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Alt 21.07.2008, 15:12
Gänschen Gänschen ist offline
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Standard AW: Plattenepithel, Hoffnung trotz palliativ?

Lieber Tom,

sehr schöner Beitrag !!

Liebe Inter,

bis jetzt haben sich ja ausschließlich Angehörige zu Deinem Beitrag geäußert. Jetzt möchte ich mich mal als erste direkt Betroffene melden:

Ich kann Deine Verbitterung sehr, sehr gut nachvollziehen. Als ich vor nun fast zwei Jahren die Diagnose NSCLC Stadium IV, inoperabel, bekam, war das für mich auch der schwärzeste Tage meines bisherigen Lebens und ich habe Wochen damit verbracht, beinahe stündlich über die mir mit der Diagnose geraubte Zukunft zu weinen. Ich habe nicht verstanden, dass die Erde sich weiterdreht und dass es Menschen gibt, die lachen und Pläne schmieden. Es gab nun zwei Welten für mich: meine eigene hoffnungs- und zukunftslose und die Welt, auf der alle Anderen schweben.
Es hat ungefähr ein Jahr gedauert bis ich realisiert habe, dass das dauernde verzweifelt sein den quantitativ wahrscheinlich eher kümmerlichen Rest meines Lebens nachhaltig vergiftet und jeder Tag, um den die Ärzte und ich erfolgreich kämpfen, genossen werden will.
Vielleicht habe ich auch einfach keine Tränen mehr -
Seitdem bin ich jedenfalls (meistens) dankbar für alles große und kleine Schöne und ganz besonders auch für die Banalitäten des Lebens, die ja auch ein Stück gefühlter Normalität bedeuten.

Die besondere Mischung der Teilnehmer im Lungenkrebs-Forum ist allerdings auch für mich nicht an jedem Tag der gerade in mir herrschenden Stimmung förderlich und ich gehe von daher schon bei der Entscheidung zum Einloggen sehr nach Tagesform vor.
Hier im Forum kann man aber prima selektiv lesen und weiterklicken, wenn man etwas für unwichtig oder für zu runterziehend hält. Ich glaube auch, dass es da in der Empfindung wirklich einen Unterschied zwischen Angehörigen und Betroffenen gibt.
Das demokratische Element einer solchen Einrichtung ist ja aber gerade, dass alle Beteiligten hier zu Wort kommen bzw. ein Ohr (naja, wohl eher ein Auge) finden.

Die Erfahrung einer unheilbaren Krankheit macht aus niemandem automatisch einen besseren oder schlechteren Menschen, als er vorher war. Also findest Du hier zwangsläufig auch einen repräsentativen Querschnitt unserer Gesellschaft – es gibt hier starke und schwache, mitfühlende und harte, toughe und sensible, strenge und milde, selbstgerechte und -zweifelnde, kluge, weniger kluge und alle möglichen anderen Ausprägungen.
Und wie im „richtigen Leben“ auch, entscheidest Du, mit wem Du kommunizieren möchtest. Übertragen auf dieses Forum bedeutet das, dass Du auch hier nicht um eine Selektion herum kommst und es Dir damit natürlich auch frei steht, einige Dich interessierende postings intensiver zu lesen, als andere und vielleicht auch darauf zu antworten. In einer dicken Zeitschrift liest ja auch niemand jeden Artikel von A bis Z mit der gleichen Aufmerksamkeit.

Aber auch die anderen, vermeintlich oberflächlicheren postings, oder solche die eine andere Meinung als Deine vertreten, sind manchmal erfrischend und helfen, an manchen trüben Tagen auf andere Gedanken zu kommen und sind an guten Tagen eine Bestätigung, dass es gut und richtig ist, sich auch mit den „profanen“ Dingen jenseits der Krankheit zu beschäftigen.

Tom hat es wunderbar auf den Punkt gebracht: „Mach nicht den Fehler und lass das Thema Krebs Dein Leben beherrschen“.

Da es Dich jetzt aber schon zum zweiten Mal trifft, kann ich gut verstehen, dass Du Dich mit einer gewissen inneren „Leichtigkeit“ im Augenblick eher schwer tust und ich hoffe sehr, dass Dir das Untersuchungsergebnis heute Nachmittag wieder ein klein wenig Aufschwung gibt, die Dinge wenigstens zaghaft optimistisch zu sehen. Da es Dir ja subjektiv gut geht (das hatte ich doch richtig verstanden, oder?), liegt so oder so noch eine ziemlich lange Strecke Leben vor Dir, die sorgsam mit (schönen!) Inhalten gefüllt werden will.

Alles Gute,
Gabi


P.S. Bei ersten Lesen Deines Beitrag habe ich mich herzlich über Deinen Mut zum Polarisieren amüsiert. Das muss ich jetzt einfach noch loswerden.
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