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Alt 15.09.2008, 16:57
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Saphra Saphra ist offline
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Registriert seit: 15.05.2008
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Standard AW: Prognose 6 bis 12 Monate

Hallo Sandra und Petra,

herzlichen Dank für eure Antworten. Einen noch größeren Dank für euer Verständnis.

Es fällt mir nach wie vor schwer auf Beiträge zu antworten, obwohl ich ja selbst den Weg in dieses Forum gesucht habe. Irgendwie kämpfe ich jetzt auch gegen das ungute Gefühl an, dass ich mich nicht sehr loyal meinem Mann gegenüber verhalte, indem ich mich hier so beklage.

Er gibt mir nicht die Schuld an seinen Erkrankungen, aber sicher hat er häufiger in den letzten Jahren gedacht (und auch mal geäußert), dass ich mich gar nicht in seine Situation hineindenken kann/konnte. Sein Arzt meinte, dass er einmal ein richtig „netter Kerl“ war, aber im Laufe der Jahre immer „verschrobener“ wurde. Ja, er hat sich in der Wohnung vergraben, ließ alle Kontakte einschlafen, war tagsüber ständig allein (ich bin voll berufstätig), flüchtete ausgelöst durch die Schmerzen in die Medikamentensucht, alles zusammen hat seine Psyche verändert. Seine Kräfte ließen immer mehr nach, ein Bündel Elend bestehend aus Haut und Knochen. Ich habe weit mehr verstehen und nachvollziehen können, als er jemals glaubte, aber es ist und war ein Kampf gegen Windmühlen.

Ich habe meinem Mann auch gesagt, dass ich es verstehen und akzeptieren könnte, wenn die Schmerzen für ihn unerträglich werden, ihm das Leben nur noch Qual bereitet, dass er dann diesen Leidensweg verkürzen will. Ich kann aber nicht akzeptieren, dass er sich zu einer Kurzschlusshandlung durch einen Medikamentenrausch hinreißen lässt.

Ich war am Freitag wirklich richtig wütend und habe ihm angedroht, wenn er wieder stürzt und sich verletzt, dann haue ich ihm noch zggl. die Bratpfanne um die Ohren und lasse ihn liegen. (Er hat dann doch versucht, sich zusammenzureißen, zumindest kamen keine neuen Blessuren hinzu.)

Er kann mir nicht erklären, warum er soviel Medis einnimmt, es ist eben so, und er wisse, dass er süchtig ist. Wenn ich merken würde, dass ihm diese „Cocktails“ gut tun, dann würde ich sie ihm selbst anmischen, aber sie verstärken eher seine Depressionen und durch die Stürze gefährdet er sich noch zuzüglich. (Den Rum mischt er in die Medikamentenflasche, als Verdünnung des Opiums, damit die Pumpdüse durch das Opium nicht verklebt )

Im letzten Bericht des KK’s steht, dass der Primärtumor auf die Chemo anspricht, also etwas kleiner geworden ist. Ein wenig Hoffnung und Auftrieb gibt dies meinem Mann. Diese Hoffnung kann ich nicht zerstören, auch wenn ich weiß, dass sich letztendlich an den Prognosen nicht gravierend etwas ändert. Sein Arzt meint, sobald die Prognosen sich wieder verschlechtern, muss ich evtl. tgl. damit rechnen, dass mein Mann sein Leben ein Ende setzt, aber dass er es ihm nicht verdenken könnte.

Ich liebe meinen Mann immer noch, auch wenn die Schuttberge, die ich wegräumen muss, größer werden, und ich weiß, dass er auch sehr an mir hängt. .............aber er hat auch sonst niemanden außer mir, seine Eltern sind viel zu alt und Weltmeister im Verdrängen.

Ich durchlaufe selbst auch irgendwie Phasen, Unglaube, Verdrängung, Wut, Verzweiflung, unendliche Traurigkeit, Angst und Hoffnung. Wahrscheinlich wird diese Achterbahn der Gefühle auch in meinen Beiträgen zum Ausdruck kommen.

Es tut mir so leid, wenn ich von eurem Schicksal lese.

Liebe Grüße
Saphra

Geändert von Saphra (15.09.2008 um 17:07 Uhr)
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