zu nehmen, weiß wie mit ihm zu sprechen ist, damit er wieder nach vorne schaut und nicht zurück.
Es ist angekommen, als ich heute dort war, war er gleich wieder besser drauf.

Inzwischen ist er auch das erste Mal mit der Milch eingecremt, ich hoffe das die Linderung schnell eintritt.

Mein Vater wird im Februar 66 (und da fängt das Leben erst an), das habe ich ihm gestern auch nochmal lächelnd gesagt. Meine Mutter wird im Dezember 60 und ich in 14 Tagen 30. Die Diagnose (Metastasen) wurde im Februar d.J. gestellt, er hatte einen Gnubbel am Hals, das aber schon länger. Nachdem er sich meiner Mutter anvertraut hat, hatte er auch schon einen Arzttermin und wenigs später lag er bereits zur Entnahme im Krankenhaus.

Ich habe höchste Achtung vor meinem Vater, bin stolz darauf wie er das wegsteckt und gestehe ihm sein Tief auch ein.

Er fährt alleine zur Kur, meine Mutter will inzwischen auch nicht mehr mit, er soll Gelegenheit haben sich mit sich selbst zu beschäftigen, nicht in die Verlegenheit kommen den starken zu miemen, nur damit sie sich keine Sorgen macht. Dad soll sich mit Gleichgesinnten austauschen können und machen wozu er Lust hat.
Außerdem braucht meine Mutter die Zeit auch für sich, sie ist auch nicht gerade gesund (Bypässe) und wie es scheint, sind sie dicht. Aber sie geht nicht zum Arzt, weil sie Angst hat ins Krankenhaus zu müssen und dann nicht für Dad da sein zu können, aber das ist eine andere Sache.

Mit meinem Vater reden wir offen über alles, aber er bestimmt sozusagen wann geredet wird, nur gestern habe ich eine Ausnahme gemacht.

Und wie gesagt, heute war er auch gleich wieder besser drauf, ist halt dieses Auf und Ab, von dem ich bis jetzt nur gelesen habe.

Vorhin saßen wir gemeinsam am Kaffeetisch, da sagt mein Dad grinsend: Weißt du was ich heute Nacht geträumt habe? Darauf ich gespannt: Na? *seinem Grinsen nach musste es ja was lustiges gewesen sein*.... Darauf er: ich habe mein Grab gesehen, ich lag da und auf dem Grab waren keine Blumen. Ich sagte darauf nur: mache dir man keine Sorgen, wenn du in 30 Jahren mal unter der Erde liegst, dann werde ich dafür sorgen, daß Blumen dein Grab zieren. Einige hier mögen es nun nicht verstehen, aber daraufhin haben wir gemeinsam gelacht, ich dachte meinen Augen nicht zu trauen, als ich meinen Dad lachen sah.

Er nimmt alles mit seinem schwarzen Humor, ich muss nun lernen, daß er halt auch mal Tage hat, das er nicht lachen mag oder alles locker sehen.

Heute hat er sich 2 super schicke Skimützen gekauft, stehen ihm echt supi. Ich sagte zu ihm: Pass mal auf, wenn du da ankommst, dann sagen die zu dir: Na, Herr Dr. *****, auf welcher Station fangen sie heute an? Er hat daraufhin herzhaft gelacht - Man sieht ihm seine Krankheit nicht an, auch nicht was er hinter sich hat. Vielleicht ist das auch der Grund, das mich sein Tief der letzten Tage so getroffen hat, ich weiß es nicht.

LG
Sandra
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