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Alt 03.09.2008, 23:40
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Linnea Linnea ist offline
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Registriert seit: 18.07.2007
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Standard AW: Hodgkin - mein neuestes Sammlerstück

Liebe Anja, liebe Ulli, liebe Louise, liebe Beba, liebe Katinka, liebe Ina und Ihr anderen lieben Menschen

laaaaaaange habt Ihr lieben Schreiberinnen auf Antwort warten müssen - nur Ina nicht, sie ist mir ganz knapp zuvor gekommen Aber nun endlich sollt ihr mal wieder ein Lebenszeichen von mir erhalten:

Ehrlich gesagt, fällt es mir insgesamt recht schwer, mich an die "Zeit-danach" zu gewöhnen. Irgendwie soll wieder mehr Alltag sein, mehr Normalität herrschen als im ganzen letzten Jahr. Allerdings ist es ein bißchen wie mit der leidigen Geburtstagsfrage: "Nun, wie fühlt man sich mit 31?" Natürlich nicht gravierend anders als ein paar Stunden zuvor, als man noch 30 war. So ähnlich empfinde ich es derzeit: die Krebstherapie ist abgeschlossen und ich bin froh und dankbar, daß diese Zeit hinter mir liegt. Auch geht es in vielerlei Hinsicht deutlich aufwärts. Aber so schlagartig wie einige "Außenstehende" sich das vorstellen, geht es natürlich auch nicht. Ich versuche gerade zu lernen, mich von diesen Vorstellungen nicht unter Druck setzen zu lassen, denn mit meinen eigenen Ansprüchen mache ich mir eigentlich schon genug Stress Nein, im Ernst: mir ist bewußt, daß in dem Beginn dieses neuen Lebensabschnitts eine große Chance steckt, Dinge anders zu machen, neu zu organisieren, umzuwerten bzw. den geschehenen Neubewertungen gerecht zu werden etc. Diese Chance möchte ich nur allzu gerne nutzen und einen Lebensrhythmus finden, mit dem ich dauerhaft gut zurecht komme. Aber das Altgewohnte, so wie es vor der Krebserei selbstverständlich war, zieht eben auch immer an mir, und so wird der Spagat zwischen beidem doch sehr schnell schmerzhaft. Der eine Fuß steckt noch im alten Sumpf, der andere tastet zaghaft den neuen Boden ab. Ich ahne, daß es eine Mutfrage ist: wie sehr vertraue ich selbst auf mein "neues" Standbein? Aber wie so oft bin ich da in der Theorie weiter als in der Praxis Ich übe aber weiter!

Das alles klingt vielleicht ein bißchen melancholisch. Dabei geht es mir eigentlich recht gut: psychisch geht es nicht mehr so arg hinunter und auch mein Herz bessert sich nach wie vor, wie der Kardiologe heute nochmal bestätigen konnte. Das hat mich riesig gefreut Die anstehenden Nachsorgeuntersuchungen machen mich ein bißchen kribbelig, aber eigentlich - und das ist das Wichtigste! - glaube ich, daß alles in Ordnung ist.

Wie Du, liebe Ina, schon gelesen hast, schlage ich mich derzeit mehr mit zusätzlichem Kleinkram herum: Seit mir neulich ein Backenzahn gezogen wurde, habe ich eine Stelle, an der der Kieferknochen offenliegt und ab und zu Knochensplitter absondert. Das ist mir nicht ganz geheuer. Und bei einem Sonntagsspaziergang - im schönen Ilmpark, liebe Katinka - hatte ich das Pech, in einer Kurve neben einem Fahrradfahrer herzulaufen, der dann auf dem Kiesweg wegrutschte und mich mit zu Boden riß. Dank meiner Aufpäppelung in Boltenhagen ist er mitsamt seinem Fahrrad zumindest auf ein bißchen Polsterung gefallen. Dafür saß ich dann später eine halbe Stunde lang da und habe mir mit der Pinzette die Kiessteinchen aus der Kniewunde gelesen. Naja, heute geht es wieder und das alles ist ja nicht wirklich schlimm, nur eben nervig.

... vor allem, weil ich morgen so gerne wieder an dem Yoga-Kurs teilnehmen möchte. Die Übungen und die ganze Atmosphäre dort haben mir gleich vom ersten Mal an sehr gut getan. Mit einer so prompten Reaktion hatte ich gar nicht gerechnet. Ich habe hinterher ein erstaunlich beschwingtes, befreites Gefühl und das tut gut!

So, jetzt bin ich aber bettreif, auch wenn ich Euch gerne noch allen ein paar persönliche Zeilen schreiben würde ... nur noch eines: auf dem neuen Bild seht Ihr meinen neuen Ostsee-Filzhut und unter der Krempe meine längste Haarsträhne

Seid alle miteinander herzlich gegrüßt von
Eurer Linnea
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Einen Menschen zu lieben heißt:
Ihn zu sehen wie Gott ihn gemeint hat.
Liebe ist das Geheimnis der Brotvermehrung.
- Christine Busta -
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