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Alt 30.08.2008, 09:49
Mirijam Mirijam ist offline
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Standard AW: Diffuses großzelliges B-Zell Lymphom

Hallo Norbert,

herzlich willkommen erstmal hier bei uns. Ich will mal versuchen auf einige deiner Fragen zu antworten.
Wie ich deinen Angaben entnehme, hat deine Tante ein Lymphom Stadium I und Grad 1. Das Stadium drückt aus, wie weit sich der Krebs schon ausgebreitet hat. Offensichtlich hat deine Tante "nur" diesen einen Tumor und es gibt keine weiteren im Körper. Der Grad hat nichts mit dem Alter zu tun, sondern mit der Malignität, also der Bösartigkeit. Grad 1 bedeutet, dass das Lymphom deiner Tante nur niedrigmaligne ist, also sehr langsam wächst, was ja auch mit deiner Angabe übereinstimmt, das deine Tante die Beschwerden schon jahrelang hat. Gleichzeitig bedeutet es aber auch, dass die Heilungschancen schlechter sind, weil die Chemotherapie schnellwachsende Tumoren besser angreifen kann. Was jetzt aber nicht heißt, dass deine Tante schnell sterben muss, vielmehr ist es gerade bei älteren Leuten so, dass das Lymphom nach einer Theraphie irgendwann wieder anfängt zu wachsen. Solange es keine Beschwerden verursacht lässt man es einfach so, ohne Theraphie. Man nennt das "watch and wait", d.h. es wird per Ultraschall in regelmäßigen Abständen das Tumorwachstum kontrolliert und nur eine Chemotheraphie angefangen, wenn das Lymphom wichtige Strukturen wie Blutgefäße oder Nerven etc, abzuquetschen droht, wie es offensichtlich bei deiner Tante jetzt geschehen ist. Je nachdem wie schnell das Lymphom wächst kann es aber Jahre dauern, bis eine Theraphie notwendig ist.

Es stimmt, dass Lymphome eine Systemerkrankung sind. Zu Tumorwachstum an einzelnen Stellen kann es folgender maßen kommen: Das Lymphgefäßsystem zieht sich ähnlich wie die Blutgefäße durch den ganzen Körper. In den Lymphgefäßen sind Lymphknoten als "Filterstationen" eingebaut, d.h. die Lymphflüssigkeit fließt durch die Lymphknoten durch und wird dort "gereinigt". Entarten jetzt bestimmte Zellen des Lymphsystems (und eine entartetet Zelle reiht ja schon), dann kann es sein, dass sie in dem engen Filterwerk eines Lymphknotens hängenbleibt. Typisch für Krebszellen ist, dass das eigene Immunsystem sie nicht mehr als solche erkennt und die entarteten Zellen nicht eliminiert. So kann eine einzige Krebszelle ausreichen, um sich in einem Lymphknoten festzusetzen und dort zu wachsen bzw. sich zu vermehren. Der betreffende Lymphkoten wird so immer größer und kann im Laufe der Zeit beträchtliche Ausmaße annehmen. Bei deiner Tante ist dies offenbar in einem Lymphknoten entlang der Wirbelsäule geschehen. ich glaube nicht, dass es ein plötzliches Tumorwachstum bei deiner Tante gegeben hat, vielmehr wird es so sein, dass der Lymphknoten stetig gewachsen ist und irgendwann einen bzw. mehrere Nerven so sehr eingeengt hat, dass es zu der Blockade kam.

Was die Krankenhausproblematik angeht, rät man im allgemeinen dazu, nicht in irgendein kleines Krankenhaus zu gehen, weil die einfach zu wenig Erfahrungen mit Lymphomen haben. Bei deine Tante gab es nicht viel Handlungsspielraum, es musste eine Chemo bei ihr begonnen werden, da das Lymphom ja schon auf den Nerv gedrückt hat. Insofern hätte man woanders sicher auch R-CHOP gegeben. Und das KH Salzburg ist ja wahrscheinlich auch kein super-mini KH, ich denke mal, die werden schon wissen was sie tun.

Zu deiner Frage bezüglich des Medikaments kann ich leider nichts sagen, da ich es nicht kenne.

Ganz liebe Grüße, auch an deine Tante! Ich hoffe, dass es mit ihren Beinen wieder besser wird. Kleiner Tipp: Sie soll die Beine so oft und so lange bewegen wie sie kann und sie nicht schonen! So steht die Chance besser, dass sie ihre Beine bald wieder benutzen kann.

Mirijam
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follikuläres NHL, Grad 1, Stadium 4, seit März 2008
Therapie: April/Mai 08 - Chemo abgelehnt, stattdessen Rituximab Monotherapie
Ergebnis: Rückgang der LK um 30-50%,
Jetzt "watch and wait"
Nachuntersuchung Aug.08: nur noch wenige LK zu sehen, weiter "watch and wait"

aktueller Stand 2019: keine vergrößerten LK zu finden

Geändert von Mirijam (31.08.2008 um 01:00 Uhr)
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