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Alt 17.09.2003, 21:04
Gast
 
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Standard Du fehlst mir so sehr............

Hallo Ihr Lieben von dieser "Seite",
es ist schön, dass Ihr gemeinschaftlich versucht, durch den großen Kummer zu kommen.

Ich verliere derzeit völlig den Boden unter den Füßen, weiß nicht so recht, wie ich aus diesem Tief wieder rauskommen soll.

Aber ich erzähle erstmal kurz meine Geschichte:
Vor ca. 2 Jahren wurde bei meinem Vater Rippen- und Lungenfellkrebs festgestellt. Eine Ärzte-Katastrophe jagte die nächste, Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen gab es wohl noch und nöcher. Aber ich habe inzwischen hier im KK gelernt, dass dies fast jedem so geht und ging. (Auch mir sind Ärzte in Norddeutschland inzwischen ein greul. Hätten wir damals von Heidelberg gewusst, hätte ich meinen Dad eigenhändig dorthin gefahren) NAch kurzer Zeit wußten wir eigentlich, dass der Kampf fast aussichtslos ist, geheilt wurde bisher in Deutschland noch niemand. Mein Dad hat aber an einer Chemo-Studie teilgenommen, erst gab es Erfolge, der Tumor schrumpfte aber dann ging es ihm zusehends immer schlechter. Aber aufgeben wollten wir natürlich nicht, waren immer voller Hoffnung. Wir waren die letzten 4,5 Stunden seines Lebens bei ihm, es waren die schlimmsten meines Lebens. Ich habe gesehen, wie er langsam und qualvoll erstickt ist. Pfleger und Ärzte waren zum Teil überfordert, haben nicht bemerkt, dass der Zugang dicht war und stundenlang kein Morphium zu ihm durchdrang. Ich bereue so sehr, dass wir ihm nicht lebewohl gesagt haben, wir haben einfach nur stumm seine Hand gehalten. Mit Wir meine ich meine Mutter, meine Schwester und ich. Das ist jetzt 5,5 Monate her.
Vor 8 Monaten bekam meine Schwester (35, eine Tochter von 2 Jahren) die Diagnose Magenkrebs. Magen, Milz etc. wurden entfernt. Erst hieß es, alles o.k. Im März diesen Jahres wurde ein Tumor im Eierstock entdeckt. Erst hieß es: gutartig. Nach der OP sagte man dann: ups, doch bösartig. Manche Ärzte sind einfach unvermögend. Ich weiß nicht. Seit April bekommt sie jede Woche Chemo. Sie ist auf 37 Kilo abgemagert, isst kaum noch, ist aber die tapferste und taffeste Frau die ich kenne. Wir versuchen, abwechselnd bei ihr zu sein, ihr mit Haushalt und Kind zu helfen. Ich hatte die letzten 4 Monate einmal die Woche unbezahlten Urlaub, um ihr zu helfen. Nun arbeite ich erstmal wieder voll, die Geduld eines jeden Chefs ist irgendwann auch mal zu Ende.

Oh je, hab ich diesen Roman geschrieben?? Sorry, aber es sprudelt halt so raus.

Erst bin ich recht tapfer,natürlich mit viel weinen und Trauer, aber eben mit Kraft durchs Leben gegangen. Nun ist der Tod meines Dads 5,5 Monate her und ich kann einfach nicht mehr.
Ich leide unter depressiven Verstimmungen, mein Leben ist so sinnlos, keine Freude mehr, keine Kraft. Im Job ist auch alles recht nervig. Mit einer Kollegin gibt es STreß, wir haben derzeit wenig zu tun.... Jedenfalls nichts, was einen ablenken könnte.
Ich habe den wundervollsten Mann an meiner Seite, der alles erdenkliche versucht, mich da raus zu holen.
Aber ich falle immer wieder tief. Seit ca. 4 Wochen geht das nun so. Körperlich fühle ich mich ständig schlapp, lustlos, habe einen viel zu hohen Blutdruck. Bin am Ende.

Es beruhigt mich so, dass Ihr genau diese Gefühle und Leiden kennt.

Ich würde zur Zeit sonst was drum geben, mit meiner Schwester zu tauschen. Sie soll Leben, sie soll ihre Tochter aufwachsen sehen. Sie hat es mehr als verdient. Soll dieser sch.... Krebs sich doch mir in den Weg stellen. Aber BITTE lass endlich meine Schwester in Ruhe.
Es ist so verrückt, so vertrackt, so völlig irrsinnig: ich habe keine Lust mehr am Leben, mir wärs echt egal, wenn ein Lkw kommt und mich platt macht - und auf der anderen Seite kämpft meine Schwester um's überleben.
Ich schäme mich meiner Gedanken, meiner Hilflosigkeit.

Ich vermag nicht zu wissen, wie es jemandem geht, der seinen Partner verliert. Dass Ihr überhaupt noch aufrecht stehen könnt, grenzt für mich an ein Wunder. Doch ich weiß, wie es schmerzt, wenn man einen lieben Menschen verliert und zusehen muss, wie dieser langsam stirbt.

Danke, dass ich Euch meine Geschichte erzählen durfte.

Eure Sonja (sunniee)
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